Wer ist Lisa Paus? Eine Scholz-Kritikerin soll das Familienministerium leiten
Eigentlich ist Lisa Paus Finanzexpertin, doch auch als Sozialpolitikerin hat sie schon Erfahrungen gesammelt. Jetzt soll die Grüne Familienministerin werden – mit Kanzler Scholz hat sie aber eine Vorgeschichte.
Bislang war Lisa Paus vor allem als Finanzexpertin bekannt, jetzt muss sich die 53-jährige Westfälin weiter in die Sozialpolitik einarbeiten. Nach dem Rücktritt der grünen Familienministerin Anne Spiegel soll die Parteilinke Paus das Ressort führen.
Sie habe einen "Riesenrespekt" vor der Aufgabe das Ministerium zu übernehmen. Sie freue sich aber darauf, wolle "anpacken" und neue Impulse setzen "mit all dem Einsatz, den ich bringen kann für die Familien in diesem Land", sagte die Grünen-Politikerin. Sie brenne für soziale Gerechtigkeit. Als weitere wichtige Aufgaben bezeichnete Paus neben der Kindergrundsicherung auch Maßnahmen für mehr Gleichstellung im Land, den Kampf gegen Gewalt und die Verbesserung der Lage von Alleinerziehenden.
Paus "überzeugte Kämpferin für soziale Gerechtigkeit"
Grünen-Chefin Ricarda Lang bezeichnete Paus am Donnerstagnachmittag als "überzeugte Kämpferin für soziale Gerechtigkeit". Silke Gebel, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, sagte t-online, Paus sei als Steuer- und Finanzexpertin eine klare Ansage, "dass sich strukturell etwas für Kinder, Jugendliche und Familien verbessern wird".
Wer aber ist Lisa Paus?
Die Tochter eines Maschinenfabrikanten ist seit 1995 bei den Grünen. Bis 2009 engagierte sich Paus an verschiedenen Stellen im Berliner Landesverband und im Abgeordnetenhaus, wo sie sich mit den Themen Wirtschaft, Finanzen, Wissenschaft und Europa beschäftigte. 2009 wurde Paus über Platz drei der Berliner Landesliste der Grünen erstmals in den Bundestag gewählt.
Diese Positionen vertritt Lisa Paus
Dort beschäftigte sich die Diplom-Volkswirtin mit den Themen Finanz- und Europapolitik. Nach ihrer Wiederwahl in den Bundestag 2017 wurde Paus finanzpolitische Sprecherin ihrer Fraktion und Obfrau im Finanzausschuss. Stellvertretend leitete sie die Bundestagsausschüsse für Haushalt sowie für Arbeit und Soziales. Bei der Bundestagswahl 2021 zog sie als Spitzenkandidatin der Berliner Grünen erneut in den Bundestag ein.
Paus politische Haltung lässt sich an ihren finanzpolitischen Positionen ableiten. So unterstützt sie die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, die 1997 abgeschafft wurde. Um Steuerbetrug zu erschweren, fordert Paus einen bundeseinheitlichen Steuervollzug, der sich bislang von Bundesland zu Bundesland unterscheidet. Außerdem setzt sich Paus für die Einführung eines internationalen Transparenzregisters und einer Finanztransaktionssteuer ein, um Steuervermeidung durch Großkonzerne und Börsenspekulation einzudämmen.
"So funktioniert das System Scholz"
Als Finanzexpertin hat Paus immer wieder Kritik am damaligen Finanzminister und jetzigen Bundeskanzler Olaf Scholz geübt. Dem SPD-Politiker wird vorgeworfen, im Cum-Ex-Skandal die Hamburger Bank Warburg vor einer Strafzahlung an das Finanzamt bewahrt zu haben. So schrieb Paus am 27. August 2021 – also wenige Wochen vor der Bundestagswahl – auf Twitter: "So funktioniert das System Scholz: Spuren verwischen und Nebelkerzen werfen. Statt vollständiger Transparenz werden wichtige Details verschwiegen oder nur das zugegeben, was sich öffentlich nicht mehr leugnen lässt."
Paus Kritik bezog sich auf Scholz' Gebaren im Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft. Darin berief sich Scholz auf Erinnerungslücken und vermied es so, Auskunft über seine Besprechungen mit Warburg-Chef Christian Olearius zu geben. Paus Tweet ist inzwischen gelöscht, doch ihre kritische Haltung zu Scholz geht auch aus diesem längeren Beitrag vom 10. September 2021 deutlich hervor:
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Kritik an Scholz übte Paus auch nach dessen Auftritt im Untersuchungsausschuss des Bundestags im Fall Wirecard sowie der nicht verwirklichten Finanztransaktionssteuer, die Scholz als Finanzminister angekündigt hatte:
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Paus gilt als kompetent und fleißig – aber ist noch wenig bekannt
Kompetent bei Zahlen, fleißig, das waren Stichworte, die auch aus anderen Parteien zu hören waren. Gerade bei Haushaltsberatungen fällt schnell auf, wenn sich Politiker nicht auskennen mit Details.
So bekannt wie andere Berliner Grünen-Bundespolitiker wie etwa Renate Künast war Paus bislang nicht. Innerhalb ihrer Partei war die leidenschaftliche und kompetente Politikerin aber stets anerkannt. 2017 wurde sie dann Berliner Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl – ebenso wie 2021, als sie in den Fraktionsvorstand gewählt wurde.
Paus kann sehr schnell reden und ist bei Themen, die ihr am Herzen liegen, manchmal schwer zu stoppen. Das räumt sie auch selbstkritisch ein. Ihr etwas sprödes Auftreten unterscheidet sie sicher von großen Sympathieträgern der Grünen wie Außenministerin Annalena Baerbock, Wirtschaftsminister Robert Habeck oder Kulturstaatsministerin Claudia Roth – die aber auch polarisieren.
Pro Ehegattensplitting und erweiterte Kita-Öffnungszeiten
Im sozialpolitischen Bereich fordert Paus die Erweiterung von Kita-Öffnungszeiten, den Ausbau des Tageselternsystems und die Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit, um sozial orientierte Bauträger zu fördern. Außerdem befürwortet Paus die Angleichung des Ehegattensplittings, das Eheleute mit sehr unterschiedlich hohen Einkommen bevorzugt und als Ausdruck eines überkommenen Geschlechterverhältnisses gilt.
Privat engagiert sich Paus im Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft, in der globalisierungskritischen Organisation Attac und bei der Berliner Tafel. Lisa Paus ist Mutter eines Sohnes. Ihr Lebenspartner starb 2013 an Krebs.
- Mit Material von dpa
- Neue Osnabrücker Zeitung: Grünen-Politikerin Lisa Paus gedenkt ihrem Vater: "Er war mir Orientierung"
- Tweet des CDU-Politikers Justus Schmitt
- Homepage des Bundestags: Lisa Paus