Krise in Afghanistan Migrationsforscher erwartet keine Flüchtlingszahlen wie 2015
Es sei unlauter, wenn Politiker mit Warnungen vor einer Wiederholung des Jahres 2015 Ängste schürten, sagt der Migrationsforscher Steffen Angenendt. Der Vergleich sei aus mehreren Gründen "krumm".
Der Migrationsforscher Steffen Angenendt von der Stiftung Wissenschaft und Politik hält Warnungen vor Flüchtlingszahlen in Deutschland in einer Größenordnung wie 2015 und 2016 für überzogen. Es sei unlauter, wenn Politiker mit Warnungen vor einer Wiederholung des Jahres 2015 Ängste schürten, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
"Ich gehe davon aus, dass die Zahl afghanischer Flüchtlinge in der EU in den kommenden Monaten weiter wachsen wird, dass wir aber bei weitem nicht die Zahlen von 2015 und 2016 erreichen werden." In den beiden Jahren kamen mehr als 1,1 Millionen Asylsuchende nach Deutschland, viele von ihnen Syrer.
Syrische Flüchtlinge hatten "deutlich kürzere Wege"
Gleichwohl werde nicht nur die Zahl der Geflüchteten innerhalb Afghanistans zunehmen, sondern auch die Zahl jener, die versuchten, ins Ausland zu gelangen, sagte Angenendt. "Es wird zunächst neue Fluchtbewegungen nach Iran und Pakistan geben, in Länder, die schon seit langem viele afghanische Flüchtlinge aufgenommen haben, die zunehmend überlastet sind und in denen die Lebensbedingungen für die Flüchtlinge immer schlechter werden." Ob die Menschen dort bleiben könnten, hänge auch der der Unterstützung Deutschlands für diese Aufnahmeländer ab.
"Dass aber diese Menschen demnächst in sehr großer Zahl nach Europa weiterwandern, halte ich derzeit für wenig wahrscheinlich", sagte Angenendt. "Dagegen sprechen schon die große Entfernung und die damit verbundenen hohen Kosten." Der Vergleich sei auch deshalb krumm, weil 2015 und 2016 die meisten Flüchtlinge aus Syrien kamen. "Sie hatten also deutlich kürzere Wege nach Europa als die Afghanen."
Zudem hätten die meisten Transitländer zwischen Afghanistan und Deutschland in den vergangenen Jahren die Grenzüberwachung massiv verschärft. "Das macht die Flucht noch riskanter und teurer.
- Nachrichtenagentur dpa