Kabinett beschließt Strategie Wird Trinkwasser knapp? Ampel bereitet Ernstfall vor
In Folge der Klimakrise rechnet das Umweltministerium mit deutlich mehr Dürren und Überflutungen. Das könnte sich auf die Verfügbarkeit von Trinkwasser auswirken.
Die Bundesregierung trifft Vorkehrungen für den Fall, dass Trinkwasser in Deutschland aufgrund des Klimawandels regional knapp werden könnte. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch eine vom Bundesumweltministerium ausgearbeitete Nationale Wasserstrategie, die bis zum Jahr 2050 dafür sorgen soll, dass es "überall und jederzeit hochwertiges und bezahlbares Trinkwasser" gibt, wie das Ministerium mitteilte.
Zu der Strategie zählt auch die Ausarbeitung einer bundesweit gültigen Leitlinie für das Vorgehen in Fällen von regionaler Wasserknappheit. Diese Leitlinie soll die zuständigen Behörden bei der Entscheidung unterstützen, wer im Fall einer Knappheit vorrangig Wasser nutzen darf.
Krisenleitlinie wird erstellt
"Wenn es dann tatsächlich zu einer problematischen Situation kommt, hätte Trinkwasser Vorrang", sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) im NDR. Die Arbeit an dieser Krisenleitlinie hat laut Ministerium bereits begonnen, ist aber noch nicht beendet. Beteiligt seien Bund, Länder und örtliche Interessengruppen.
Die Strategie verfolgt noch weitere Ziele: das Sauberhalten von Wasser und Grundwasser, die Stärkung eines naturnahen Wasserhaushalts und die Organisierung der Abwasserentsorgung nach dem Verursacherprinzip. Sie bündelt demnach erstmals Maßnahmen in Landwirtschaft und Industrie, Verwaltung und Verkehr, Stadtentwicklung und Naturschutz.
Dürre droht "zu einer neuen Normalität zu werden"
Die Landwirtschaft werde sich darauf einrichten müssen, dass sie zumindest ihre Bewässerungssysteme auch an die Klimakrise anpassen müsse – dies bedeute auch, "dass vielleicht nicht zu jeder Zeit alles bewässert werden kann, was heute bewässert wird", sagte Ministerin Lemke dem NDR.
Aktuell sei die Trinkwasserversorgung in Deutschland gesichert, betonte das Ministerium. "Doch die Auswirkungen der Klimakrise verändern langfristig auch die Verfügbarkeit von Trinkwasser", hieß es in einer Erklärung des Ministeriums. Extremsituationen wie Dürresommer oder Hochwasserereignisse drohten "als Folge der Klimakrise zu einer neuen Normalität zu werden".
Kosten für Unternehmen könnten steigen
Laut Lemkes Ministerium sind bereits in einem ersten Aktionsprogramm 78 Maßnahmen zusammengestellt, die in den Jahren bis 2030 schrittweise umgesetzt werden sollen. Die gesamte Wasserstrategie von Lemkes Ressort umfasst 120 Seiten.
Zu den Maßnahmen zählt demnach etwa eine fairere Aufteilung der Reinigungskosten für Wasser. "Anstatt Abwassergebühren nur den Haushalten aufzuerlegen, braucht es in Zukunft eine faire Kostenverteilung", erklärte das Ministerium. Wer wasserschädliche Produkte oder Wirkstoffe herstellt oder in Verkehr bringt, müsse "auch verstärkt zur Beseitigung von Schäden in den Gewässern beitragen".
Auswirkungen auf Stadtplanung
Vorgesehen sind zudem Anreize zum Wassersparen in Industrie und Landwirtschaft. Dazu sollten Instrumente wie die Weiterentwicklung von Wasserentnahmeentgelten geprüft werden. Zudem solle geprüft werden, ob Industriebetriebe nicht verstärkt auch sogenanntes Brauchwasser, also leicht verschmutztes Wasser, verwenden könnten. Die Ökolandwirtschaft soll gestärkt werden, um die Belastung des Grundwassers mit Düngemitteln zu verringern.
Die Stadtentwicklung soll künftig "wassersensibel" erfolgen – dies beinhaltet mehr Grün und weniger versiegelte Flächen, erklärte das Ministerium. Um regionale Unterschiede auszugleichen, soll zudem untersucht werden, ob etwa überregionale Fernleitungen zur Wasserversorgung nötig sind.
Lob von Energie- und Wasserwirtschaft
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßte den Vorstoß der Bundesregierung. "Gerade mit Blick auf zunehmende Hitze- und Dürreperioden müssen Bund, Länder und Kommunen gemeinsam klare Leitlinien für den Umgang mit Wasserknappheit entwickeln", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem "Handelsblatt".
Lob kam auch vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, der darauf hinwies, dass die Wasser-Infrastruktur bereits jetzt "bei stark steigender Trinkwassernachfrage an heißen Sommertagen an einigen Orten an ihre Grenzen" komme.
Von Gewerkschaftsseite kam der Hinweis, dass die Strategie auch die Lebensmittel- und Getränkeproduktion beeinflussen werde. Hier sei mehr Transparenz nötig: Die Strategie der Bundesregierung habe hier eine "nicht nachvollziehbare Leerstelle", kritisierte die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG),
- Nachrichtenagentur AFP