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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Maischberger" zur Reichsbürger-Razzia Faeser: "Angst um meine Familie ist schon sehr groß"
Die Razzia gegen eine Reichsbürgergruppe stand bei "Maischberger" im Mittelpunkt. Innenministerin Nancy Faeser machte klare Ansagen zu Konsequenzen.
Die Reichsbürger-Razzia war laut Nancy Faeser (SPD) wohl erst der Anfang. "Da wird es mit Sicherheit noch Kontaktpersonen geben", mutmaßte sie bei "Maischberger" – und forderte, Rechtsextreme konsequenter aufzuspüren.
"Der Plan war, das deutsche Kapitol zu stürmen, Abgeordnete festzunehmen und den Kanzler hinzurichten" – so drastisch leitete die "New York Times" ihren Aufmacher zur Razzia gegen sogenannte Reichsbürger ein. Bei dem großangelegten Einsatz waren am Mittwoch bundesweit 25 angebliche rechtsextremistische Verschwörer und Unterstützer festgenommen worden. "Ist der Spuk vorbei oder gibt es noch verborgene Netzwerke?", fragte Sandra Maischberger am Abend. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erwiderte: "Jetzt fängt die eigentliche Arbeit erst an."
Die Gäste
- Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin
- Arved Fuchs, Abenteurer und Polarexperte
- Johannes Vogel, Biologe
- Tina Hassel, Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios
- Micky Beisenherz, Moderator und Kolumnist
Faeser rechnete in der ARD-Talkshow damit, dass die sichergestellten Handys der Verdächtigen und das weitere Beweismaterial zu neuen Erkenntnissen führen werden: "Da wird es mit Sicherheit noch Verbindungen, Kontaktpersonen geben." Die Beschuldigten sollen geplant haben, den demokratischen Rechtsstaat gewaltsam zu beenden und eine Übergangsregierung mit ihren Mitgliedern zu installieren. "Was es so gefährlich macht, ist, dass es einen militärischen Arm davon gab – und das mit Menschen, die früher tatsächlich in der Bundeswehr waren", sagte Faeser.
Schlag gegen Reichsbürger soll Folgen haben
Mehrere der Festgenommenen sollen laut Medienberichten sogar zu der Bundeswehr-Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) gehört haben, einer dort noch aktiv gewesen sein. Solche Extremisten müssten aus dem öffentlichen Dienst entfernt werden, bekräftigte die Bundesinnenministerin. "Ich bin gerade dabei, das Disziplinarrecht zu verändern, damit wir solche Verfassungsfeinde schneller loswerden."
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Wer Umsturzfantasien hege, habe im Staatsdienst nichts zu suchen, bekräftigte die Sozialdemokratin. Künftig solle es möglich sein, solche Beamte mittels eines Verwaltungsaktes zu entfernen. Dann liege die Beweislast bei den Betroffenen. Faeser forderte zudem, bei Bundeswehr und Bundespolizei noch genauer hinzuschauen.
Reichsbürger als Abbild der Gesellschaft?
Laut Faeser ist es in letzter Zeit auch versäumt worden, beim Thema Rechtsextremismus stärker auf die Mitte der Gesellschaft zu blicken. Verschwörungstheorien seien dort durchaus "anschlussfähig". "Das ist ein Abbild der Gesellschaft, das geht durch alle Berufe durch", sagte sie mit Blick auf die Berufe der Festgenommenen, darunter eine Richterin, ein Pilot und ein Koch.
Faeser sah einen Zusammenhang mit der Pandemie. Die Debatte um die Corona-Impfpflicht habe Menschen radikalisiert, die zuvor nicht zum klassischen rechtsextremen Milieu gehört hätten. Der Staat als Feindbild sei hier zu einem einigenden Faktor geworden. Wie groß persönlich die Angst um sich und ihre Familie sei, wollte Maischberger von Faeser wissen. Die hatte bereits als SPD-Obfrau im NSU-Untersuchungsausschuss in Hessen Morddrohungen erhalten. "Sie ist schon sehr groß", räumte Faeser auch mit Blick auf die Ermordung ihres Landtagskollegen Walter Lübcke durch einen Rechtsextremisten ein.
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Kandidatur in Hessen? Faeser ziert sich
Weniger auskunftsfreudig zeigte sich die Innenministerin, als Maischberger sie zu einer etwaigen Rückkehr nach Hessen als Ministerpräsidentinkandidatin fragte. Im Herbst 2023 wird dort ein neuer Landtag gewählt. Die Entscheidung über die Spitzenkandidatur werde im Februar gefällt, blockte Faeser die in der letzten Sendung vor der langen Weihnachtspause besonders hartnäckige Gastgeberin immer wieder mit zunehmend gequältem Lachen ab.
Verbindlicher war sie, als es um ihre Pläne für einen leichteren Zuzug ausländischer Fachkräfte nach Deutschland ging. "Wir schaffen das modernste Einwanderungsrecht Europas", sagte Faeser. "Aber dauert dessen Umsetzung womöglich Jahre?", fragte Maischberger angesichts von Kritik auch aus den Reihen des Koalitionspartners FDP. "Nein. Ich hoffe, dass wir im Sommer durch sind", stellte Faeser in Aussicht. Dann sei das Gesetz hoffentlich in Kraft und ein Plan für dessen Umsetzung beschlossen.
Faeser wies Vorbehalte gegen den einfacheren Weg zum deutschen Pass zurück. Die Staatsbürgerschaft stehe am Ende des Integrationsprozesses, sagte sie und schlug damit in gewisser Weise den Bogen zu den "Reichsbürger"-Verfassungsfeinden: "Das ist ja die höchste Form der Integration, indem man sich zu den Werten von Deutschland bekennt, die demokratische Grundordnung lebt."
- daserste.de: "Maischberger" vom 7. Dezember 2022