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Einigung zwischen Ampel und Union: Weg für Bundeswehr-Milliarden ist frei


Einigung zwischen Ampel und Union
Weg für Bundeswehr-Milliarden ist frei

Von dpa, reuters, joh

Aktualisiert am 30.05.2022Lesedauer: 4 Min.
Soldaten des Seebataillons der Deutschen Marine: Die Bundeswehr wird mit 100 Milliarden aufgerüstet.Vergrößern des Bildes
Soldaten des Seebataillons der Deutschen Marine: Die Bundeswehr wird mit 100 Milliarden aufgerüstet. (Quelle: Jens Koehler/imago-images-bilder)

Deutschland will die Bundeswehr mit etlichen Milliarden aufrüsten. Über die Details haben Union und die Ampel mehrere Monate lang gerungen. Nun ist der Weg für enorme Rüstungsausgaben frei.

Die Union und die Koalition haben sich auf die gesetzlichen Grundlagen für das geplante Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr geeinigt. Damit gibt es eine Übereinkunft für Waffenbestellungen bei der Rüstungsindustrie in großem Stil.

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"Es wird unverzüglich und noch vor der parlamentarischen Sommerpause eine Initiative zur Beschleunigung der Beschaffung auf den Weg gebracht", teilten Vertreterinnen und Vertreter von SPD, Grünen, FDP, CDU und CSU nach mehr als dreistündigen Verhandlungen in einer gemeinsamen Erklärung am Sonntagabend mit.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte als Reaktion auf Russlands Einmarsch in die Ukraine am 27. Februar im Bundestag eine massive Aufrüstung angekündigt: Der Haushalt werde einmalig mit einem Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für Investitionen in Rüstungsvorhaben ausgestattet; Jahr für Jahr werde mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung investiert. Weil das Sondervermögen im Grundgesetz verankert werden soll, ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich. Deshalb ist die Koalition auf Stimmen der Opposition angewiesen.

Die Einigung:

In ihrer vom Finanzministerium verbreiteten Erklärung teilten die Politikerinnen und Politiker mit: "Wir stellen gemeinsam sicher, dass die Bundeswehr in den kommenden Jahren mit 100 Milliarden Euro zusätzlicher Investitionen gestärkt wird." Dabei werde das sogenannte Zwei-Prozent-Ziel der Nato "im mehrjährigen Durchschnitt" erreicht.

SPD-Chefin Saskia Esken hatte bereits in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" angekündigt: "Wir werden das Zwei-Prozent-Ziel nicht in jedem Jahr gleichermaßen erreichen." Wenn man heute Großgerät bestelle, bekomme man das erst in drei oder vier Jahren. "Möglicherweise sind die Summen in den ersten zwei Jahren nicht so hoch, und dann kommt ein Jahr, in dem sehr viel notwendig wird."

Verwendung des Geldes:

Dies war bis zuletzt wohl der Hauptstreitpunkt. Die Union wollte klargestellt wissen, dass das Sondervermögen ausschließlich für die Bundeswehr verwendet wird. Eine zunächst geplante Formulierung – "zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit" – war ihr zu unspezifisch. Vor allem die Grünen wollten, dass mit dem Geld auch Cyberabwehr sowie Unterstützung für Partnerstaaten finanziert werden.

Dafür soll nun nicht das Sondervermögen, sondern der Bundeshaushalt herangezogen werden. Die Regierung werde eine Strategie zur Stärkung der Sicherheit im Cyber- und Informationsraum vorlegen. "Notwendige Maßnahmen zur Cybersicherheit, Zivilschutz sowie zur Ertüchtigung und Stabilisierung von Partnern werden aus dem Bundeshaushalt finanziert", so die Verhandler um Finanzminister Christian Lindner (FDP).

Weitere Details der Einigung:

Mit dem geplanten Gesetz zur Errichtung des Sondervermögens soll auch ein Wirtschaftsplan mit den konkreten Beschaffungsvorhaben beschlossen werden, vereinbarten Union und Koalition weiter. "Seine Realisierung wird von einem beratenden Gremium des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages begleitet."

Für die Zukunft sieht die Vereinbarung Folgendes vor: "Nachdem das Sondervermögen in Anspruch genommen wurde, werden weiter die erforderlichen Mittel zur Erreichung der dann gültigen Nato-Fähigkeitsziele bereitgestellt." Nach der Inanspruchnahme beginne auch die Tilgung "innerhalb eines angemessenen Zeitraums".

Scholz' Begründung für die Aufrüstung:

Scholz hatte am Sonntag bei einem Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern in seinem Wahlkreis Potsdam gesagt, das Sondervermögen brauche es für eine starke Bundeswehr. "Es ist notwendig, damit niemand es wagt, uns oder unsere Verbündete anzugreifen", sagte er. "Wer einmal einen Vertrag gebrochen hat, kommt natürlich öfter mal auf die Idee, muss man befürchten", sagte Scholz mit Blick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine.

Zwei-Prozent-Ziel nicht ins Grundgesetz:

Im Vorfeld hatte es aus den Regierungsfraktionen geheißen, dass die Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels wohl nicht im Grundgesetz verankert werden solle, wie die Union dies erst vorgeschlagen hatte. Im Ergebnispapier blieb dieser Punkt offen. Problem: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist bei der Haushaltsfestsetzung noch gar nicht bekannt – man weiß also zu diesem Zeitpunkt nicht, ob das Ziel am Ende mit den Etatplänen eingehalten wird oder nicht. Das Statistische Bundesamt teilt das Ergebnis von Berechnungen zum BIP rund 15 Tage nach Ablauf eines Jahres mit.

Verhandlungen unter Zeitdruck:

Der verteidigungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Alexander Müller, hatte der dpa gesagt: "Das Sondervermögen muss vor der Sommerpause ins Grundgesetz, weil wir sonst viel Zeit verlieren." Bevor die Industrie neues Personal einstelle und Material und Vorprodukte bestelle, wolle sie die Sicherheit haben, dass die Gelder auch gesetzlich abgesichert seien. "Die nötigen Schiffe, Fahrzeuge und Schutzwesten liegen ja nicht im Schaufenster, sondern müssen neu produziert werden."

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte bei seiner Antwort auf die Frage, bis wann eine Einigung stehen müsse, auf die diese Woche geplante Verabschiedung des Haushalts verwiesen. "Da bietet es sich an, auch das Sondervermögen zu beschließen", sagte er der "Passauer Neuen Presse".

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sieht die Verständigung zwischen Regierung und Union auf eine Grundgesetzänderung als guten Kompromiss. "Wir haben jetzt ein Gesamtpaket geschnürt, wo wir schnell unsere Verpflichtung in der Nato erfüllen können", sagt die Grünen-Politikerin im Deutschlandfunk. "Wir müssen die Bundeswehr so fit machen, dass wir unsere östlichen Nato-Partner verteidigen können." Die Lücken seien "leider viel dramatischer", als man es zu Beginn des Ukraine-Krieges habe erahnen können. Baerbock zeigte sich zuversichtlich, dass die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit für die Grundgesetzänderung zur Ertüchtigung der Bundeswehr erreicht werde. Das sei in den Fraktionen so besprochen worden. Auch die von ihr geforderte Strategie zur Abwehr von Cyber-Attacken werde über das separate Errichtungsgesetz verankert.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen Reuters und dpa
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