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AfD-Parteitag in Riesa: Höcke reißt die Fassade mit einem Vorschlaghammer ein


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AfD-Parteitag
Höckes Vorschlaghammer

  • Annika Leister
MeinungEin Kommentar von Annika Leister

Aktualisiert am 20.06.2022Lesedauer: 3 Min.
Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke: Er dominierte den Parteitag.Vergrößern des Bildes
Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke: Er dominierte den Parteitag. (Quelle: Matthias Rietschel/reuters)

Der AfD-Parteitag in Riesa wurde vorzeitig beendet – weil Höckes Lager drohte, an nur einem Abend die gesamte Fassade der AfD einzureißen.

Am Samstag noch wirkte alles wie eitel Sonnenschein auf dem AfD-Parteitag: Der neue Vorstand war gewählt, die Favoriten von Parteichef Tino Chrupalla hatten sich fast komplett durchgesetzt. Chrupalla strahlte, Co-Chefin Alice Weidel strahlte über das ganze Gesicht, Hände wurden geschüttelt, Schultern geklopft. Doch das war schon am Samstag Fassade – und der Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke riss diese Fassade bereits am Tag darauf mit einem Vorschlaghammer ein.

Der Vorschlaghammer bestand aus einer Resolution, die die Auflösung der Europäischen Union forderte. Schon das klingt irre, weil eine AfD dazu natürlich keinerlei Befugnis hat. Noch kruder aber waren die Formulierungen im Antrag, die unter anderem "Globalisten" ins Visier nahmen, die angeblich gegen Nationalstaaten arbeiten – und damit ins Reich der Verschwörungstheorien weisen.

Der Osten rebelliert, der Westen verzweifelt

Sogar bei der AfD springen da bei nicht wenigen die Alarmleuchten an. Alice Weidel, sonst eher zweckmäßig bereits seit Jahren gut gestellt mit Höcke, kritisierte "unspezifische, wulstige" Sätze. Das klingt nicht harsch – wer aber die Machtverhältnisse in der AfD kennt, der weiß: Weidel sagte dem Thüringer Lehrer Höcke hier recht deutlich: Das geht zu weit. Auch Tino Chrupalla versuchte zu intervenieren, appellierte eindringlich, den Antrag zur Überarbeitung an den Bundesvorstand zu überweisen.

Doch da wurden Weidel und Chrupalla, die ohnehin nur Vorsitzende durch Deals mit Höcke sind, von der Realität eingeholt, die sie selbst maßgeblich geschaffen haben: Die Delegierten hörten eben nicht auf, ließen sich auch von ihren Vorsitzenden nicht einfangen. Höckes Osten rebellierte – so sehr Delegierte aus dem Westen auch sinngemäß flehten: Wir haben im Herbst eine Wahl in Niedersachsen, im Westen. Wir werden untergehen, wenn ihr uns das jetzt reindrückt.

Eine Blamage für den neuen Vorstand

Ost gegen West, Höcke-Lager gegen vermeintlich Gemäßigtere – die Kraftprobe ging bei einem Dutzend Abstimmungen immer wieder fast genau 50/50 aus. Erst als Chrupalla sich Verstärkung holte, mit Landesvorsitzenden gemeinsam auf der Bühne beinahe um Einsicht flehte und versprach, dass er eine Lösung im Sinne der Gesamtpartei finde, da kippte die Mehrheit und zeigte sich bereit zur Überweisung an den Vorstand. Den Ausschlag gab dabei aber wohl weniger Chrupalla als die gemeinsame Intervention der Landeschefs.

Eine Blamage für den neu gewählten Vorstand, ein Fest für Björn Höcke. Zwar gewann er nicht auf ganzer Linie, noch stemmten sich die vermeintlich Gemäßigteren gegen ihn. Doch die Macht seines Lagers ist im Zweifel ebenso groß wie die der Vorsitzenden, das hat der Sonntag überdeutlich gezeigt. Und zwar: mindestens.

Höcke-Fans sind Gläubige

"Wenn Höcke das empfiehlt, dann stimmen wir dafür", sagte ein Delegierter aus Sachsen-Anhalt am Rande des Parteitags auf die Frage, ob man denn auch für einen Höcke-Antrag stimme, wenn man ihn inhaltlich eigentlich gar nicht unterstütze. Höckes Anhänger sind eben keine Politiker, keine auf das Gemeinwohl orientierten Menschen. Sie sind Gläubige, Fanatiker. Nicht umsonst spricht man in der Partei vom "Höcke-Kult" im Osten.

Und Höcke hatte für Sonntag weitere Vorschlaghammer vorbereitet, die eigentlich gleich nach der EU-Resolution folgen sollten. Am wahnwitzigsten war dabei eine Russland-Resolution, die als Nächstes behandelt worden wäre. Die Antragsteller fordern darin unter anderem eine von Deutschland initiierte Friedenskonferenz zwischen Russland und der Ukraine.

Der vorzeitige Abbruch des Parteitags folgte deswegen aus zwei Gründen: Weil die Parteispitze selbst im Notfall nicht auf eine Mehrheit vertrauen kann. Und weil der Vorstand wie die westlichen Delegierten wohl fürchteten, Höcke und sein Lager könnten an nur einem Abend gleich die gesamte Fassade der AfD einreißen.

Verwendete Quellen
  • Beobachtungen auf dem AfD-Parteitag in Riesa
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