CDU gegen CSU in der Kanzlerfrage Markus Söder will nicht aufgeben
Die CDU-Spitze stimmt für Parteichef Armin Laschet als Kanzlerkandidat, die CSU für Markus Söder. Der will sich nicht wie angekündigt zurückziehen. Er fordert Laschet weiter heraus.
Der Machtkampf um die Kanzlerkandidatur der Union geht in die Verlängerung. CSU-Chef Markus Söder ist nicht bereit, auf die Unions-Kanzlerkandidatur zu verzichten. Nach dem breiten Votum der CDU-Spitzen für Parteichef Armin Laschet stellte sich das CSU-Präsidium am Nachmittag hinter den bayerischen Ministerpräsidenten Söder. Dieser betonte, dass es nicht ausreiche, wenn sich Parteigremien für einen Kandidaten aussprechen. Man müsse "breiter in die Partei hineinhorchen". Er kündigte an, am Dienstag in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auftreten zu wollen.
Zuvor hatte Laschet darauf mit dem Hinweis verzichtet, weil sich die Fraktion vor allem mit der Corona-Krise und dem Infektionsschutzgesetz beschäftigen müsse. Söder setzt darauf, dass Teile der CDU/CSU-Fraktion sich eher hinter seine Kandidatur als hinter Laschet stellen.
Unentschieden nach Spitzen-Sitzungen der Schwesterparteien
Die Führungsgremien von CDU und CSU hatten ihren Parteivorsitzenden Armin Laschet und Markus Söder am Montag jeweils vollen Rückhalt gegeben. "Es gibt eine breite Unterstützung für Armin Laschet als Kanzlerkandidaten von CDU und CSU", sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak am Montag nach Beratungen von Präsidium und Bundesvorstand. "Das Meinungsbild im Präsidium als auch im Bundesvorstand ist eindeutig."
Später berichtete CSU-Generalsekretär Markus Blume, das CSU-Präsidium habe Söder "einstimmig Rückendeckung gegeben". Blume betonte wie Söder zugleich: "Heute ist nicht der Tag der Entscheidung, sondern der Beginn der Beratung – nicht endlos, das ist ganz klar, aber ergebnisoffen."
Söder sagte: "Die Woche werden wir noch Zeit brauchen." Laschet betonte dagegen: "Eines war heute in unseren Gremien erkennbar: Alle wollen eine schnelle Entscheidung. Alle Fakten liegen auf dem Tisch."
Laschet versicherte: "Das war heute keine Vorentscheidung, es war ein Meinungsbild der CDU mit ihren 15 Landesverbänden", betonte er. Dieses werde man nun der CSU vortragen. Eine Entscheidung über die Frage der Kanzlerkandidatur müsse nicht schon an diesem Montag getroffen werden. "Es sollte nur recht bald sein."
Söder: "Können uns nicht abkoppeln von der Mehrheit im Land"
In der Bundestagsfraktion der Union gibt es eine inzwischen 65 CDU-Abgeordnete starke Gruppe, die ein Mitspracherecht bei der Entscheidung über die Kanzlerkandidatur verlangt. "Als Mitglieder einer selbstbewussten CDU/CSU-Bundestagsfraktion erwarten wir, dass, bevor eine Festlegung dieser Tragweite verkündet wird, in einer parteiübergreifenden Fraktionssitzung von CDU und CSU darüber diskutiert und im Zweifel auch dort entschieden wird", heißt es in einer Erklärung. Der CSU-Chef erklärte allerdings, er gehe nicht davon aus, dass es in der Fraktion eine Abstimmung geben werde.
Söder nannte die Zustimmung für Laschet in den CDU-Gremien ein "wichtiges Signal", das nicht ignoriert, sondern "eingeordnet und auch bewusst zur Kenntnis genommen" werde. Es gebe aber auch andere Signale aus der CDU. Der in den Umfragen weit vor Laschet liegende Söder betonte zugleich, man müsse bei der Entscheidung auch die "Chancen in der Bevölkerung" abwägen. "Wir können uns hier nicht abkoppeln von der Mehrheit der Menschen in unserem Land", so Söder.
Söder hatte seine Kandidatur am Sonntag bei einem gemeinsamen Auftritt mit Laschet vor der Spitze der Unionsfraktion von einer breiten Unterstützung durch die CDU abhängig gemacht. Der bayerische Ministerpräsident sagte zu, sich andernfalls einzuordnen und ohne Groll mit Laschet zusammenzuarbeiten.
Söder weist Vorwurf des Wortbruchs von sich
Söder wies in der Pressekonferenz mehrfach den Vorwurf zurück, dass er wortbrüchig geworden sei. Der CSU-Chef hatte am Sonntag noch gesagt, dass er seine Kandidatur "ohne Groll" zurückziehen werde, wenn die CDU ihn nicht rufe. Es gebe eine Menge Rückmeldungen aus CDU-Landesverbänden, unterstrich Söder. Wenn man die Entscheidung "nur von oben" treffe, gebe es die Gefahr einer Spaltung der Union, warnte der CSU-Chef. "Parteien können in dieser Zeit nicht einfach von oben geführt werden." Man müsse nun andere Stimmen hören als nur die Führungsriege einer Partei.
CDU-Generalsekretär Ziemiak betonte, bei der Kanzlerkandidatur gehe es um die Fähigkeit zu führen, zusammenzuführen und auch ein Team anzuführen. Es gehe um die Modernisierung des Landes und um die Integrationskraft für die gesamte Gesellschaft. "All dies verkörpert nach einhelliger Auffassung der Wortmeldungen, die wir heute erlebt haben, am besten Armin Laschet." Es habe in Präsidium und Vorstand eine breite Aussprache mit mehr als 40 Wortmeldungen gegeben, aber keine Abstimmung.
Klöckner pocht auf zeitnahe Entscheidung
Julia Klöckner, Vize-Bundesvorsitzende der CDU, pochte schon vor Beginn der Präsidiumssitzung auf eine zeitnahe Einigung. "Wir müssen jetzt entscheiden", sagte sie. Für alles andere gebe es weder bei den Mitgliedern noch bei der Bevölkerung Verständnis. "Wir sind in Zeiten, die sehr unsicher sind. Da hätte man gerne Klarheit. Und dafür werden wir auch sorgen."
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Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck machte deutlich, dass auch seine Partei daran ein Interesse hat. "Wir brauchen eine handlungsfähige konservative Partei in Deutschland", sagte er in Berlin. "Deshalb haben wir kein Interesse am Versinken der Union in ihren eigenen Querelen."
Der Parlamentsgeschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, kritisierte Söders Agieren auf Twitter: "Wenn es Söder nützt, wird er vermutlich auch noch den Hashtag #NieMehrCDU verwenden", schrieb er.
SPD-Generalsekretär: "egoistische" Raufereien
Als "egoistisch" bezeichnete SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil das Ringen der Union um die Kanzlerkandidatur. "Während ihrer öffentlichen Raufereien um die Kanzlerkandidatur gerät für Laschet und Söder die Pandemiebekämpfung völlig in den Hintergrund", sagte er der "Augsburger Allgemeinen". "Der offene Machtkampf lähmt CDU und CSU." Das Verhalten werde Deutschland in der schwierigen Lage nicht gerecht.
Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, nannte das "Theater" um die Personalpolitik "unwürdig". Er sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): "Die Pandemiepolitik darf nicht länger Spielball der Machtpolitik von CDU und CSU sein." Auch FDP-Generalsekretär Volker Wissing rief die Union beim RND dazu auf, ihre personellen Fragen schnellstmöglich zu klären "und sich endlich auf die Bekämpfung der Corona-Pandemie zu konzentrieren".
- Nachrichtenagentur dpa