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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Schlagabtausch bei Lanz "Unter der Gürtellinie" – Blogger veralbert FDP-General
Der frisch gebackene Generalsekretär der FDP, Bijan Djir-Sarai, sprach bei "Markus Lanz" über das Umfragetief und andere Herausforderungen der Liberalen. Seine Erklärungen ernteten an so mancher Stelle Widerspruch.
Seit der Bundestagswahl hat die FDP gleich drei Schlappen erlebt: Bei Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen büßten die Liberalen deutlich an Wählerstimmen ein und verpassten bei der Saarland-Wahl sogar den Einzug in den Landtag. Markus Lanz wollte am Donnerstagabend von FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai wissen, wie er die negative Entwicklung erkläre.
Gästeliste
- Bijan Djir-Sarai, FDP-Generalsekretär
- Ulrike Herrmann, "taz"-Redakteurin
- Sascha Lobo, Autor und Blogger
- Prof. Mojib Latif, Meteorologe
Über die Wahl in seinem Heimat-Bundesland NRW sagte Djir-Sarai, dass es seiner Partei mit Blick auf politische Entscheidungen nicht gelungen sei aufzuzeigen, "wo die Handschrift der FDP" war. Erfolge seien deswegen bei anderen Parteien verbucht worden. Auch verwies der Generalsekretär darauf, dass Christian Lindner nicht mehr als Spitzenkandidat in NRW angetreten sei.
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Gegenwind bei seiner Analyse bekam Djir-Sarai von "taz"-Redakteurin Ulrike Herrmann. Seine Erklärung "funktioniert nicht", stellte die fest. Viel eher habe das Umfragetief der FDP "strukturelle Ursachen".
Hermann: FDP hat "die Alten" als Wähler verloren
Konkret hätten die Liberalen Herrmann zufolge "die Alten" als Wähler verloren, weil sie in den inflationsbedingten Entlastungspaketen außen vor gelassen worden seien. Darüber hinaus werde die FDP nicht von Frauen, Senioren oder Beamten gewählt, sondern in erster Linie von jungen, gut verdienenden Männern. Auch die orientierten sich laut Herrmann jedoch zunehmend in Richtung Grüne und CDU um, so Herrmann.
Ihrer Analyse stimmte Djir-Sarai im Hinblick auf den Verlust älterer Wähler zu. Auch dass es beim Thema Frauen für seine Partei "einiges" zu tun gebe, gestand er offen ein. Deswegen habe er sich das Ziel gesetzt, in seiner Rolle als Generalsekretär Diversität voranzutreiben. Er gab an, für die nächste FDP-Bundestagsfraktion einen Frauenanteil von über 40 Prozent anzustreben. Derzeit liegt dieser bei 24 Prozent, wie Herrmann erklärte.
Lobo: Was ist eigentlich mit Strack-Zimmermann?
Eine Liberale, die in der Sendung immer wieder erwähnt wurde, ist die Vorsitzende des Bundestagsverteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Sie sei sowohl im Seniorenalter als auch eine Frau und hätte deswegen doch eigentlich einen "tollen Posten" in der Regierung bekommen können, erklärte Autor Sascha Lobo.
Aufgrund der Tatsache, dass ihre Aussagen zum Ukrainekrieg überdurchschnittlich kompetent seien, dringe Strack-Zimmermanns Meinung "nach außen" durch. Generell falle die FDP aber eher nicht durch positive Kommunikation auf, so Lobo weiter. Anders als Djir-Sarai war er der Meinung, dass die schlechten Landtagswahlergebnisse "auf Bundesebene hergestellt" wurden.
Doch nicht nur sinkende Umfragewerte bereiten der FDP derzeit Kopfzerbrechen. Jüngst warf der polnische Präsident Andrzej Duda der Bundesregierung "Wortbruch" hinsichtlich des Ringtauschs von Waffen für den Ukrainekrieg vor. "Wie kommt der Mann darauf?", wollte Lanz von Djir-Sarai wissen.
FDP-Generalsekretär erfuhr von Dudas Vorwurf aus der Presse
"Offensichtlich gab es hier eine Vereinbarung", so der Generalsekretär. Er habe von dem Vorfall "aus der Presse" erfahren. Bei Lanz sorgte diese Antwort für Irritation. "Sie sind schon noch in der FDP und Teil der Bundesregierung?", wollte er wissen. "Selbstverständlich", erklärte Djir-Sarai, aber es gebe im Verteidigungsministerium und im Kanzleramt ja auch "Persönlichkeiten, die nicht ein Parteibuch der FDP haben".
Der Bundestag habe einen Beschluss zu dem Thema schwere Waffen gefasst, so der FDP-Mann. "Anschließend geht man davon aus, dass die Prozesse dann stattfinden", so Djir-Sarai. Die Meldung über die ausstehenden Lieferungen an Polen sowie deren Unmut habe ihn deswegen überrascht.
In Polen gebe es offenkundig die Erwartung, für Waffenlieferungen an die Ukraine umgehend modernes Militärgerät aus Deutschland zu bekommen, wie Herrmann bei Lanz erklärte. Sie war auch der Meinung, dass es sich die FDP zunächst zur Aufgabe machen solle zu prüfen, ob tatsächlich ein "Wortbruch" vorliege, anstatt "sich auf Basis einseitig rezipierter Presseartikel in Fernsehsendungen zu setzen".
Djir-Sarai: "Ich wusste ja, dass der Abend hart wird"
Trotz aller Ernsthaftigkeit wurde es am Donnerstag zwischendurch auch humorvoll bei "Markus Lanz": Als es darum ging, dass die FDP oft eine regierungsinterne Oppositionsposition einnehme, verwies Lobo darauf, dass die CSU das, während ihrer Regierungszeit, auch getan habe.
"Ich wusste ja, dass der Abend hart wird, aber nicht, dass er so hart wird, dass man die FDP schon mit der CSU vergleicht", so Djir-Sarais Reaktion. Das sei "unter der Gürtellinie" gewesen, räumte Lobo prompt ein und fügte hinzu, für den Vergleich wolle er sich "ausdrücklich entschuldigen".
- "Markus Lanz" vom 26. Mai 2022