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Besser als Laschet?
Panik-Söder im Daueralarm

MeinungEine Kolumne von Christoph Schwennicke

09.08.2021Lesedauer: 4 Min.
Markus Söder: Bayerns Ministerpräsident schlägt gerne mal Alarm.Vergrößern des Bildes
Markus Söder: Bayerns Ministerpräsident schlägt gerne mal Alarm. (Quelle: Rolf Poss/imago-images-bilder)
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Eins kann Markus Söder besonders gut: Alarm schlagen. Vor allem dann, wenn es um die Feuer bei anderen geht. Allzu gern wird vergessen, dass es in Bayern ebenfalls brennt.

Es gibt Begebenheiten im Laufe eines Journalistenlebens, die sind von bleibender Kraft. Und oft mit bestimmten Orten verbunden.

Etwa, als Gerhard Schröder nach der Bundestagswahl 1998 in der Wahlnacht eher bedröppelt und gar nicht richtig begeistert in seiner "Friesenstube" der Niedersächsischen Landesvertretung in Bonn saß. Er hatte gerade den Kanzler Helmut Kohl besiegt – und das leider so fulminant, dass er einer Koalition mit den von ihm als anstrengend empfundenen Grünen nicht mehr entkam. Dabei hätte er so gerne gemeinsam mit Volker Rühe von der CDU eine große Koalition als Kanzler geführt.

Oder jener denkwürdige Abend vor vier Jahren im Bierkeller der bayrischen Landesvertretung, wenige Wochen, nachdem die SPD Martin Schulz zu ihrem Kanzlerkandidaten erklärt hatte. Der kommende Ministerpräsident hatte eilig und alarmiert eine Journalistenrunde einberufen in die gute Stube. Denn die in Berlin, also seine Parteifreunde von der CDU, hatten wieder mal gar nichts begriffen aus seiner Sicht. Waren imstande, tranig ihrem Untergang bei der Bundestagswahl im Herbst entgegenzudämmern.

Christoph Schwennicke ist Geschäftsführer der Verwertungsgesellschaft Corint Media. Er arbeitet seit mehr als 25 Jahren als politischer Journalist, unter anderem für die "Süddeutsche Zeitung" und den "Spiegel". Zuletzt war er Chefredakteur und Verleger des Politmagazins "Cicero".

Nur einer sah die Gefahr und machte mit Verve darauf aufmerksam. Dieser Martin Schulz, den darf man nicht unterschätzen! Wieso schaut denn keiner auf die Umfragen! Hallo, aufwachen! Es gibt keine Garantie aufs Kanzleramt für die CDU!

Markus Söder, der Mahner und Seher in seinem Element. Der SPD-Mann Schulz erlebte zu jener Zeit gerade seinen ebenso kurzen wie grotesken Höhenflug. Angela Merkel sah diesem Spektakel tatenlos und seelenruhig zu. Das Ende ist bekannt.

Auch im Moment, es sind nicht einmal mehr 50 Tage bis zur Bundestagswahl, ist Panik-Markus wieder im Daueralarm. Warnt in einem Spiegel-Interview seinen Kanzlerkandidaten Armin Laschet vor dem Trugschluss, man könne im Schlafwagen ins Kanzleramt fahren. Sieht in seiner ganzen Fürsorglichkeit alle Stolpersteine Laschets und weist ihn darauf hin. Am liebsten, nachdem Laschet über dieselben gestrauchelt ist.

Politischer Hypochonder

Im Zuge der Pandemie haben Parteifreunde aus dem innersten Zirkel der CSU etwas an Markus Söder wiederentdeckt, was sie meinten, schon früher immer wieder an ihm festgestellt zu haben: eine Neigung zur Hypochondrie. Weil wir ihn nicht so gut kennen wie jene, die schon seit Junge-Union-Tagen mit ihm zu tun haben, kann unsereins nicht so genau beurteilen, ob das stimmt. Indizien aber sind definitiv vorhanden. Und eines steht fest: Ein politischer Hypochonder ist er in jedem Fall.

Er ist der Mann, der immer warnt. Zu seinem uneingeschränkten Nutzen, wie die Umfragen auch jüngst wieder zeigen. Das Gute am Dauerwarnen ist ja: Man hat in jedem Fall recht gehabt, wenn dann was passiert. Und wenn nichts passiert, war es jedenfalls gut, gewarnt zu haben. Das Warnen ist ein politischer No-Brainer. Idiotensicher. Damit macht man nichts falsch. Kommt immer gut an. Zumal in einem Land, in dem das strukturelle Angstgefühl eine feste Heimat hat.

Interessant ist das Muster, nach dem Markus Söder warnt. Da hinten brennt's!, ruft er jedes Mal. Und da hinten, das ist nie bei ihm. Sondern immer bei den anderen. Meistens bei Armin Laschet in Nordrhein-Westfalen. Das war schon in der Hochphase der Pandemie so, als Söder in Bayern auch keine guten Zahlen hatte (wie jetzt beim Impfen übrigens auch nicht), aber immer seinen besorgten Blick ins Bundesland seines Kollegen richtete.

Das ist jetzt so, wo er gerne über die begangenen Fehler seines Kontrahenten-Kandidaten spricht, oder aber über dessen Ungenügen, was die Energiegeladenheit für den Wahlkampf angeht. Da hinten brennt's, ruft Feuermelder Söder. Und da hinten, das ist dann eben immer da, wo Laschet sich gerade aufhält.

Das Problem Aiwanger

Der weitere Vorteil des Warnens vor dem Feuer in der Ferne: Es lenkt von den eigenen Bränden ab. Das beherrscht Söder sogar dann, wenn das Feuer bei ihm lichterloh lodert.

Als oberster Impfaufseher Deutschlands (noch mal: Die Quoten sind nicht berühmt in Bayern im Vergleich zu anderen Bundesländern) hat er es in seiner Staatsregierung mit einem Vizeministerpräsidenten zu tun, der als Impfverweigerer in der Öffentlichkeit irrlichtert. Was macht Markus Söder? Er macht sich Sorgen. Er sagt, er sorge sich, dass sich Hubert Aiwanger in eine Ecke der "Querdenker" begibt, aus der dieser nicht mehr herauskomme.

Das ist natürlich abermals sehr fürsorglich von Söder. Aber es lenkt davon ab, dass er mit diesem Mann und dessen Partei eine Koalition bildet. Es brennt hell und heiß direkt vor seiner Staatskanzlei. Und es ist nicht die erste Frage an Markus Söder, ob Herr Aiwanger sich in eine Ecke begibt, aus der es kein Entrinnen mehr gibt. Sondern die Frage, wie Söder mit so einem Mann weiterhin eine Koalition bilden und eine Regierung führen kann.

Auch bei Söder brennt's

Es ist legitim, dass Söder versucht zu glänzen, indem er vor allem die Fehler und Versäumnisse der anderen sieht. Es ist aber die Aufgabe einer kritischen Öffentlichkeit, dieses Spiel nicht so gefügig mitzumachen. Sondern zu sehen und zu benennen, wenn es bei Söder brennt. Und das tut es.

Weil er selbst so gerne auf die schlechten Umfragen der anderen schaut: Schauen Sie sich mal die aktuellen CSU-Werte in Bayern derzeit an, lieber Herr Ministerpräsident. Absolute Mehrheit wiedererobern? Weit entfernt davon. Minus zehn Prozentpunkte in den vergangenen zwölf Monaten. Von 49 auf 39 Prozent.

Bei Ihnen ist also Feuer unterm Dach, Herr Ministerpräsident. Kümmern Sie sich doch ausnahmsweise mal darum. Laschet kommt schon ohne Sie klar. Vermutlich sogar besser.

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