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Pannen von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht: Frau Fettnapf


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Pannen von Verteidigungsministerin Lambrecht
Frau Fettnapf


Aktualisiert am 25.03.2022Lesedauer: 5 Min.
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht: Der Flecktarnparka kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie – hier beim Besuch der Panzerlehrbrigade 9 in Munster – noch nicht in ihre Rolle gefunden hat.Vergrößern des Bildes
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht: Der Flecktarnparka kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie – hier beim Besuch der Panzerlehrbrigade 9 in Munster – noch nicht in ihre Rolle gefunden hat. (Quelle: Imago Images/Sven Eckelkamp)
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Die Bundeswehr steht vor dem größten Umbau ihrer Geschichte, das Verteidigungsministerium ist wichtiger denn je. Doch die zuständige Ministerin Christine Lambrecht macht eher durch Patzer als Visionen auf sich aufmerksam.

Drei Tauglichkeitsgrade gibt es im Wehrpflichtgesetz: Wehrdienstfähig, vorübergehend nicht wehrdienstfähig, nicht wehrdienstfähig. Jeder und jede, die sich bei der Bundeswehr bewirbt, wird bei der Musterung darauf geprüft. Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht hat Glück, dass für die politische Führung keine Tauglichkeitsprüfung vorgesehen ist. Denn das Ergebnis fiele derzeit vermutlich nicht besonders schmeichelhaft aus.

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Seit ihrem Amtsantritt leistet sich die 56-jährige Juristin vergleichsweise viele Fauxpas. Der jüngste unterlief ihr am Rande des Treffens der EU-Verteidigungsminister und -ministerinnen am Montag in Brüssel. Bei einem Pressestatement kündigte Lambrecht an, sie werde den Kolleginnen und Kollegen anbieten, "dass das militärische Herzstück, die schnelle Eingreiftruppe, dann im Jahr 2025 für ein Jahr von Deutschland gestellt werden kann".

Ministerium muss korrigieren

Im heimischen Ministerium brach daraufhin Hektik aus. Denn die schnelle Eingreiftruppe, um die es geht, soll 5.000 Soldaten umfassen. Diese Aufgabe aber kann Deutschland gar nicht stemmen. Bereits angeboten hatte die Bundesregierung aber, einen Gefechtsverband in einer Größenordnung von 1.500 bis 2.000 Soldaten zur Verfügung zu stellen. Quasi als "Herzstück" dieser Eingreiftruppe. So hatte es Lambrecht vermutlich auch auf ihrem Sprechzettel stehen, den Mitarbeiter für solche Termine vorbereiten. Formuliert aber hat sie es anders.

Das Verteidigungsministerium versuchte den Patzer unauffällig zu korrigieren und twitterte, die Ministerin habe angeboten, "dass der Kern der schnellen Eingreiftruppe für 2025 die #Bundeswehr bereitstellen kann". Das klingt nicht nur grammatikalisch interessant, sondern auch anders als das, was die Ministerin gesagt hat.

Eine Serie von Vorfällen

Ein einzelner Versprecher wäre verzeihbar. Und ab und zu ein Fehler auch. Zumal das Verteidigungsministerium mit seinen etwa 2.500 Beamten und Beamtinnen und einer Zuständigkeit für über 260.000 Soldaten und Soldatinnen sowie Zivilbeschäftigten ein komplexer Riesenbetrieb ist. Alle, die dieses Amt vor Lambrecht innehatten, brauchten auch eine gewisse Zeit, um sich einzuarbeiten.

Doch im Fall von Lambrecht reiht sich der Brüsseler Lapsus in eine Serie von Vorfällen ein, die die Ministerin nicht im besten Licht erscheinen lassen:

  • Schon vor Amtsantritt ließ sie mehreren engen Mitarbeitern ihrer Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer, darunter dem langjährigen Staatssekretär Gerd Hoofe, mitteilen, sie hätten ihre Büros zügig zu räumen. Während andere bisherige Regierungsmitglieder wie Wirtschaftsminister Peter Altmaier und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel die Amtsübergabe freundschaftlich zelebrierten, blieb Kramp-Karrenbauer deshalb dem Empfang der Nachfolgerin mit militärischen Ehren demonstrativ fern. Eine untypische Geste für AKK. Ein Übergabegespräch zwischen den beiden Frauen sei "frostig" verlaufen, wird im Ministerium erzählt.
  • Im Dezember kündigte Lambrecht in einem Interview in der "Bild am Sonntag" an, Frauenkarrieren in der Bundeswehr fördern zu wollen. Sie hoffe, dass es eine erste Frau General außerhalb des Sanitätsdienstes "hoffentlich in meiner Amtszeit" geben werde. Das sorgte für Kopfschütteln in der Truppe. Denn das wäre in der Praxis aufgrund des langen Vorlaufs für die Beförderung zum General laufbahnrechtlich gar nicht möglich. Das aber schien Lambrecht nicht bewusst zu sein.
  • Die Leitungsebene ihres Hauses hat Lambrecht fast durchgängig mit Vertrauten besetzt, die wenig bis überschaubare Ahnung von Sicherheitspolitik mitbrachten. Zur beamteten Staatssekretärin machte sie Margaretha Sudhof, die sie zuvor schon in dieser Position ins Justizministerium geholt hatte. Die Juristin ist nun für nahezu alle Bereiche zuständig, mit Ausnahme der Rüstung. Hohe Militärs beschweren sich, nicht mehr zur Ministerin durchzudringen. Diese trete "kühl" und "distanziert" auf.
  • Zur festen Tradition bei der Bundeswehr gehört, dass neue Minister rund um das erste Weihnachtsfest im Amt den Ort des größten deutschen Truppeneinsatzes besuchen. Kramp-Karrenbauer flog Anfang Dezember 2019 nach Afghanistan, für Lambrecht war nach dem dortigen Truppenabzug eine Reise nach Mali geplant. Aber dann entschied sich die Ministerin anders, reiste lediglich für einige Stunden zum Bundeswehr-Kontingent in Litauen. Im Ministerium wird erzählt, sie habe nicht auf ihren Weihnachtsurlaub verzichten wollen und sich deshalb für die kürzere Reise entschieden.
  • Nachdem die ukrainische Regierung bei der Bundesregierung wochenlang vergeblich um Waffenlieferungen gebettelt hatte, kündigte Lambrecht Ende Januar an, 5.000 Helme an die Ukraine senden zu wollen. Auf Nachfrage von t-online stellte sich Mitte Februar heraus: Diese waren noch nicht ausgeliefert. Begründung aus dem Ministerium: Man warte noch auf ein Zeichen, wohin man sie liefern solle. Nach massiver Kritik wurden sie schließlich an die Grenze zur Ukraine transportiert und dort übergeben.

Selbst in der Truppe macht sich inzwischen der Eindruck breit, Lambrecht interessiere sich im Grunde nicht für ihre neue Aufgabe. Das mag auch an der Vorgeschichte liegen: Im November 2020 hatte Lambrecht, damals noch Justizministerin, ihren Rückzug aus der Politik angekündigt. In Interviews begründete sie den Schritt mit "persönlichen Gründen". Sie sei jetzt in einem Alter, wo man noch einmal etwas Neues beginnen könne, sagte sie angesichts der drohenden Niederlage der SPD bei der Bundestagswahl und dachte laut darüber nach, vielleicht wieder als Anwältin zu arbeiten, ihrem "Traumberuf".

Plötzlich wieder da

Dann gewann die SPD überraschend die Wahl und plötzlich war Lambrecht wieder da. Vergessen war der Traumberuf, Lambrecht wollte nun Innenministerin werden. Als das Ressort aber an die hessische SPD-Chefin Nancy Faeser ging (auch weil Lambrecht sich kaum im Wahlkampf eingebracht hatte), bekam die Beinahe-Aussteigerin als Trostpreis das Verteidigungsministerium.

Sie soll auch deshalb den Zuschlag erhalten haben, weil Bundeskanzler Olaf Scholz aufgrund des öffentlichen Drucks Karl Lauterbach zum Gesundheitsminister machen musste und wegen der Geschlechterparität noch dringend eine Frau für ein Ministeramt benötigte. Die Juristin Lambrecht mit mehrjähriger Ministeriumserfahrung schien für die Bundeswehr, die auch ein riesiger Verwaltungsapparat ist, am besten geeignet. Außerdem galt das Ressort seit jeher als Schleudersitz, auf dem eh niemand etwas gewinnen kann.

Nur ein Job in Warteposition?

Doch mehr noch als bei anderen Ministerien sind für die Führung des Verteidigungsministeriums viel Fachwissen und Strukturkenntnisse wichtig. Die brachten auch Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer nicht mit. Beide arbeiteten sich aber schnell und sehr zielstrebig ein. Lambrecht vermittelt im Haus hingegen das Gefühl, dass sie die Materie schlicht nicht interessiert.

Auf YouTube kann man ihre Ankündigung vom 14. März nachsehen, amerikanische F-35-Tarnkappenjets als Ersatz für die alten Tornados anzuschaffen. Bei diesem Projekt handelt es sich um eine der wichtigsten sicherheitspolitischen Entscheidungen für die nächsten 10 bis 20 Jahre. Lambrecht wirkt unsicher, liest ständig von ihrem Sprechzettel ab, verhaspelt sich bei Begriffen wie "nukleare Teilhabe".

Kein Applaus für Lambrecht

Auch im Bundeskanzleramt ist man sich inzwischen darüber im Klaren, dass Lambrecht nicht die glücklichste Wahl für das Verteidigungsamt war. Als Bundeskanzler Olaf Scholz bei seiner Regierungserklärung im Bundestag auch für die Bundeswehr eine "Zeitenwende" ankündigte und ausdrücklich der Ministerin dankte, gab es keinen Applaus im Plenum.

Im Ministerium wächst derweil die Sorge, dass angesichts der schwachen Führung die von Scholz angekündigten 100 Extra-Milliarden Euro für die Bundeswehr versickern könnten, ohne einen nachhaltigen Reformprozess einzuleiten. Dabei wäre dieser dringend notwendig.

Und noch ein Gerücht erzählt man sich auf den Fluren des Bendlerblocks, dem Sitz des Ministeriums im Berliner Bezirk Tiergarten: Das eher glücklose Agieren von Lambrecht erkläre sich auch damit, dass sie ohnehin nur auf ihren Wechsel ins Innenministerium warte. Denn Innenministerin Nancy Faeser wird als mögliche Spitzenkandidatin für die hessische Landtagswahl im Herbst 2023 gehandelt. Möglicherweise wäre das die beste Lösung – sowohl für Lambrecht als auch für die Bundeswehr. Allerdings eine, die sich noch hinziehen dürfte.

Verwendete Quellen
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