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Nord Stream 2: Manuela Schwesigs Stiftung hat noch offene Rechnungen


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Schwesigs Stiftungsaffäre
Rätselraten um Millionen-Provisionen von Nord Stream 2


13.07.2022Lesedauer: 4 Min.
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD): In der Stiftungsaffäre um Nord Stream 2 spielen nun Provisionszahlungen in bislang unbekannter Höhe eine Rolle.Vergrößern des Bildes
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD): In der Stiftungsaffäre um Nord Stream 2 spielen nun Provisionszahlungen in bislang unbekannter Höhe eine Rolle. (Quelle: penofoto/imago-images-bilder)
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Enorme Summen sollte die Klimastiftung von der Nord Stream 2 AG erhalten – um unter dem Radar Aufträge abzuwickeln. Zurück bleiben offene Forderungen.

Die Vermögensverhältnisse der von Skandalen umwitterten Klimastiftung des Landes Mecklenburg-Vorpommern sind Monate nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs ungeklärt. Millionen-Provisionen der Nord Stream 2 AG für die Abwicklung von Aufträgen hat sie nicht vollständig erhalten. Das bestätigte der Vorstand der Stiftung t-online in einer schriftlichen Stellungnahme. "Nach Einstellung der Zusammenarbeit mit Nord Stream 2 sind von beiden Vertragspartnern Zahlungen zurückgestellt worden", schrieb der Vorsitzende Erwin Sellering.

Derzeit werde ermittelt, wie viel Geld durch den Kooperationsvertrag mit der Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom tatsächlich eingenommen worden sei. Die Stiftung habe im Zuge des Insolvenzverfahrens der Nord Stream 2 AG Forderungen angemeldet. In welcher Höhe teilte der Vorstand nicht mit. Die Gesamtsumme der vereinbarten Provisionen könnte sich aber früheren Angaben der Stiftung zufolge auf bis zu 16,5 Millionen Euro belaufen. In voller Höhe würden sie das bisher bekannte Vermögen der Stiftung fast verdoppeln.

Rätselraten um Stiftungsvermögen

Das Land hatte die Stiftung ursprünglich mit 200.000 Euro ins Leben gerufen, Nord Stream 2 hatte in zwei Tranchen 20 Millionen Euro überwiesen. Mithilfe des Konstrukts sollten am Pipelinebau beteiligte Unternehmen von drohenden US-Sanktionen abgeschirmt werden. Die Affäre setzt Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) und ihre Landesregierung seitdem immens unter Druck. Viele der Verstrickungen und Geldflüsse sind noch ungeklärt, sodass ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingesetzt wurde.

Bislang waren die Fraktionen im Landtag davon ausgegangen, dass das derzeitige Vermögen mit kleineren Abstrichen in etwa deckungsgleich mit dem Startkapital sei. Es ist allerdings völlig offen, ob dem so ist.

Eine Rechtsgutachterin im Auftrag der Landesregierung hatte Anfang Mai nicht bis zu der Information durchdringen können, wie hoch das Stiftungsvermögen tatsächlich ist. Anlass zu neuen Spekulationen lieferte der Vorstandsvorsitzende Sellering bei einer Pressekonferenz am 9. Juni. Medienrecherchen und Gerichtsurteile hatten die Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung zu diesem Zeitpunkt unter Druck gesetzt. Sellering wählte damals die Offensive und präsentierte überraschend einen Tätigkeitsbericht des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, über den die zunächst nicht bekannten Zahlungen flossen.

Auftragsvolumen: 165 Millionen Euro

Demnach habe die Stiftung getrennt vom Startkapital Aufträge im Volumen von 165 Millionen Euro für Nord Stream 2 abgewickelt – vorfinanziert von der Gazprom-Tochter mit einer vereinbarten Provision von zehn Prozent. "Wir würden jetzt eigentlich viel Geld haben, wenn nicht die Probleme da wären, über die wir sprechen", sagte Sellering. "Eine Insolvenz von Nord Stream steht vor der Tür."

Vertragspartner der Stiftung sollten laut Vorstandsbeschluss bezahlt werden. "Ob es dann gelingt, dass wir das Geld von Nord Stream zurückkriegen, das müssen wir noch sehen." Der Vorstand gehe aber davon aus, dass auch im schlechtesten Fall "am Ende ein Plus bleibt". Die Höhe der offenen Rechnungen bezifferte Sellering nicht. Auch Nord Stream 2 habe noch offene Forderungen an die Klimastiftung, zum Beispiel den Verkaufserlös des vom Unternehmen vorfinanzierten Schiffs "Blue Ship" der Stiftung.

Stichtag im September

Einige Wochen zuvor hatte das Kantonsgericht Zug in der Schweiz der dort von Zahlungsunfähigkeit bedrohten Nord Stream 2 AG im Rahmen eines sogenannten Nachlassverfahrens die provisorische Stundung von Schulden bis zum 10. September gewährt. Dabei sind auch außergerichtliche Einigungen mit Schuldnern möglich. Das Gericht erlässt gleichzeitig Maßnahmen, um den Erhalt von noch vorhandenem Vermögen sicherzustellen.

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Wenige Tage nach der Entscheidung in der Schweiz einigten sich Landesregierung und Stiftungsvorstand dann nach langem öffentlichen Tauziehen auf ein Verfahren zur Auflösung der Stiftung. Sellering will dafür ebenfalls bis September den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb abwickeln, über den die Millionenaufträge flossen, und dann zurücktreten, um der Landesregierung nach einer Wirtschaftsprüfung das Übrige zu überlassen.

Inwiefern dieser Zeitplan mit der wirtschaftlichen Lage der Nord Stream 2 AG und der ihr gewährten Nachlassstundung zusammenhängt, ließen Schwesig und Sellering in ihrer gemeinsamen Erklärung offen. In Kreisen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Thema stellen sich Abgeordnete deswegen seit Kurzem die Frage, ob bald auf einmal Millionen wie aus dem Nichts erscheinen oder sogar Verluste zu erwarten sind.

"Ob die Nord Stream 2 AG insolvent geht oder nicht, ist nicht unser Problem", sagte der energie- und klimapolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Hannes Damm, t-online. Es stelle sich die Frage, wie viel von den vermutlich etwa 16,5 Millionen Euro bereits bei der Stiftung angekommen und wofür das Geld bisher verwendet worden sei. "Für Mecklenburg-Vorpommern ist wichtig, dass die vielfältigen Skandale um die Stiftung umfassend aufgeklärt werden."

Auch die CDU ist alarmiert. "Ich gehe davon aus, dass die Geldflüsse den Untersuchungsausschuss beschäftigen werden", sagte Fraktionsvorsitzender Franz Robert Liskow t-online. "Mich hat erstaunt, dass die Stiftung und damit indirekt das Land Mecklenburg-Vorpommern auf Provisionsbasis für den Kreml gearbeitet hat – ein höchst ungewöhnliches Konstrukt." Ginge es nach Liskow, sollten etwaige Gewinne dem Landeshaushalt zugeführt werden. Ein möglicher Verwendungszweck aus seiner Sicht: humanitäre Hilfe für die Ukraine.

Verwendete Quellen
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