t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomePolitikDeutschlandInnenpolitik

Razzia bei "Reichsbürger": BKA-Chef rechnet mit weiteren Beschuldigten


Bislang 150 Durchsuchungen
BKA-Chef erwartet weitere "Reichsbürger"-Razzien

Von dpa
Aktualisiert am 08.12.2022Lesedauer: 3 Min.
Player wird geladen
Das Ende der Putschpläne: Der Prinz wurde verhaftet, der Staatsstreich fällt aus. (Quelle: reuters)

Das BKA geht von weiteren Festnahmen und Durchsuchungen bei Ermittlungen gegen eine "Reichsbürger"-Gruppe aus. Der Verfassungsschutz ermittelt seit dem Frühjahr.

Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, geht davon aus, dass sich nach der Großrazzia gegen eine "Reichsbürger"-Gruppe die Zahl der Beschuldigten noch erhöht. Münch sprach am Mittwochabend im ZDF-"heute journal" nach den 25 Festnahmen vom Mittwoch von 54 Beschuldigten und über 150 Durchsuchungen. Wahrscheinlich werde man weitere Beschuldigte feststellen und in den nächsten Tagen weitere Durchsuchungen durchführen.

Die Gruppe steht nach Angaben der Bundesanwaltschaft im Verdacht, eine terroristische Vereinigung gebildet zu haben, die mit Waffengewalt eine neue Regierung installieren wollte und auch Tote in Kauf genommen hätte.

Münch betonte, Ziel der Durchsuchungen am Mittwoch sei nicht gewesen, bis zum letzten Moment zu warten, sondern genug Beweise zu sammeln, dass es sich um eine terroristische Vereinigung handele. Der Umsturzplan sei bekannt gewesen, über den Zeitpunkt gebe es aber noch keine Klarheit. Der BKA-Präsident verwies aber auf einen "Rat", der Beschlüsse treffe, und einen militärischen Arm, der auch Waffen beschaffe. In 50 Objekten seien auch Waffen gefunden worden, von der Armbrust und Steinschleuder bis zu Pistolen und Langwaffen sowie Munition. "Da warten sie nicht bis zum letzten Augenblick. Sondern, wenn das dann klar ist, dann heißt es auch: Zuschlagen."

Der Terrorismusexperte Peter Neumann sieht in der sogenannten Reichsbürgerszene eine ernste Bedrohung für die Sicherheit in Deutschland. "Der Rechtsextremismus stellt meiner Einschätzung nach die größte terroristische Bedrohung in Deutschland dar und innerhalb dieser Szene sind die Reichsbürger aktuell die aggressivsten", sagte Neumann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag). "Von ihnen geht die größte Gefahr terroristischer Gewalt aus. Sie sind fähig und willig, schwere Terroranschläge gegen den Staat zu verüben", warnte Neumann.

Experte: Szene wurde unterschätzt

Die Reichsbürgerszene in Deutschland ist nach Einschätzung der Amadeu-Antonio-Stiftung zu lange unterschätzt worden. Es habe in den vergangenen Jahren immer wieder deutliche Zeichen dafür gegeben, dass die Anhänger gewaltbereit seien und offenbar auch organisiert, sagte Extremismusforscher Lorenz Blumenthaler. "Aber gerade in Sicherheitskreisen wurden die Gruppierungen oft verlacht und ihr enormes Gefahrenpotenzial trotz intensiver Warnungen der Zivilgesellschaft auf die leichte Schulter genommen", kritisierte der Berliner. Er setzt sich bei der Stiftung unter anderem mit Verschwörungsideologien und dem Milieu der sogenannten Reichsbürger auseinander.

Faeser kündigt Änderungen im Disziplinarrecht an

Innenministerin Nancy Faeser kündigte an, bei Bundesinstitutionen wie Bundeswehr und Polizei noch genauer hinzuschauen. Man habe Erfolge bei der Aufdeckung rechtsradikaler Aktivitäten gehabt. "Ich bin gerade dabei, das Disziplinarrecht zu verändern, damit wir solche Verfassungsfeinde schneller loswerden", erklärte Bundesinnenministerin in der Sendung "Maischberger".

Empfohlener externer Inhalt
X
X

Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.

Verteidigungsausschuss berät über Razzien

Mit der Großrazzia gegen die Reichsbürgerszene wird sich auch der Verteidigungsausschuss des Bundestages befassen. Hintergrund ist, dass sich nach Angaben des Verteidigungsministeriums unter den Verdächtigen auch insgesamt drei Soldaten befinden, darunter als aktiver Bundeswehrangehöriger ein Soldat des Kommandos Spezialkräfte (KSK) sowie zwei weitere, nicht aktive Soldaten. Die Ausschussvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) sagte dem "Tagesspiegel", sie habe das Thema in der kommenden Sitzung auf die Tagesordnung gesetzt, um Details vom Militärischen Abschirmdienst MAD zu erfahren. "Wir werden diese braune Suppe austrocknen", sagte Strack-Zimmermann.

Grünen-Politikerin fordert Entfernung von Reichsbürger aus Staatsdienst

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, pocht nach den Razzien am Mittwoch auf eine konsequente Entfernung von Reichsbürgern aus dem öffentlichen Dienst. "Ausgebildete und bewaffnete Mitarbeiter aus Sicherheitsbehörden, die sich rechtsextremen Netzwerken anschließen, stellen eine besondere Gefährdung für unsere Demokratie dar und müssen konsequent aus dem Öffentlichen Dienst entfernt werden", sagte Mihalic dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag) laut Vorab-Bericht. Die bundesweite Razzia mit einem Großeinsatz der Polizei und Spezialkräften am Mittwoch sei ein wichtiger Schlag gegen das Netzwerk aus Reichsbürgern und anderen Rechtsextremen.

Verfassungsschutz hatte Gruppe schon länger im Visier

Die Sicherheitsbehörden waren nach Aussage des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, früh über die Umsturzplanungen einer Reichsbürgergruppierung im Bilde. Die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern seien dieser Gruppierung sehr früh auf die Schliche gekommen, sagte Haldenwang am Mittwoch in einem ZDF-"Spezial". Man habe die Gruppe seit dem Frühjahr dieses Jahres beobachtet und einen recht klaren Überblick über deren Planungen und Entwicklung gehabt. Die Planungen seien dann immer konkreter geworden und es seien Waffen beschafft worden.

"Zu dem Zeitpunkt, an dem wir annehmen mussten, jetzt kann es gefährlich werden, haben wir natürlich auch unmittelbar mit Generalbundesanwalt und den Polizeibehörden zusammengearbeitet", sagte Haldenwang. Er betonte: "Die deutschen Sicherheitsbehörden insgesamt hatten die Lage jederzeit unter Kontrolle. Doch wenn es nach dieser Gruppe gegangen wäre, dann war diese Gefahr schon recht real."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Neueste Artikel



TelekomCo2 Neutrale Website