Kinderschutzbund kritisiert Lindner "Kinderarmut von gestern ist Fachkräftemangel von heute"
Der Kinderschutzbund kritisiert Bundesfinanzminister Lindner für seine Haltung zur Kindergrundsicherung. Gerade armen Familien helfe man damit nicht.
Der Kinderschutzbund hat die Haltung von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) im Koalitionsstreit über die Kindergrundsicherung kritisiert. Wenn Lindner auf die bereits erfolgte Erhöhung des Kindergelds verweise, helfe dies gerade armen Familien nicht, sagte Verbandspräsident Heinz Hilgers im Deutschlandfunk. Denn die Erhöhung um gut 30 Euro auf insgesamt 250 Euro pro Kind werde vollständig auf das Bürgergeld angerechnet. Damit habe sie armen Familien "keinen einzigen Cent mehr gebracht".
In der Kindergrundsicherung sollen ab 2025 verschiedene Leistungen, etwa das Kindergeld oder der Kinderzuschlag, für einkommensschwache Familien gebündelt werden. Dies soll auch dazu führen, dass anspruchsberechtigte Familien all diese Leistungen überhaupt erhalten, was heute oft nicht der Fall ist.
Leistungen müssten immer wieder neu beantragt werden
Derzeit müssten die verschiedenen Leistungen "immer wieder" neu beantragt werden, sagte Hilgers. Viele Familien wüssten zudem gar nicht, dass ihnen Unterstützungsleistungen zustünden. Dies führe dazu, dass sie sie gar nicht erst beantragten. Er finde es "skandalös", dass Leistungen in Deutschland so konstruiert würden, dass "der Finanzminister sich dann die Hände reiben kann, weil sie keiner in Anspruch nimmt".
Die Kindergrundsicherung könne dies ändern, weil darüber alle Anspruchsberechtigten die ihnen zustehenden Leistungen erhielten, sagte Hilgers. "Dann würden sowieso schon fünf bis sieben Milliarden Euro ausgegeben aufgrund der jetzigen Rechtslage."
"Kinderarmut von gestern ist der Fachkräftemangel von heute"
Lindner hatte in der Vergangenheit gesagt, er rechne durch die im Koalitionsvertrag vereinbarte Reform mit Mehrkosten in einstelliger Milliardenhöhe. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) will aber nicht nur eine Bündelung der Unterstützungsleistungen, sondern darüber hinaus eine Erhöhung gerade für arme Familien. Sie geht deshalb von Mehrkosten in Höhe von zwölf Milliarden Euro pro Jahr aus. Lindner lehnt dies ab.
"Kinderarmut kann man nicht alleine durch Pädagogik bekämpfen", betonte Hilgers. "Dazu braucht es auch Geld und ganz konkrete Unterstützung für die armen Menschen."
Hilgers sieht in der Bekämpfung der Kinderarmut nicht zuletzt eine wichtige Voraussetzung für den Erhalt der wirtschaftlichen Stärke Deutschlands. Verantwortliche für Wirtschaft und Finanzen müssten erkennen, "dass die Kinderarmut von gestern der Fachkräftemangel von heute ist", sagte er. Und dieses Problem werde in den kommenden Jahren "noch viel größer" werden.
- Nachrichtenagentur afp