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Corona-Pandemie in Deutschland – Merkel: "Können dritte Welle noch verhindern"


Corona-Lage in Deutschland
Merkel: "Wir können die dritte Welle noch verhindern"

Von t-online, afp, dpa, reuters, lw

Aktualisiert am 22.01.2021Lesedauer: 5 Min.
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"Dritte Welle kann noch verhindert werden": Angela Merkel: Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigte auf einer Pressekonferenz ihre Corona-Politik. (Quelle: t-online)

Kanzlerin Merkel zeigt sich besorgt über die Ausbreitung der Virus-Mutation. Damit rechtfertigt sie auch die anhaltenden Corona-Maßnahmen. Mit Blick auf die Impfstoff-Beschaffung ist sie jedoch optimistisch.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Fortsetzung des Lockdowns in Deutschland verteidigt. Es ergebe sich derzeit ein sehr gespaltenes Bild, sagte sie am Donnerstag auf der Bundespressekonferenz in Berlin. Zum einen gingen die Neuinfektionen endlich zurück. "Das zeigt, dass die harten Einschnitte, die die Menschen in Deutschland seit Wochen auf sich nehmen müssen, sich auszuzahlen beginnen. Und es zeigt im Grunde, dass die Mühe sich lohnt", sagte Merkel. Zugleich aber seien die täglichen Todeszahlen erschreckend hoch. "Das sind nicht einfach Zahlen, das sind Menschen, die in Einsamkeit gestorben sind, das sind Schicksale, das sind Familien, die um sie trauern", betonte die Kanzlerin.

Ausbreitung der Virus-Mutation verlangsamen

Außerdem berge die Mutation des Virus eine große Gefahr. Alles deute darauf hin, dass das mutierte Virus um ein Vielfaches ansteckender sei als das bekannte. Die Ausbreitung dieser Mutation müsse so weit wie möglich verlangsamt werden. Wenn man jetzt warte, könne eine dritte, möglicherweise noch heftigere Welle der Pandemie vielleicht nicht verhindert werden, warnte Merkel. "Wir können das noch verhindern", betonte sie. "Es ist noch etwas Zeit, um der Gefahr, die in diesem mutierten Virus steckt, vorzubeugen."

Alle zusätzlichen Einschränkungen dienten der Vorsorge für das Land, für die Gesundheit der Bürger und auch Wirtschaft, Arbeitswelt und Kultur. "Alles dient dem Ziel, in diesem Jahr die Pandemie in den Griff zu bekommen und schließlich auch zu überwinden", betonte Merkel.

Merkel verwies darauf, dass das mutierte Virus bereits in Deutschland angekommen sei. Der Winter werde deshalb noch sehr hart, so die Kanzlerin. Sie hoffe, dass das Land mit den beschlossenen Maßnahmen dann aber klimatisch in eine bessere Jahreszeit komme und die Impfungen Fortschritte machten. "Ob das gelingt, muss man sehen."

Merkel: Der Winter zerrt an den Nerven von allen

Für Unmut und Frustrationen in der Corona-Pandemie äußerte sie Verständnis. "Diese Pandemie ist eine Jahrhundertkatastrophe im Sinne einer Naturkatastrophe. Diese Pandemie wird mit Recht von allen als eine Zumutung empfunden", sagte Merkel in Berlin. Mit Blick auf die vielen Einschränkungen etwa für Familien, Kultur und Wirtschaft fügte sie hinzu: Es "wäre ganz verwunderlich, wenn da nicht wirklich auch die Geduld auf eine extrem harte Probe gestellt wird und das ist uns doch auch bewusst." Der Winter zerre an den Nerven von allen.

Gleichwohl gebe es Gründe zur Hoffnung, betonte Merkel. Im Vergleich zur Spanischen Grippe, die nach dem Ersten Weltkrieg kursierte, sei man viel besser dran. Es gebe bereits Impfstoffe und man wisse, wie man den Weg aus der Krise finde, sagte die Kanzlerin. Bei aller Bedrückung sei es doch eine gänzlich andere Lage als vor hundert Jahren. Dennoch gelte: "Es ist eine schwere Zeit." Da gebe es nichts wegzureden.

Merkel: Man muss Prioritäten setzen

Merkel halte es für richtig, eine Strategie für die Zeit nach dem Lockdown parat zu haben. Es sei aber jetzt schon klar, dass am 15. Februar nicht alles wieder geöffnet werden könne. Priorität hätten für sie Kitas und Schulen, "aus praktischen Gründen" kämen dann vielleicht die Frisöre und der Einzelhandel. Wichtig sei aber, nicht zu schnell zu agieren, sonst sei man "ganz schnell wieder im exponentiellen Wachstum", sagte die Kanzlerin in der Bundespressekonferenz.

Beim Thema Impfstoffbeschaffung versicherte Merkel, dass Deutschland im dritten Quartal ausreichend Impfstoffe vorliegen haben werde, um auch Dosen abgeben zu können. Es könne immer wieder vorkommen, dass zur Erhöhung von Produktionskapazitäten Umbauarbeiten erforderlich seien, sagte Merkel. Sie gehe aber davon aus, dass Deutschland von Biontech und Pfizer zugesagte Dosen erhalten werde.

"Alles Menschenmögliche" gemacht

Durch die vorübergehenden Lieferengpässe beim Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer sehe sie die Impfziele in Deutschland nicht gefährdet. Der US-Konzern Pfizer stehe weiter dazu, dass die für das erste Quartal vertraglich zugesagten Lieferungen kommen, sagte Merkel. Es sei "nicht zu beanstanden", dass sich Pfizer entschieden habe, die Produktion hochzufahren und dass dazu Umbauten vorgenommen werden müssten.
Merkel betonte, dass bei der Impfstoffbestellung "alles Menschenmögliche" gemacht worden sei. Die Kanzlerin bekräftigte, dass sie "den europäischen Ansatz für richtig" halte. Sie verstehe die Ungeduld, es gebe aber überhaupt keinen Grund, an Biontech Kritik zu üben.


Pfizer hatte am vergangenen Freitag mitgeteilt, das Unternehmen müsse seine Lieferungen für drei bis vier Wochen verringern. Grund seien Umbaumaßnahmen im Pfizer-Werk im belgischen Puurs, mit denen die Produktionsmengen dort erhöht werden sollten.

Bis Ende des Sommers für jeden ein Impfangebot

Es werde im Moment "sehr, sehr wenig" in Fabriken produziert, die in europäischem Eigentum seien, sagte Merkel. Sie verwies zugleich darauf, dass bald die Impfstoffproduktion im hessischen Marburg beginnen könne. Die Betriebsgenehmigung liege vor. Es sei zu schaffen, dass bis Ende des Sommers jedem ein Impfangebot gemacht werden könne, sagte Merkel weiter. Sie betonte zugleich, dass die sogenannte Herdenimmunität eine bestimmte Zahl von Geimpften erfordere.

Zugleich zeigte Merkel zeigt sich zuversichtlich, dass die EU-Staaten in der Pandemie-Bekämpfung an einem Strang ziehen. Was die Nachbarländer Deutschlands angehe, habe sie "gar nicht so viele Bedenken", sagte die Kanzlerin. In den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Luxemburg sei das Vorgehen vergleichbar, mit der Schweiz müsse geredet werden, mit Tschechien sei sie bereits im Gespräch. Wenn ein Land mit einer doppelt so hohen Inzidenz wie Deutschland alle Geschäfte aufmachen würde, "dann haben wir ein Problem".

Suche nach "kooperativem Ansatz" bei EU-Ländern

Merkel wolle aber trotz der Gefahren durch Virus-Mutationen eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen zu europäischen Nachbarstaaten möglichst vermeiden. "Es geht nicht darum, flächendeckende Grenzschließungen einzuführen", dies wäre allenfalls "die Ultima Ratio", sagte Merkel mit Blick auf die Beratungen der EU-Staats- und Regierungschefs am Abend. "Wir werden viel tun, um das zu verhindern", hob sie hervor. Generell sei das Ziel der EU-Beratungen aus deutscher Sicht die Suche nach einem "kooperativen Ansatz". Abschließende Entscheidungen seien von dem EU-Sondergipfel noch nicht zu erwarten.

Eine finanzielle Unterstützung für Bedürftige zur Anschaffung von FFP2-Masken sei für die Bundesregierung bisher kein Thema. Sollten die Einschränkungen jedoch noch lange anhalten, müsse man "natürlich auch darüber nachdenken, ob wir an der Stelle nochmal helfen müssen", sagte die Kanzlerin in Berlin. Noch sei das aber nicht diskutiert worden. "Wenn das jetzt über Wochen geht mit der Medizinische-Masken-Pflicht wird das sicherlich ein Thema auch der Diskussion bleiben", betonte Merkel.

Bisher habe die Bundesregierung für 34 Millionen Menschen, darunter alle über 60-Jährigen, die besonders gut schützenden FFP-2-Masken für den Winter zur Verfügung gestellt. Vorgesehen ist ein Eigenanteil von zwei Euro für je sechs Masken.

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Hohes Datenschutzniveau bei Corona-Warn-App

Die Entscheidung für ein hohes Datenschutzniveau bei der Corona-Warn-App verteidigte die Kanzlerin. Dieses sei sehr wichtig für die Akzeptanz der App, sagte Merkel. "Eine Corona-Warn-App für sehr viel weniger Nutzer mit einem geringeren Datenschutz wäre auch nicht gut." Man habe sich für den dezentralen Ansatz entschieden, sagte Merkel, die die Funktion der App an einem Beispiel verdeutlichte. Wenn jemand in der Straßenbahn gesessen habe, der später positiv auf das Coronavirus getestet werde, würden die Menschen, die dort in seiner Nähe waren, über ihre Apps gewarnt – vorausgesetzt, der Infizierte meldet seine Infektion in der App. Das geschieht anonymisiert.

Würde man auf diese Anonymisierung verzichten, dann würden die Handynummern aller, die sich in der Nähe aufgehalten hätten, sichtbar und diese Menschen könnten vom Gesundheitsamt angerufen werden.

Verbesserung der transatlantischen Beziehungen

Zur Vereidigung des neuen US-Präsidenten Joe Biden bekräftigte Merkel eine Verbesserung der transatlantischen Beziehungen. "Die Zusammenarbeit beruht einfach wieder auf einem breiteren Fundament gemeinsamer Überzeugungen", sagte Merkel.

Schon die ersten Handlungen Bidens zeigten dies: Die Rückkehr der USA in die Weltgesundheitsorganisation und zum Pariser Klimaabkommen sowie in Fragen etwa der Migration. Deutschland und Europa müssten zugleich aber auch bereit sein, mehr Verantwortung zu übernehmen. Die Bundesregierung und auch die Europäische Union seien dazu bereit.

Verwendete Quellen
  • Bundespressekonferenz am 21. Januar 2021
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP, Reuters
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