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Ampelkabinett: "Wird für Scholz mühsam sein, Laden zusammenzuhalten"


Presse zum Ampelkabinett
"Wird für Scholz mühsam sein, seinen Laden zusammenzuhalten"

Von dpa, lw

Aktualisiert am 07.12.2021Lesedauer: 4 Min.
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Faeser, Geywitz, Lauterbach: Die Verkündung der SPD brachte einige Überraschungen – für einen Politiker gab es besonders viel Applaus. (Quelle: reuters)
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Die Ampelregierung steht: Die Grünen haben dem Koalitionsvertrag zugestimmt, zugleich hat die SPD ihre Ministerinnen und Minister vorgestellt. Das sagt die Presse zum künftigen Kabinett.

Nach SPD und FDP haben die Grünen dem 177 Seiten starken Koalitionsvertrag ebenfalls zugestimmt. Auch alle Minister sind inzwischen benannt. Am Mittwoch soll Olaf Scholz (SPD) im Bundestag zum Kanzler gewählt und sein Kabinett vereidigt werden. Damit endet nach 16 Jahren die Ära von Angela Merkel (CDU). Wie beurteilt die deutsche Presse die Auswahl der Ministerinnen und Minister? Ein Überblick:

"Stuttgarter Zeitung": "Das Personaltableau kann sich sehen lassen. Die Sozialdemokraten schicken Politikerinnen und Politiker mit Expertise in die Regierung, denen ihre Ressorts zuzutrauen sind. Das gilt nicht nur für Karl Lauterbach als Gesundheitsminister, auf den in dieser Corona-Lage alle Augen gerichtet waren. Die erste Bundesinnenministerin tritt ihr Amt an. Vom Kanzler abgesehen, kommt die Außenpolitik ganz in Frauenhand, da Auswärtiges Amt, Verteidigungs- und Entwicklungsministerium Chefinnen erhalten. Das könnte jene versöhnen, die Scholz' Paritätsversprechen bei neun Männern und acht Frauen als gebrochen ansehen."

"Ludwigsburger Kreiszeitung": "Olaf Scholz ist ein Coup gelungen. Ob er sich langfristig auszahlt, wird sich weisen. Kurzfristig ist die Ernennung von Karl Lauterbach ein Bekanntheitsbooster für das Gesundheitsministerium. Der künftige Bundeskanzler hat es vermocht, gesetzte Namen und Überraschungen gleichermaßen in seiner Ministerriege zu präsentieren. Sein Kabinett ist ein Aufbruch in Unbekanntes. Mit allen Chancen – aber auch mit allen Risiken."

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"Mitteldeutsche Zeitung", Halle: "Der Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Opposition und Regierung wird auch bei Vize-Kanzler Robert Habeck und dem heimlichen Vize-Kanzler Christian Lindner hart aufschlagen. Beide sind glänzende Rhetoriker, machen in Talkshows eine gute Figur und verstehen es, beim politischen Gegner den Finger in die Wunde zu legen. Nun werden sie ihren vielen wohlklingenden Worten Taten folgen lassen müssen. Und sie werden wahrscheinlich auch viel Kritik einstecken müssen – worauf sie bisher beide eher dünnhäutig reagiert haben. Bislang sind die Protagonisten professionell und konstruktiv miteinander umgegangen. Dennoch wird es für Kanzler Scholz mühsam werden, seinen Laden zusammenzuhalten. Die Fliehkräfte zwischen FDP und Grünen wirken längst."

"Leipziger Volkszeitung": "Schaffen die das? Können die Krise und können die Zukunft? Scholz' Kabinett ist eine Wundertüte an Personalien, von denen die Mehrheit keine Regierungserfahrung hat. Nur drei von 16 Ministerinnen und Ministern haben auch vorher im Kanzleramt am Kabinettstisch gesessen, einige kommen von der Landesebene, andere direkt aus der Opposition. Eine solche Konstellation kann eine hohe Reformkraft entfalten – das ist eine große Chance. Die Frischzellenkur ist grundsätzlich nur zu begrüßen. Zumal der künftige Regierungschef Olaf Scholz selbst das Gegengewicht bildet, da er für Kontinuität, Weiter-So und gepflegtes Herumgemerkel steht."

"Südwest-Presse", Ulm: "Dass es bei der Vergabe von Ministerposten nicht immer nach reiner Fachkompetenz geht, ist üblich und oft gar nicht zu vermeiden. Trotzdem gibt es Fragen. Stand wirklich keine Verteidigungspolitikerin für das entsprechende Ministerium zur Verfügung? Sind zwei ostdeutsche Ministerinnen eine angemessene Repräsentation für ein Fünftel der Bevölkerung? Letztlich aber werden solche Fragen bald in den Hintergrund treten. Die Ampelparteien wollen schließlich eine Fortschrittsregierung bilden. Da kann man nur sagen: Legt ganz schnell los!"

"Frankenpost", Hof: "Annalena Baerbock wird von allen Ministern wohl am längsten und härtesten üben müssen, um in das neue Amt hineinzuwachsen. Besser: um ihm gewachsen zu sein. Wie schwer und erfolglos das sein kann, hat ihr Heiko Maas in den vergangenen vier Jahren vor Augen geführt."

"Süddeutsche Zeitung", München: "Entscheidender aber ist, dass Scholz in der Hessin Nancy Faeser erstmals eine Frau an die Spitze des Innenministeriums holt und auch das Schicksal der Bundeswehr erneut in weibliche Hände legt. Es ist ein starkes Signal über die deutschen Grenzen hinaus, dass nach den CDU-Politikerinnen Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer nun auch die Sozialdemokratin Lambrecht Verteidigungsministerin wird.

In seiner Personalauswahl hat Scholz also schlussendlich nur auf zweierlei Rücksicht genommen: auf die besonderen Erwartungen in der Corona-Pandemie und auf das Paritätsversprechen. Dem hat er landsmannschaftlichen Proporz und Strömungserwägungen untergeordnet, wodurch seinem eigenen Machtanspruch Genüge getan wäre, sicher aber nicht allen Wünschen aus der Partei. Es ist ein Team, das aus der momentanen Macht des Olaf Scholz heraus geboren ist, mit dem klaren Auftrag, diese Macht auszubauen. Scheitert auch nur eine oder einer der Berufenen, passiert das Gegenteil."

"Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Ein wichtiges Kriterium für die Auswahl der SPD war, wie angekündigt, das Geschlecht. Scholz hatte angekündigt, seinem Kabinett würden "mindestens" so viele Frauen wie Männer angehören. Um dieses Versprechen zu halten, zählt er sich nun selbst nicht mit. Doch wird es erstmals eine Bundesinnenministerin geben. Mit der Berufung Nancy Faesers gelang Scholz am Nikolaustag seine größte Überraschung.

Außerhalb von Hessen hat man noch nicht viel von ihr gehört. Wie Lambrecht muss auch sie erst zeigen, dass sie ein großes Haus in den Griff bekommt, noch dazu eines, das nicht schon so rot-grün schimmert wie das Auswärtige Amt. Wenigstens Baerbock wird sich nicht über eine unzureichende Willkommenskultur beklagen können."

"Wiesbadener Kurier": "Zweifellos gehört Nancy Faeser zu den größeren Überraschungen, die Olaf Scholz an diesem Nikolaustag zu bieten hatte: Außerhalb Hessens ist die Landespolitikerin ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. (...) Künftig kann sie zeigen, was sie meinte, wenn sie im Landtag in Wiesbaden einen entschiedenen Kampf gegen Rechtsextremisten forderte. Aber sie wird sich daran gewöhnen müssen, dass die Sätze einer Bundesinnenministerin auch international Widerhall finden."

Verwendete Quellen
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