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Debatte um Syrien-Krieg | Schadet sich Kramp-Karrenbauer mit ihrem Vorstoß selbst?


Debatte um Syrien-Krieg
Schadet sich Kramp-Karrenbauer mit ihrem Vorstoß selbst?

dpa, Von Carsten Hoffmann und Jörg Blank

22.10.2019Lesedauer: 4 Min.
Annegret Kramp-Karrenbauer: Die Verteidigungsministerin will jetzt im Syrienkrieg aktiv werden.Vergrößern des Bildes
Annegret Kramp-Karrenbauer: Die Verteidigungsministerin will jetzt im Syrienkrieg aktiv werden. (Quelle: getty-images-bilder)

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer will nach acht Jahren Bürgerkrieg in Syrien aktiv werden. Doch ihr Vorschlag, eine international kontrollierte Sicherheitszone im Land einzurichten, stößt auf heftige Kritik – auch beim Koalitionspartner.

Eine international kontrollierte Sicherheitszone im Norden Syriens – damit will Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer Bewegung in den Syrien-Krieg bringen. Der Vorstoß kann ein Befreiungsschlag für AKK als Kronprinzessin von Kanzlerin Angela Merkel werden.

Oder auch ein Rohrkrepierer, der die Ambitionen der umstrittenen CDU-Chefin weiter beschädigt. In der Union werden ihre schlechten Beliebtheitswerte in Meinungsumfragen weiterhin mit Besorgnis verzeichnet – immerhin geht es auch um AKKs Kanzlerkandidatur. Einen großen Wurf als Verteidigungsministerin kann sie da gut gebrauchen.

Bislang: Besorgnis und warnende Worte von deutscher Seite

Entscheidend dürfte am Ende das Ergebnis sein: Wird aus der Idee der Verteidigungsministerin praktische Politik, die die Region Nordsyrien befriedet? Oder muss die offenbar weitgehend im Alleingang vorgepreschte Verteidigungsministerin ihre Pläne am Ende kleinlaut einsammeln, weil sie auf internationaler Bühne keine Verbündeten findet und der Bundestag womöglich ein Mandat für einen weiteren Auslandseinsatz der ohnehin stark ausgelasteten Bundeswehr verweigert?

Ihre Forderung hat viele überrascht und einige vor den Kopf gestoßen. Denn Deutschland hat sich bisher in internationalen Krisenlagen meist fragen lassen und ist dann den Verbündeten militärisch gefolgt - oder nach langen Debatten auch nicht. Stets im Gepäck der deutschen Politik aber: Besorgnis und mahnende Worte.

SPD ist verärgert über Kramp-Karrenbauer-Vorstoß

Deutet sich mit dem AKK-Credo, man wolle nicht länger nur "Zaungast" in der internationalen Politik sein, ein grundlegender Schwenk in der deutschen Außen- und Verteidigungspolitik an?

Vor allem der ohnehin wackelnde Koalitionspartner SPD gibt sich am Dienstag pikiert. Dort stößt manchem auf, dass AKK in der dreieinhalbstündigen Sitzung des Koalitionsausschusses am Sonntagabend, als es ausführlich um die Lage in Syrien nach dem türkischen Einmarsch ging, keinen Ton über ihre weitreichenden Pläne verloren hat.

Außenminister Heiko Maas (SPD) dürfte nicht gerade amüsiert gewesen, als er von Kramp-Karrenbauer am Montag dann via SMS kurz angebunden erfahren hat, dass sie einen Syrien-Vorstoß plant.

Kanzlerin wurde von Verteidigungsministerin informiert

Tags darauf berichtet Maas, der Vorstoß der Ministerin sorge für Irritationen bei Bündnispartnern. "Die Fragen, die es dort gibt, sind zahlreich." Und die Info via Kurznachricht kommentiert er mit den Worten: "Von SMS-Diplomatie halte ich wenig. Daraus wird schnell eine SOS-Diplomatie."

Die Kanzlerin sei grundsätzlich eingeweiht gewesen, dass ihre Verteidigungsministerin an einem Plan für Syrien arbeitet, ist in Berlin zu hören. Doch über den konkreten Termin, an dem sie mit dem Vorschlag an die Öffentlichkeit gehen werde, informierte Kramp-Karrenbauer Merkel dann auch recht kurzfristig. Auf die Frage, ob der Vorstoß mit dem Kanzleramt abgestimmt sei, sagte Kramp-Karrenbauer der Deutschen Presse-Agentur am Montag: "Es ist zuerst einmal mein Vorschlag als Verteidigungsministerin und auch als Parteivorsitzende." Sie habe die Kanzlerin am Montag informiert.

"Ich kann es nicht mehr hören, dass wir besorgt sind"

So ganz aus heiterem Himmel kam die Initiative Kramp-Karrenbauers allerdings nicht. So hatte sie am Samstag auf dem CSU-Parteitag ihrer Unzufriedenheit über die außenpolitische Zurückhaltung Deutschlands Luft gemacht. "Wann haben wir als Deutschland, und wann haben wir auch als CDU und CSU zu diesen internationalen Fragen eigentlich das letzte Mal einen wirklich tragenden Vorschlag gemacht", rief sie den CSU-Delegierten zu. "Ich kann es nicht mehr hören, dass wir besorgt sind, dass wir mit großer Sorge schauen, dass wir hinschauen."

In der CSU wurden die Worte als Spitze gegen Maas gewertet - aber auch Merkel dürfte sich angesprochen gefühlt haben. Schließlich verantwortet sie als Kanzlerin schon in der vierten Legislaturperiode wesentlich auch die deutsche Außenpolitik mit. Nachdem es zuletzt immer mal geknirscht hat zwischen AKK und Merkel, ist nun spannend, wie sich die Kanzlerin zu dem Vorstoß positioniert.

Ende des Konflikts ist nicht abzusehen

Dabei dürfte Merkel den Plänen ihrer Verteidigungsministerin im Prinzip aufgeschlossen gegenüberstehen. Gerade seit US-Präsident Donald Trump auf gemeinsame internationale Krisenlösung pfeift, plädiert die Kanzlerin für mehr deutsche und europäische Verantwortung auf internationaler Bühne.

Der Bürgerkrieg in Syrien tobt seit mehr als acht Jahren. Hunderttausende Tote, Millionen sind auf der Flucht, Friedensbemühungen aber sind an internationaler Uneinigkeit gescheitert. Nun der Abzug von US-Soldaten und die Militäroffensive der Türkei gegen Kurden im Norden des Krisenstaats, die bisher Verbündete im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Stat (IS) waren. Ein Ende des Konflikts ist nicht abzusehen.


Einer der Knackpunkte am Vorstoß Kramp-Karrenbauers ist der mögliche Einsatz von Bundeswehrsoldaten im Rahmen einer solchen internationalen Mission. Dass die dafür gewonnenen Partner nach einer solchen Initiative auch ein wesentliches militärisches Engagement Deutschlands erwarten, ist klar. Kramp-Karrenbauer verweist dazu auf den Bundestag, der zu entscheiden hat. Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter hat im Inforadio des RBB eine Größenordnung genannt: 30 000 bis 40 000 Soldaten müsse ein Bündnis insgesamt in den Einsatz schicken.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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