Parteitag Linksparteichefin: "Es gibt ja in diesem Land Geld wie Heu"
Linke-Vorsitzende Janine Wissler hat sich erneut für höhere Steuern für Vermögende und Unternehmen ausgesprochen. Besonders einen Konzern hat sie dabei im Blick.
Die Linke hat auf ihrem Parteitag bekräftigt, dass sie hohe Einkommen, Vermögen und Unternehmen steuerlich stärker belasten will. "Wir brauchen eine Umverteilung von oben nach unten", sagte die Spitzenkandidatin und Co-Vorsitzende der Partei, Janine Wissler, am Samstag dem Sender "phoenix" am Rande des zweitägigen Online-Treffens. Investitionen in Klimaschutz, Bildung, Infrastruktur und das Gesundheitssystem müsse jemand bezahlen. Dafür wolle die Linke die Vermögensteuer wieder einführen und hohe Einkommen und Unternehmen stärker besteuern. "Das halten wir für sozial gerecht."
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"Es gibt ja in diesem Land Geld wie Heu", sagte Wissler. In der Corona-Krise seien zwar viele ärmer, aber wenige auch sehr viel reicher geworden. So könne ein Konzern wie Amazon "ja mal vernünftig Steuern zahlen in Deutschland". Auch große Einzelhandelskonzerne machten große Gewinne.
Keine Schuldenbremse und Mindestrente
Bei ihrem zweitägigen Parteitag wollen die rund 580 Delegierten das Wahlprogramm der Linken beschließen. Vorgesehen sind darin unter anderem eine Mindestrente von 1.200 Euro, ein höherer Mindestlohn, mehr Geld für Pflegekräfte, eine Abschaffung der Schuldenbremse, langfristig kostenlose öffentliche Verkehrsmittel und eine Abgabe für Vermögen ab zwei Millionen Euro für die Bewältigung der Corona-Krise.
Die Co-Vorsitzende Wisslers, Susanne Hennig-Wellsow, warb dafür, geschlossen für einen Erfolg bei der Bundestagswahl zu kämpfen. Der Urnengang solle "darüber entscheiden, dass es den Menschen ab dem 27. September besser gehen wird", sagte sie am Samstag auf einem Online-Parteitag der Linken. Die Parteichefin warb dabei auch für einen Regierungswechsel nach der Bundestagswahl.
"Wir sind eins"
Wenn die Union wieder in die Regierung komme, bedeute dies, dass es weiter Sozialabbau gebe, sagte die Parteichefin. "Ohne uns werden es Millionen Menschen sein, die nicht von der Politik profitieren, sondern die nach wie vor in Armut leben müssen." Diese Menschen hätten auch keine Zeit, noch länger auf Verbesserungen zu warten. Die Partei müsse zugleich das "Dilemma" zwischen der "Dringlichkeit des Handelns in der Klimapolitik" und der Situation der Menschen lösen, die mit dem Auto zur Arbeit fahren.
Eindringlich ermahnte Hennig-Wellsow die Partei, die jüngsten Streitigkeiten zu beenden. "Es bringt niemandem 150 Euro mehr Hartz IV, wenn wir uns streiten." Die Linke müsse ausstrahlen: "Wir sind eins und es gibt keine zwei Parteien", fügte Hennig-Wellsow hinzu.
Hennig-Wellsow gab sich ungeachtet der derzeitigen Umfragen, die die Linke bei rund sieben Prozent sehen, kämpferisch. "Ich spüre natürlich auch, dass es eine gewisse Furcht gibt, dass wir das alles nicht schaffen", sagte die Parteichefin. "Aber ich kann euch eins versprechen: Wir gehen nicht zu Boden."
Diskussionen um Wagenknecht
"Wir sind jetzt in einer Situation, wo es auf uns ankommt", sagte Hennig-Wellsow weiter. "Warum sollten wir an dieser Stelle aufstecken?" Dafür gebe es keinen Grund. "Wir gemeinsam rocken das, wir schaffen das – und lasst uns in dieser Zeit zusammenwachsen."
Auseinandersetzungen hatte es zuletzt vor allem um die frühere Fraktionschefin Sahra Wagenknecht gegeben, die ihrer Partei vorwirft, sich nicht mehr intensiv genug um ihr angestammtes Wählerklientel zu kümmern. Es gibt einen Ausschlussantrag gegen sie, den die Parteispitze aber ablehnt.
Auf dem Parteitag entscheiden die Delegierten über das Programm zur Bundestagswahl. Der Entwurf des Vorstandes mit dem Titel "Zeit zu handeln. Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit" setzt den Schwerpunkt auf soziale Gerechtigkeit. Die Linke fordert unter anderem einen Mindestlohn von 13 Euro, eine Solidarische Mindestrente von 1.200 Euro sowie ein garantiertes Mindesteinkommen in gleicher Höhe.
Debatten werden auf den bis Sonntag andauernden Beratungen insbesondere zur Außenpolitik erwartet – etwa bei der Frage, wie hart das Nein zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr ausfallen soll.
- Nachrichtenagentur dpa und AFP