Antrittsbesuch von Baerbock Grünen-Politiker kritisiert USA: "Das geht einfach nicht"
Annalena Baerbock ist zu ihrem Antrittsbesuch in die USA aufgebrochen. Der Grünen-Vorsitzkandidat Omid Nouripour hat klare Erwartungen an die Bundesaußenministerin – vor allem, was die Eigenständigkeit der EU angeht.
Der Grünen-Vorsitzkandidat Omid Nouripour hat vor dem Hintergrund der Reise von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in die USA die Eigenständigkeit der EU betont. "Die Europäer müssen eine eigene Souveränität anstreben", sagte Nouripour den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Es gibt Stimmen in den USA, die eine vollständige Entkopplung von China fordern. Das ist weder wünschenswert noch realistisch."
Das werde Baerbock der US-Seite bei ihrem Besuch auch mitteilen. Die europäischen Interessen seien nicht deckungsgleich mit den amerikanischen, sagte Nouripour. "Trotzdem ist es von großer Bedeutung, eine Partnerschaft auf der Basis gemeinsamer Werte zu pflegen und zu vertiefen – und zwar unabhängig davon, wer gerade im Oval Office und im Kanzleramt sitzt."
Zwiespältiges Urteil
Nouripour beurteilte die bisherige Amtszeit von US-Präsident Joe Biden zwiespältig. "Biden hat viele gute Töne angeschlagen – aber oft auch nicht geliefert", sagte er. "Mein persönlicher Alptraum ist Afghanistan." Der US-Abzug sei komplett unkommuniziert gewesen. "Das geht einfach nicht", sagte der grüne Außenpolitiker. "Das Ergebnis war verheerend."
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock brach am Mittwoch zu ihrem Antrittsbesuch in die USA auf. In der Hauptstadt Washington wird sie unter anderem US-Außenminister Antony Blinken treffen.
Embed
Baerbock: Zeigen Russland "klares Preisschild"
Nach Angaben von Baerbock wollen die USA und die Europäer eine gemeinsame Botschaft in der Ukraine-Krise an Russland senden. "Das russische Handeln ist mit einem klaren Preisschild gekennzeichnet, der einzige Weg aus der Krise führt über Dialog", teilte die Grünen-Politikerin am Mittwoch vor ihrem Abflug zum Antrittsbesuch nach Washington mit. "Dies haben wir der russischen Regierung in den vergangenen Tagen und Wochen immer wieder eindringlich deutlich gemacht."
Derzeit befinde man sich in einer entscheidenden Phase der Gespräche mit Moskau. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (SPD), mahnte zu Geschlossenheit in der EU. Hintergrund ist der russische Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine und die Furcht vor einer militärischen Eskalation.
Enge transatlantische Partnerschaft
Baerbock betonte zudem, dass sie mit ihrem Besuch in Washington ein Zeichen für eine enge transatlantische Partnerschaft setzen wolle. Diese gebe es nicht nur bei aktuellen politischen und sicherheitspolitischen Fragen, sondern auch im wirtschaftlichen Bereich und bei globalen Themen wie dem Umgang mit der Klimakrise.
"Die Stärke der transatlantischen Allianz misst sich dabei nicht in Panzern und Raketen", betonte sie. "In allererster Linie liegt sie darin, dass wir an einem Strang ziehen, wenn es darauf ankommt – also wenn Grundnormen des Völkerrechts zu verteidigen sind und wir für unsere gemeinsamen Werte einstehen müssen." Beide Seiten seien entschlossen, die europäische Friedensordnung zu schützen.
Stabilisierung durch Normandie-Format
Russland spreche jetzt mit den USA, sagte Roth in der ARD mit Blick auf die amerikanisch-russischen Gespräche kommende Woche. Dabei schaue Europa nicht zu, sondern sei aufs Engste involviert. "Das Normandie-Format hat zu einer Stabilisierung der Situation beigetragen und jetzt muss man zu dem zurückkehren, was man erreicht hat", fügte er hinzu.
Im sogenannten Normandie-Format sprechen Russland, Deutschland, Frankreich und die Ukraine über die Umsetzung des Minsker Friedensabkommens für die Ostukraine von 2014. Am Mittwoch trafen sich die außenpolitischen Chefberater der deutschen und französischen Regierung mit ihrem ukrainischen Kollegen. Am Donnerstag folgen Gespräche in Moskau.
Baerbock wird in der US-Hauptstadt auch mit der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, zusammentreffen. Sie wolle damit ein Zeichen vor dem Jahrestag des Sturms auf das US-Kapitol setzen, weil sie "nicht nur als Außenministerin, sondern auch als überzeugte Demokratin und Parlamentarierin nach Washington" reise. Zudem steht die Zusammenarbeit im Rahmen der derzeitigen deutschen G7-Präsidentschaft auf der Agenda des eintägigen Besuchs.
- Nachrichtenagentur AFP und Reuters