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Christine Lambrecht über Bundeswehr: 200 von 350 Panzern nicht einsatzbereit


Debatte um Bundeswehr-Sondervermögen
Lambrecht: 200 von 350 Panzern nicht einsatzbereit

Von afp, dpa
27.04.2022Lesedauer: 4 Min.
Christine Lambrecht: Die SPD-Politikerin warb für die Pläne der Bundesregierung.Vergrößern des Bildes
Christine Lambrecht: Die SPD-Politikerin warb für die Pläne der Bundesregierung. (Quelle: Political-Moments/imago-images-bilder)
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Die Bundeswehr braucht dringend mehr Geld, betonte Verteidigungsministerin Lambrecht. Erreicht werden soll das durch eine Grundgesetzänderung. Doch eine nötige Einigung mit der Opposition scheint weit entfernt.

Der Bundestag hat sich erstmals mit den Regierungsplänen für das 100 Milliarden Euro schwere Sondervermögen zur Stärkung der Bundeswehr befasst. Die Unionsfraktion verlangte am Mittwoch Nachbesserungen, um der vorgesehenen Grundgesetzänderung zuzustimmen. Bundesverteidigungsminister Christian Lindner (FDP) erklärte, dass das Vorhaben durch die Aufnahme neuer Schulden finanziert werde.

Der russische Angriff auf die Ukraine habe die internationale Ordnung verändert, sagte Lindner. Die Frage der Bündnis- und Landesverteidigung spiele nun eine größere Rolle. "Man muss kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen. Und deshalb muss die Bundeswehr ertüchtigt werden."

Lambrecht schildert Mängel bei Bundeswehrausstattung

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte in der Debatte, die Gelder aus dem Sondervermögen würden "dringend" gebraucht. So habe die Bundeswehr zwar "auf dem Papier" 350 Schützenpanzer vom Typ Puma. Einsatzbereit seien aber nur 150. Und beim Kampfhubschrauber Tiger könnten von 51 Maschinen gerade einmal neun abheben.

Johann Wadephul (CDU), Fraktionsvize der Union, attestierte der Ampelkoalition eine Mitverantwortung für den schlechten Zustand der Bundeswehr. Es sei völlig klar, dass die Unionsfraktion und die CDU nach 16 Jahren an der Spitze der Regierung eine Verantwortung für den Zustand der Bundeswehr hätten, sagte der Verteidigungspolitiker. Mit Blick auf SPD, FDP und Grüne schob er aber hinterher: "Hier stehen so viele Glashäuser herum, da würde jeder Gärtnereibetrieb froh drüber sein."

Wadephul: Scholz hat Mittelerhöhung für Bundeswehr verhindert

Wadephul verwies auf die Einsparungen bei der Bundeswehr unter der schwarz-gelben Koalition von 2009 bis 2013. An die FDP gerichtet sagte er: "Gemeinsam haben wir am stärksten gekürzt bei der Bundeswehr." Die Grünen-Fraktion habe in der vergangenen Legislaturperiode wiederholt gesagt, sie könne das Ausgabenziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung niemals mittragen.

Auch die SPD und Kanzler Scholz kritisierte der stellvertretende Fraktionschef. Er habe mit der SPD in der vergangenen Legislaturperiode mehrfach bei Haushaltsberatungen darum gerungen, dass die Bundeswehr mehr Geld bekomme. Verhindert habe dies die SPD mit dem damaligen Finanzminister und heutigen Kanzler Olaf Scholz. Zudem habe sich die SPD-Fraktion gegen das Zwei-Prozent-Ziel gewandt.

Dobrindt: Sondervermögen braucht Plan zur Schuldentilgung

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betonte, bei dem Vorhaben habe die Koalition die Union grundsätzlich auf ihrer Seite. Lindner müsse aber einen Plan vorlegen, um die dafür nötigen Schulden wieder zu tilgen. "Schulden machen alleine ist noch keine solide Haushaltspolitik."

Darüber hinaus verlangte Dobrindt, dass die Ampel-Regierung neben dem Sonderfonds das Nato-Ziel umsetzt, jährlich mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. Dies habe Bundeskanzler Olaf Scholz bei seiner "Zeitenwende"-Rede nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine Ende Februar zugesagt. In den Budgetplänen Lindners finde sich davon aber nichts.

Merz: "Von einer Einigung noch weit entfernt"

Die Koalition will das Sondervermögen über eine Änderung des Grundgesetzes einrichten. Dafür ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag nötig. Deshalb sind SPD, Grüne und FDP auch auf Stimmen der Union angewiesen.

Unionsfraktionschef Friedrich Merz pocht jedoch auf ein Entgegenkommen der Regierung. "Wir wollen uns einigen, aber wir sind von einer Einigung noch weit entfernt", sagte Merz am Mittwochabend in einem vorab aufgezeichneten Interview des ZDF-"heute journals". "Uns das einfach vorzulegen, so wie das jetzt im Regierungsentwurf gemacht worden ist und wir gesagt bekommen, friss oder stirb, das ist keine Art der Zusammenarbeit. Und diese Zusammenarbeit wird es dann auch nicht geben", betonte der CDU-Vorsitzende und Oppositionsführer.

Die Unionsfraktion wolle der Bundeswehr das Geld nicht verweigern. "Aber wir wollen es so machen, dass es genau so ist, wie der Bundeskanzler das in seiner Regierungserklärung vom 27. Februar gesagt hat. 100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr, das ist möglich. Aber bitte dann auch dauerhaft mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts unseres Landes für die Verteidigung." Dies sei gegenwärtig in den Vorschlägen der Bundesregierung nicht abgebildet.

Lindner: Andere Finanzierung nicht möglich

Lindner sprach von einer "Kraftanstrengung" mit Blick auf das Sondervermögen. Dafür Steuern zu erhöhen, sei auch "angesichts der makroökonomischen Situation gefährlich", sagte der Finanzminister vor den Abgeordneten. Deshalb werde das Sondervermögen mit Krediten finanziert. "Aber in dieser Zeit, in dieser Lage ist es anders nicht möglich."

Die AfD unterstütze das Ziel, den Investitionsstau bei der Bundeswehr zu beenden, sagte ihr Abgeordneter Peter Boehringer. Die Partei sei aber gegen ein Sondervermögen. Denn dieses begründe einen "illegitimen Nebenhaushalt". Die Konstruktion diene der Regierung ausschließlich dazu, die Schuldenbremse zu umgehen.

Linke will "Irrsinn" nicht mitmachen

Das Sondervermögen werde weder den Krieg in der Ukraine beenden noch zu mehr Sicherheit in Deutschland führen, sagte die Linken-Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali in der Debatte. "Das einzige, wozu es führen wird, ist, dass die Aktienkurse der Rüstungskonzerne in die Höhe gehen, dass dort die Profite steigen." Diesen "Irrsinn" werde die Linke nicht mitmachen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) betonte, Deutschland müsse künftig im Baltikum und an der Ostflanke der Nato mehr tun. Dafür sei eine bessere Ausrüstung der Bundeswehr nötig. Bei den 100 Milliarden gehe es deshalb auch "um unsere zukünftige Verantwortung in Europa und in unserem gemeinsamen Bündnis".

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen AFP, dpa
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