Nach Kritik an neuem Buch Wagenknecht wittert Manöver gegen sich
Wegen ihres neuen Buches steht Sahra Wagenknecht in der eigenen Partei unter Beschuss. Das könnte sie jetzt die erneute Kandidatur für den Bundestag kosten, denn: einige fordern ihren Verzicht.
Vorzeitig veröffentlichte Passagen aus dem neuen Buch der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht haben bei Teilen der Partei für Empörung gesorgt. Wie der "Spiegel" am Freitag mit Berufung auf Mitglieder des Parteivorstands berichtete, forderten mehrere Linken-Politiker Wagenknecht zum Verzicht auf ihre Bundestagskandidatur auf. Die ehemalige Vorsitzende der Linken-Bundestagsfraktion wies die Kritik deutlich zurück.
Wagenknecht tritt an diesem Wochenende in Nordrhein-Westfalen als Spitzenkandidatin auf Platz eins der Landesliste an, um bei der Wahl am 26. September in den Bundestag gewählt zu werden.
Parteikollege Movassat: Buch sei Generalabrechnung mit der Partei
Dem "Spiegel"-Bericht zufolge werten mehrere Mitglieder des Parteivorstands, darunter auch der Linken-Bundestagsabgeordnete Niema Movassat, das Buch mit dem Titel "Die Selbstgerechten" als eine Art Generalabrechnung mit der eigenen Partei.
Movassat hatte am Mittwoch mehrere Passagen aus dem Buch, das erst am kommenden Mittwoch offiziell erscheinen soll, auf Twitter veröffentlicht. Er warf Wagenknecht in einem der Tweets unter anderem Rassismus vor und bezog sich dabei auf folgende Buch-Passage, die er auf Twitter wiedergab: "Die Identitätspolitik läuft darauf hinaus, das Augenmerk auf immer kleinere und immer skurrilere Minderheiten zu richten, die ihre Identität jeweils in irgendeiner Marotte finden, durch die sie sich von der Mehrheitsgesellschaft unterscheiden und aus der sie Anspruch ableiten, ein Opfer zu sein." Die Originalpassagen aus dem Buch liegen der Deutschen Presse-Agentur vor.
König: Wagenknecht verunglimpft Bewegungen wie Fridays for Future
Es folgte Kritik von mehreren Linken-Politikern, auch aus dem Bundesvorstand. Wagenknecht verunglimpfe Bewegungen wie Unteilbar, Black Lives Matter oder Fridays for Future als "selbstgerecht", warf ihr etwa der bayerische Linken-Politiker Johannes König im "Spiegel" vor und bilanzierte, dass sie "keine Spitzenkandidatin eines großen Landesverbands sein" sollte.
Auch Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler kritisierte Wagenknecht: Es sei nicht zielführend, "Menschen, die sich gemeinsam mit uns für eine bessere Gesellschaft einsetzen, Vorwürfe zu machen und sie so vor den Kopf zu stoßen", sagte er.
Wagenknecht spricht von "gezieltem Manöver" gegen ihre Kandidatur
Wagenknecht wehrte sich am Freitag gegen die Kritik an ihrem Buch. Die vorzeitige Veröffentlichung einzelner Passagen wertete sie als gezieltes Manöver gegen die von ihr angestrebte Bundestagskandidatur. "Mit aus dem Zusammenhang gerissenen, teils verfälschten Zitaten ein völlig verzerrtes Bild vom Inhalt meines Buches zu vermitteln, um meine Wiederaufstellung zu verhindern, ist kein guter Umgang miteinander", teilte Wagenknecht am Freitag der Deutschen Presse-Agentur mit.
Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte Wagenknecht, sie halte diese Form der innerparteilichen Auseinandersetzung für "zutiefst unanständig". Gleichzeitig bekräftigte sie, dass sie, anders als es ihre Gegner fordern, am Wochenende als Kandidatin in NRW antreten wolle.
Bei der Aufstellungsversammlung des Landesverbandes der Linken in Essen hat Wagenknecht diesmal aber auch eine Gegenkandidatin. Die Kölner Verwaltungswirtin Angela Bankert kämpft ebenfalls um Platz 1 der Landesliste. Ihre Kandidatur galt in den vergangenen Wochen noch als kaum aussichtsreich. Die Entscheidung über die Bundestagskandidatur fällt an diesem Samstag auf einem Landesparteitag.
- Nachrichtenagentur dpa