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Krieg in der Ukraine: Was wäre, wenn Friedrich Merz Bundeskanzler wäre?


Meinung
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Bundesregierung im Ukraine-Krieg
Was wäre, wenn der Bundeskanzler Friedrich Merz hieße?

MeinungEine Kolumne von Gerhard Spörl

Aktualisiert am 12.04.2022Lesedauer: 4 Min.
CDU-Chef Friedrich Merz: Was wäre, wenn er der Bundeskanzler wäre?Vergrößern des Bildes
CDU-Chef Friedrich Merz: Was wäre, wenn er der Bundeskanzler wäre? (Quelle: IPON/imago-images-bilder)

Boris Johnson zieht in Kiew eine Show ab und Emmanuel Macron fürchtet um seine Wiederwahl. Olaf Scholz ist nicht der große Kommunikator – aber vertrauenswürdig in seinem Pragmatismus.

Ab und zu ist es sinnvoll, nach draußen zu schauen, um das Drinnen besser zu verstehen: Boris Johnson war in der Ukraine, spazierte mit Wolodymyr Selenskyj durch Kiew, natürlich schwer bewacht, und behauptet, dass niemand so kompromisslos wie er an der Seite der Ukraine stehe. Zur ganzen Wahrheit gehört, dass er Flüchtende aus der Ukraine nur mit Visum ins Land lässt und sogar das als Entgegenkommen preist, dass sie nicht persönlich auf dem Konsulat erscheinen müssen. Typisch Johnson, würde ich sagen, zynischer Clown, bereit zu jeder Show, damit die Partys in der Downing Street während der Pandemie in Vergessenheit geraten.

Oder mal diese Überlegung: Was wäre eigentlich, wenn der Bundeskanzler Armin Laschet oder Friedrich Merz hieße? Wäre Deutschland dann besser dran? Glaube ich nicht. Ja, Olaf Scholz ist nicht der große Kommunikator, aber er ist im Stoff, ist kompetent, durchdenkt die Optionen und ist vertrauenswürdig, oder? Wie wäre es denn, wenn wir gelegentlich die Männer und Frauen, die uns regieren, bei ihren Stärken nähmen und nicht andauernd ihre Schwächen beklagten?

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Robert Habeck vermag es, die Drangsal des auferlegten Pragmatismus im Verhältnis zum Wünschenswerten beispielhaft zu reflektieren, und Annalena Baerbock hat den richtigen Ton sehr schnell gefunden. Dazu zeigt Christian Lindner, dass er auf der Höhe der Probleme ist. Trotz des Rücktritts von Familienministerin Anne Spiegel im Zuge ihrer selbstverschuldeten Sommerurlaubsaffäre: Mit Verlaub, wir sind gut bedient mit dieser Regierung.

Der Moralismus lässt nach – gut so

Auch bin ich erleichtert, dass der Moralismus in der Betrachtung des Krieges und den Mitteln seiner Beeinflussung allmählich nachlässt. Neulich saß die Grüne Marieluise Beck bei "Anne Will" und sprach sich inständig für eine Flugverbotszone aus, unter dem Hinweis, dass sie vom Militärischen nichts verstünde.

Keineswegs steht sie allein mit ihrer Empfehlung, man müsse doch irgendetwas tun. Damit rückt pragmatisches Wirklichkeitsverständnis fast automatisch in die Defensive, wenn nicht in die Nähe mangelhafter Menschlichkeit. Man sollte aber schon wissen, was eine Flugverbotszone nach sich zieht, zum Beispiel einen dritten Weltkrieg. Kann man das wollen? Worüber man nicht reden kann, darüber soll man schweigen, heißt es bei Wittgenstein. Gute Maßregel.

Diese Abhängigkeit lässt sich nicht einfach abschütteln

Natürlich muss man ein Herz aus Stein haben, wenn man bei den Bildern von gefesselten toten Zivilisten oder Massengräbern nicht von heißer Wut ergriffen wird. Oder diese an Niedertracht beispiellosen Lügen aus dem Kreml – wer würde Sergej Lawrow nicht am liebsten ins Gesicht springen? Dass der geschundenen Ukraine so viel geholfen werden muss wie nur irgend möglich, versteht sich von selber. Gehört aber ein Embargo auf Öl, Kohle und Gas dazu?

Entscheidende Frage. Schlimmes Versäumnis, dass Deutschland auf Diversität der Energieversorgung verzichtet hat. Doch diese Abhängigkeit lässt sich nicht einfach abschütteln. Auf Kohle und Öl aus Russland können wir wohl auch auf kurze Sicht verzichten. Auf Gas können wir jedoch nicht so schnell verzichten, weil dann ganze Industriezweige wie die Chemie-, Pharma-, Metall-, Stahl-, Elektronik-, Auto- und Anlagebauindustrie in maximale Schwierigkeiten geraten.

Die Teuerungsrate liegt ja jetzt schon hoch, wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Lebensmittel- und Energiepreise steigen weiter, was jeder Konsument am Geldbeutel merkt und etliche Konsumenten noch stärker merken als andere. Die negativen Auswirkungen lassen sich in Frankreich studieren, wo Marine Le Pen die Kaufkraft zum Mantra ihres Wahlkampfes macht und damit enormen Erfolg erzielt.

Frankreich als abschreckendes Beispiel

Kriege haben Auswirkungen, die sich überall niederschlagen, politisch wie wirtschaftlich. So ist das nun einmal. Das Ausmaß lässt sich begrenzen. Vor allem aber braucht es eine Regierung, welche die Nerven behält und dem Moralismus, so verständlich er auch ist, nicht nachgibt.

Wäre der Ukraine denn geholfen, wenn die politischen Auswirkungen eines Embargos Deutschland politisch so veränderten, wie sie Frankreich verändern? Stellen wir uns kurz mal vor, Marine Le Pen wird Präsidentin und die Regierung Scholz verliert den Rückhalt, den sie jetzt noch genießt: Damit wird die Europäische Union nicht nur dramatisch geschwächt, sondern sie zerfällt in ihre Einzelteile und auch die Nato büßt an Schlagkraft ein. Zur Konsequenz gehörte dann ebenfalls, dass die Ukraine plötzlich allein da steht, da die Aussicht, Mitglied der EU zu werden, minder attraktiv erscheint.

Und Wladimir Putin hätte erreicht, woran er überall auf der Welt arbeitet, in Syrien wie in Libyen, in Serbien wie in Ungarn und wie in der Ukraine: die Schwächung des Westens in seinen wesentlichen Institutionen. Die Zeiten bleiben finster. Die Offensive in der Ostukraine steht bevor. Das Land benötigt noch mehr Kriegsgerät und moralische Unterstützung, was denn sonst. Leider nur in dem Maße, das uns gegeben ist.

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