"Rechtsweg ausgeschlossen" Kampfjet-Kauf: Geheime Klauseln für die USA

Details zum Kauf der amerikanischen F-35-Kampfjets sollen zeigen: Die USA behalten sich auch nach der Lieferung viele Rechte vor.
Der Kauf von amerikanischen F-35-Kampfjets für die Bundeswehr lässt neue Zweifel an deren Beschaffung aufkommen. Zuerst hatte es Bedenken gegeben, dass die USA per Fernauslöser ("kill switch") die Flugzeuge lahmlegen können. Doch jetzt kommen neue Details aus dem Vertrag zwischen der Bundesregierung und dem amerikanischen Verteidigungsministerium zutage, die noch weitere Einschränkungen offenbaren.
Die US-Jets werden eigentlich dringend gebraucht, die deutsche Luftwaffe benötigt Ersatz für ihre betagten Tornados. Diese sind in den 1970er-Jahren entwickelt worden. Auch die Eurofighter sind keine Kampfjets der neuesten Generation. Deshalb bestellte die damalige Verteidigungsministerin Christine Lambrecht 2022 die modernen amerikanischen Tarnkappenjets.
USA können Lieferung ohne Schadensersatz verweigern
Doch der Vertrag hat seine Tücken, wie jetzt der "Stern" berichtet. Dem Magazin liege das Vertragswerk vor, heißt es in einem Bericht. Eine der Klauseln: "Die US-Regierung behält sich das Recht vor, im Falle von ungewöhnlichen und zwingenden Umständen, wenn es das nationale Interesse der USA verlangt, zu jedem Zeitpunkt die Leistungserbringung ganz oder zum Teil zu kündigen oder auszusetzen." Im Krisenfall könnte US-Präsident Trump also die Auslieferung der Jets stoppen. Sie sollen eigentlich 2027 nach Deutschland kommen.
An den hochmodernen Flugzeugen darf vonseiten der Luftwaffe baulich nichts verändert werden, auch die Ersatzteile gibt es nur nach Genehmigung, wird aus dem Bericht zitiert. Schon vorher war bekannt geworden, dass für die F-35 II Lightning der Flugplatz im rheinland-pfälzischen Büchel erst einmal umgebaut werden muss.
Rechtsweg offenbar ausgeschlossen
Da der Kaufvertrag mit der US-Luftwaffe geschlossen wurde, gelten die Beschaffungsrichtlinien der amerikanischen Regierung. Und darin sind zum Beispiel keine Vertragsstrafen vorgesehen. Auch Gewährleistungen seien ausgeschlossen, schreibt der "Stern". Schwerwiegender noch: "Auch der Rechtsweg ist ausgeschlossen" wird aus dem Vertrag zitiert. Gibt es Probleme, müssen diese zwischen den Regierungen verhandelt werden, vor Gericht kann die Bundesregierung nicht gehen.
Und selbst wenn die Kampfflugzeuge endlich in den Händen deutscher Piloten sind, können die USA einen Start absagen. Der Foreign Assistance Act erlaubt den USA "eine Überwachung der Endverwendung" der F-35, und zwar "sämtlicher" Nutzung, wie es laut "Stern" im Vertrag heißt.
Pistorius soll über US-Waffen mit Stab beraten
Fraglich ist auch, was mit den Daten geschieht, die von den Bordcomputern gesammelt werden. Technisch sollen sie in der Cloud von Amazon hängen, damit hätten die USA theoretisch Zugriff. Laut "Stern" hat ein deutscher General Bedenken: "Was läuft da an Daten von US-Partnern durch?" Ein Abgeordneter sagte dem Magazin: "Die Frage ist auch unter geschätzten Nachbarn: Muss der Nachbar alles wissen?"
Offenbar ist man auch im Verteidigungsministerium besorgt. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) plant angesichts der Zweifel an der Verlässlichkeit von US-Präsident Donald Trump einem Bericht zufolge eine Krisenberatung zu US-Waffensystemen. Wie die "Süddeutsche Zeitung" am Donnerstag unter Berufung auf eigene Informationen berichtete, geht es dabei um Sicherheitsfragen rund um US-Waffensysteme, welche die Bundeswehr bereits benutzt oder bestellt hat. Demnach plant der Minister eine vertrauliche Runde mit Generälen, Ministeriumsexperten und Vertretern des Beschaffungsamts.
Kiesewetter stellt Kauf infrage
Vor dem Hintergrund der anhaltenden Debatte über die Tragfähigkeit der transatlantischen Beziehungen in der Zukunft stellt der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter den Erwerb von 35 US-Kampfjets vom Typ F-35 durch die Bundeswehr infrage. "Die F-35 ist ein System, das wesentlich von den USA kontrolliert wird", sagte er dem "Tagesspiegel" (Freitag) mit Blick auf Missionsplanungssystem, elektronisches Netzwerk und technischer Wartung: "Insofern haben die USA theoretisch den Hebel, die F-35 für uns und andere nutzlos zu machen." Deshalb sollte Deutschland aus seiner Sicht "bestehende Verträge mit den USA überprüfen". Mindestens sei es jedoch "absolut zwingend, sich bereits jetzt nach Alternativen umzusehen, um für den Fall vorbereitet zu sein, dass die USA die nukleare Teilhabe aufkündigen".
Angesichts der Zweifel an der Bündnistreue der Trump-Regierung fordern die deutschen Betriebsräte der Airbus-Rüstungssparte ein Ende deutscher Waffenkäufe in den USA. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Thomas Pretzl verlangte bei einer Betriebsversammlung in Manching auch eine Abbestellung der in den USA bereits bestellten F-35-Kampfjets.
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas und Verteidigungskommissar Andrius Kubilius haben vor US-Waffen gewarnt und machen Druck auch auf Deutschland, auch nach Alternativen zu suchen. Auch Kanada überlegt, die Reißleine zu ziehen und die Bestellung von F-35 abzusagen. Dabei hat man bereits für die ersten 16 Jets Geld überwiesen. Das hat auch Deutschland getan: 2,42 Milliarden Euro sind bereits in die USA geflossen.
- stern.de: "Neuer Bundeswehr-Kampfjet F-35: Warum die Verträge alarmierend sind" (kostenpflichtig)
- cbc.ca: "Blair defends F-35 fighter jet deal as Trump threatens trade retaliation" (englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa