Nach Affäre um Robert Habeck Heil ernannte Trauzeugen 2018 zum Abteilungsleiter
Zuletzt setzte die "Trauzeugen-Affäre" Wirtschaftsminister Robert Habeck unter Druck. Nun gibt es im Arbeitsministerium offenbar einen ähnlichen Fall.
Nach der Debatte über Interessenkonflikte im Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) gibt es offenbar auch im Ministerium von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) einen vergleichbaren Fall. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Spiegel" holte Heil bereits 2018 seinen Trauzeugen Carsten Stender als Leiter der Abteilung Europa und Internationales ins Ministerium.
Stender war im Jahr 2005 Heils Trauzeuge, damals heiratete der SPD-Politiker Solveig Orlowski. Auf eine entsprechende Anfrage des "Spiegel" bestätigte Heils Ministerium die private Verbindung des Ministers zu seinem Spitzenbeamten.
Der promovierte Jurist Stender war 2018 aus dem Auswärtigen Amt ins Arbeitsressort gekommen, wo er als Referatsleiter tätig war. Zuvor hatte er lange in der SPD-Zentrale gearbeitet, unter anderem als Justiziar. Der Wechsel zu Heil fand offenbar ohne Ausschreibung statt. Abteilungsleiterstellen in Ministerien müssen aber auch nicht ausgeschrieben werden, weil deren Besetzung mit politischen Beamten mit einem besonderen Vertrauensverhältnis zur Hausleitung begründet werden kann.
"Langjähriger politischer Begleiter und Vertrauter des Ministers"
Heils Ministerium betonte laut "Spiegel", dass neben der juristischen Ausbildung Stenders auch dessen "umfangreiche Expertise im internationalen Bereich" ausschlaggebend gewesen sei. Zudem sei er "langjähriger politischer Begleiter und Vertrauter des Ministers" und erfülle "die Anforderungen an einen politischen Beamten in Gänze". Dass er vor rund 20 Jahren Heils Trauzeuge war, sei lediglich "Ausdruck privater Freundschaft", aber nicht ausschlaggebend für die Ernennung gewesen. Ein Interessenkonflikt bestehe "in keinerlei Hinsicht", so das Arbeitsministerium.
Auch die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International stuft das Vorgehen Heils als weniger bedenklich ein. Anders als im Fall der Dena-Geschäftsführung gehe es bei politischen Spitzenbeamten in Ministerien "um eine Besetzung mit Vertrauenspersonen des Ministers", sagte der Transparency-Experte Norman Loeckel dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
"Sofern Herr Stender zudem die fachlichen und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, gibt es vorerst keine offensichtlichen Verstöße", sagte Loeckel weiter. Er riet aber gleichwohl dazu, Stellenvergaben nach dem Vorbild der EU-Kommission transparenter zu gestalten.
Erinnerungen an den Fall Graichen
Zuletzt stand Wirtschaftsminister Habeck wegen Fehlentscheidungen seines Topmitarbeiters Patrick Graichen (beide Grüne) in der Kritik. Letzterer war an der Auswahl seines Trauzeugen für den Chefposten der bundeseigenen Deutschen Energie-Agentur beteiligt gewesen.
Zudem stand die geplante Förderung eines Projekts des Berliner Landesverbands des Bundes für Umwelt und Naturschutz, in dessen Vorstand Graichens Schwester ist, in der Kritik. Graichen soll in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Lesen Sie hier mehr zum Fall Graichen.
- Vorabmeldung des "Spiegel"
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP