Antrittsbesuch in Warschau Scholz zeigt klare Haltung zu Reparationszahlungen
Belarus, Nord Stream 2, polnische Reparationsforderungen: Die Liste der Themen bei Scholz' Antrittsbesuch in Warschau war lang. Nicht bei allen Themen war er sich mit dem polnischen Regierungschef einig.
Beim ersten Besuch in Polen hat Bundeskanzler Olaf Scholz Reparationsforderungen aus Polen mit Hinweis auf die hohen deutschen EU-Finanzzahlungen zurückgewiesen. Von diesen "sehr, sehr hohen Beiträgen" fließe ein Großteil etwa in EU-Länder im Süden und Osten der Union, was gut sei, sagte Scholz.
Deutschland stelle sich aber auch der moralischen Verantwortung für das, was Deutsche in anderen Staaten im Zweiten Weltkrieg angerichtet hätten. Morawiecki wies auf das Leiden der Polen im Zweiten Weltkrieg hin, forderte aber nicht direkt deutsche Reparationszahlungen.
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Von polnischer Seite hatte es immer wieder Forderungen nach Entschädigungen für im Zweiten Weltkrieg erlittene Schäden gegeben. Die Bundesregierung hatte dies stets abgelehnt. Auch Scholz verwies auf früher geschlossene Verträge, die das Thema erledigt hätten. Aus Griechenland waren in den vergangenen Jahren ebenfalls Gespräche über Reparationen gefordert worden.
Polen fordert Aus für Nord Stream 2
Die polnische Regierung forderte das Aus für Nord Stream 2. "Am besten wäre, die Öffnung von Nord Stream 2 gar nicht zuzulassen", sagte der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki nach einem Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz. Die Pipeline werde ein Mittel Russlands sein, um die Ukraine und andere osteuropäische Staaten unter Druck zu setzen.
Scholz entgegnete, die Bundesregierung arbeite daran, dass die bisherige Gaspipeline durch die Ukraine auch weiter für die Durchleitung russischen Gases genutzt werde. Zudem verwies er darauf, dass Deutschland in gut 25 Jahren klimaneutral sein wolle.
"Habe dem Herrn Kanzler die geänderte Taktik vorgestellt"
In seinen Gesprächen sicherte er der polnischen Regierung Unterstützung im Streit über die Flüchtlinge im Grenzgebiet zu Belarus zu. Das Vorgehen des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko sei "menschenverachtend und wir haben eine gemeinsame Aufgabe, das zurückzuweisen", sagte Scholz am Sonntag in Warschau bei einem Treffen mit dem polnischen Regierungschef Mateusz Morawiecki. Deutschland wolle solidarisch mit Polen gegen diesen unangemessenen Weg einer "hybriden Kriegsführung" vorgehen.
Die EU wirft Lukaschenko vor, Flüchtlinge gezielt an die polnisch-belarussische Grenze geschleust zu haben. "Ich habe dem Herrn Kanzler die geänderte Taktik vorgestellt, die das Lukaschenko-Regime jetzt in dieser künstlich ausgelösten Migrationskrise anwendet, die Verwendung von Menschen als lebende Schutzschilde, als Waffe", sagte Morawiecki bei der Pressekonferenz mit Scholz. Er sprach von mehr als 100 Versuchen der Grenzüberquerung.
"Deutschland und Polen sind Nachbarn und Freunde"
Neben der Situation in Belarus war auch die Rechtsstaatlichkeit in Polen Thema. Er hoffe sehr darauf, dass sich die EU-Kommission und die polnische Regierung einige, sagte Scholz und vermied eine scharfe Kritik etwa an der umstrittenen Justizpolitik in Polen. Der SPD-Politiker sprach von guten Beziehungen mit dem Nachbarland: "Deutschland und Polen sind Nachbarn und Freunde."
Morawiecki kritisierte die Aussage im Koalitionsvertrag der Ampelparteien, dass die EU sich zu einem europäischen Bundesstaat entwickeln solle. Dies sei ein "bürokratischer Zentralismus". Er habe dies Scholz gesagt. "Europa wird dann stark sein, wenn es ein Europa der souveränen Staaten ist, der Vaterländer." "Gleichschaltung" sei keine gute Methode für das Funktionieren Europas, fügte er hinzu. "Wir wissen unsere Unabhängigkeit zu schätzen."
- Nachrichtenagenturen dpa und Reuters