OB-Wahl in Tübingen Palmer muss mit Konkurrenz aus der eigenen Partei rechnen
Boris Palmer liegt mit seiner Partei im Clinch – nicht nur auf Bundesebene. Nun steht seine Kandidatur bei der nächsten OB-Wahl auf der Kippe: Die Grünen wollen per Urwahl über ihren Kandidaten entscheiden.
Die Grünen in Tübingen wollen den künftigen Kandidaten zur Oberbürgermeisterwahl im Herbst 2022 per Urwahl bestimmen. Die Mitgliederversammlung nahm am Mittwochabend einen Vorschlag des Stadtvorstands mit großer Mehrheit an. Das heißt: Im April dürfen die Mitglieder des Tübinger Stadtverbands darüber entscheiden, wer für die Grünen im Herbst 2022 für den OB-Posten in der Universitätsstadt antreten wird.
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Eine Nominierungsveranstaltung wie bei den beiden vergangenen Wahlen, als Boris Palmer der einzige Kandidat war, wird es somit nicht geben. Im Kampf ums Rathaus muss Palmer nun mit parteiinterner Konkurrenz rechnen. Bis zum 28. Februar dauert die Bewerbungsphase, im März sollen sich die Kandidaten auf einem Podium vorstellen.
Die Ortsvorsteherin von Tübingen-Weilheim und frühere Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat, Ulrike Baumgärtner, hat bereits Interesse bekundet. In der Einladung zur Versammlung hatte der Vorstand geschrieben: "Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass in der Frage der OB-Wahl die Streitlinie in der Stadt zurzeit nicht entlang einer Parteiengrenze geht, sondern mitten durch uns."
Amtsinhaber Palmer wollte sich am Mittwoch nicht zur Sache äußern. In dieser Woche werde er nichts weiter dazu sagen. "Ich überlege mir das in Ruhe", sagte Palmer der Nachrichtenagentur dpa.
Grüne werfen Palmer Rassismus vor
Wegen zahlreicher provokanter Äußerungen liegen die Grünen seit langem mit Palmer im Clinch. Auch die Grünen in Tübingen sind gespalten. Ein Parteitag der Grünen in Baden-Württemberg hatte Anfang Mai beschlossen, ein Parteiordnungsverfahren gegen Palmer anzustrengen. Anlass für diesen Beschluss war ein Facebook-Beitrag Palmers über den früheren deutschen Fußball-Nationalspieler Dennis Aogo, in dem der Oberbürgermeister das sogenannte N-Wort benutzt. Mit diesem Begriff wird heute eine früher in Deutschland gebräuchliche rassistische Bezeichnung für Schwarze umschrieben. Der OB beteuerte dagegen, seine Äußerung sei ironisch gemeint gewesen.
Doch das war nicht der einzige markante Spruch von Palmer. Im April 2020 äußerte er sich zum Umgang mit Corona-Patienten: "Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären", sagte er in einem Fernsehinterview. Im September 2018 behauptete Palmer, es gebe eine Häufung von Schwarzfahrern unter Flüchtlingen, und legte bei Facebook nach: "Es gibt ein Problem und es ist nicht harmlos." Die Bahn dementierte.
Im April 2018 regte er sich über einen wohl ruppigen Radfahrer mit dunkler Hautfarbe auf: "Das gehört sich für niemanden und für einen Asylbewerber schon dreimal nicht." Das nannte er später einen Fehler. Im September 2015 äußerte sich Palmer in der Flüchtlingskrise, dass Deutschland "nicht Platz für alle" habe. Im August 2017 erschien sein Buch "Wir können nicht allen helfen".
- Nachrichtenagentur dpa