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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ex-Verteidigungsminister bei "Maischberger" Guttenberg: Dann wären Merkel und Schäuble "bockig" geworden
Deutschland kann sich eine Wiedereinführung der Wehrpflicht laut Karl-Theodor zu Guttenberg nicht leisten. "Das wird nicht kommen", sagte der Ex-Verteidigungsminister.
War die Abschaffung der Wehrpflicht unter Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ein folgenschwerer Fehler? Der ehemalige Verteidigungsminister hält heute eine Rückkehr zum Wehrdienst jedenfalls für ausgeschlossen. "Das wird nicht kommen. Das ist illusorisch", sagte er am Dienstagabend bei "Maischberger". Der Grund heute wie damals: knappe Kassen, trotz Sondervermögen.
Die Gäste
- Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), früherer Verteidigungsminister
- Ina Ruck, Leiterin des ARD-Studios Moskau
- Claudia Major, Militärexpertin Stiftung Wissenschaft und Politik
- Dagmar Rosenfeld, Chefredakteurin "Welt am Sonntag"
- Anja Kohl, ARD-Börsenexpertin
- Hajo Schumacher, Kolumnist und Autor
Unter anderem Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bezeichnete die Abschaffung der Wehrpflicht 2011 jüngst als Fehler. Guttenberg konterte bei "Maischberger": "Wenn ich damals von einer Bundeskanzlerin (Angela Merkel, Anm. d. Red.) und einem wenig humorvollen Bundesfinanzminister (Wolfgang Schäuble, Anm. d. Red.) 100 Milliarden Sondervermögen unter meinen jugendlichen Hintern geschoben bekommen hätte, dann hätte ich wahrscheinlich über die Wehrpflicht noch einmal anders nachgedacht."
"Maischberger" zur Wehrpflicht
Guttenberg erinnerte an das "Spardiktat", das damals zur Abschaffung des allgemeinen Wehrdienstes geführt hatte. Hätte er sich geweigert, wären Merkel und Schäuble "bockig" geworden: "Dann können Sie eins machen: Dann können Sie zurücktreten." Allerdings hatte der CSU-Politiker zwei Jahre nach Amtsantritt wegen der Plagiatsaffäre um seine Dissertation im Jahr 2011 alle politischen Ämter niedergelegt. "Ein fettes Plagiat", sagte Maischberger zu Beginn der Sendung. Der Gast nickte schmunzelnd.
"Mir hat die Wehrpflicht persönlich gutgetan", sagte Guttenberg zwar. Mit den damals üblichen sechs Monaten wäre heute jedoch kaum etwas gewonnen. "Da lernen sie gerade mal, wie sie anständig unter dem Panzer einschlafen, ohne erwischt zu werden. Das reicht nicht", sagte er und resümierte erneut: "Das wird alles sehr teuer."
Aus den Reihen der Bundeswehr waren zuletzt Forderungen nach einer Wiedereinführung der Wehrpflicht lauter geworden, um der Personalnot in der Truppe entgegenzuwirken. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wies die Überlegung vor einigen Tagen als "keine gute Idee" zurück.
Die von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier angestoßene Debatte zur allgemeinen Dienstpflicht bezeichnete Guttenberg als "einen schönen Gedanken", doch auch hier gelte: "Man muss es sich nur leisten können und leisten wollen."
Guttenberg bezeichnet Pistorius als "echten Lichtblick"
Guttenberg lobte seinen Amtsnachfolger Pistorius für dessen Mahnung, die Bundeswehr müsse wieder "kriegstüchtig" werden. Die Wortwahl sei richtig und dem Ernst der Lage angemessen, meinte er bei "Maischberger". Der Unionspolitiker würdigte den Sozialdemokraten gar als einen "echten Lichtblick in einer doch sehr seltsamen politischen Landschaft".
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Weniger positiv fiel sein Urteil über Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) aus. Ob es diplomatisch geschickt gewesen sei, den chinesischen Machthaber Xi Jinping als Diktator zu bezeichnen, wollte Maischberger wissen. Guttenberg schickte voraus, dass Baerbock einiges gut mache. Das "Aber" folgte jedoch auf dem Fuße.
"Wir müssen immer ein bisschen aufpassen, dass wir nicht ausschließlich mit dem moralinsauren Zeigefinger auftreten", kritisierte er. Man müsse erkennen, dass für andere Teile der Welt "nicht nur unsere Kultur maßgeblich" sei. Könnte die Bundeswehr heute einen Angriff wie den Russlands auf die Ukraine abwehren, fragte Maischberger. "Alleine? Schwierig", urteilte Guttenberg.
Deutsche Atomwaffen?
In diesem Zusammenhang forderte der Kolumnist Hajo Schumacher eine Debatte über deutsche Atomwaffen. "Wir werden auch hier in Deutschland ein Tabu anrühren müssen", sagte er bei "Maischberger". Denn sollte sich die USA nach einem Wahlsieg Donald Trumps als Nato-Schutzmacht aus Europa zurückziehen, wären die Nuklearwaffen Frankreichs und des Vereinigten Königreichs keinerlei Abschreckung für Russland. "Diese Debatte wird kommen", mahnte Schumacher.
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Dagmar Rosenfeld, Chefredakteurin der "Welt am Sonntag", sah in einer neuen Wehrpflicht einen weiteren Nutzen als lediglich neue Rekruten. "Der Staatsbürger in Uniform ist auch mit der Wehrpflicht ein bisschen verschwunden", sagte die Journalistin. Der Rückhalt für die Truppe in der Mitte der Bevölkerung sei aber entscheidend.
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Guttenberg schloss im Gespräch mit Maischberger nicht nur ein Comeback der Wehrpflicht aus. Er vermisse das politische Geschäft keine Sekunde, unterstrich der einstige CSU-Hoffnungsträger. "Ich konnte nicht mehr. Ich war plattgeschossen", sagte er über seinen Rückzug. "In einer solchen Situation geschehen Fehler. Das dann auch nicht zu knapp. Das Beste, was mir passieren konnte, war die Rückkehr in ein normales Leben."
Die langjährige Moskau-Korrespondentin Ina Ruck findet sich hingegen in einer harschen neuen Realität wieder. Ihre zweite Heimat Russland sei ihr mittlerweile fremd geworden. "Es ist nicht nur Putins Krieg. Es gibt eine breite Unterstützung", berichtete die ARD-Journalistin in einer Runde mit der Militärexpertin Claudia Major.
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Ruck habe den Zuspruch für Wladimir Putin in dieser Form nicht erwartet. Sie habe viele Freunde "an die Propaganda" verloren. Das Land stelle sich auf einen langen Krieg ein. Zu Forderungen nach einer diplomatischen Lösung sagte Ruck: "Russland hat im Moment gar keinen Grund zu verhandeln. Es läuft ja."
- ard.de: "Sendung 'Maischberger' vom 14. November 2023"