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"Frank der Reisende": Dieser Mann vernetzt auf Telegram die Umsturzideen


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Aufgespürt: Dieser Mann vernetzt alle Umsturzideen


Aktualisiert am 15.04.2021Lesedauer: 11 Min.
"Frank der Reisende": 4.000 Gruppen und Kanäle bei Telegram betreut der Mann, der seit 2018 ein Leben als Aussteiger führt.Vergrößern des Bildes
"Frank der Reisende": 4.000 Gruppen und Kanäle bei Telegram betreut der Mann, der seit 2018 ein Leben als Aussteiger führt. (Quelle: Lars Wienand, imago/imagebroker)
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Auf Telegram gärt der Protest gegen Corona-Maßnahmen und "das System". t-online und das ARD-Magazin "Kontraste" haben eine Schlüsselfigur gefunden: den Mann, der hinter Tausenden Kanälen und Gruppen

Frank friert. Der kalte Wind lässt das Sweatshirt an seinem knochigen Körper flattern, und dazu fliegen ihm Fragen um die Ohren, mit denen er nicht gerechnet hat. Die Sonne schien noch und es war warm, als er begonnen hatte, von Licht, friedvollen Absichten und dem Besten für alle Menschen zu erzählen.

Aber Frank Schreibmüller ist nicht irgendwer: Er drang mit mutmaßlichen Rechtsterroristen in eine Asylunterkunft ein und ist für Thüringens Verfassungsschutz selbst Rechtsextremist, er war Hochzeitsgast bei einem Sektenführer, er kooperierte mit der Anführerin des Sturms auf die Reichstagstreppen und unterstützte bei der Aktion DDay2.0 die Organisation von Blockaden auf der Autobahn.

Michael Ballweg, dem "Querdenken"-Gründer, hat er er nach eigenen Angaben Telegram erklärt: "Michael hat mich eingeladen, er wollte von mir mehr lernen darüber." Telegram war ein Schlüssel für das Aufkommen von "Querdenken", sagt Ballweg.

Der Nachrichtendienst ist für die meisten Nutzer vor allem zensurfreie Alternative zu WhatsApp, mit weniger Einschränkungen und mehr Möglichkeiten. In diesem Netzwerk gärt und organisiert sich der Corona-Protest. Und Frank ist so etwas wie die Spinne im Netz. Er ist mittendrin und hat den Auf- und Ausbau seit Jahren vorbereitet.

Frank hat bereits 2018 auf Telegram ein Netzwerk für Gelbwesten in Deutschland aufgebaut, in dem vom Umsturz geträumt wurde. Auf Telegram ist "Frank der Reisende" wahrscheinlich der aktivste Nutzer in Deutschland und der am besten vernetzte.

Er ist an bis zu 4.000 "Projekten", beteiligt, wie er das nennt. Das sind viele Gruppen und noch mehr Kanäle in dem Messengerdienst. Technisch sind dafür Hunderte SIM-Karten nötig. t-online und das ARD-Politikmagazin "Kontraste" haben ihn ausfindig gemacht und tiefe Einblicke gewonnen.

Bevor es Ende März zur ersten Kontaktaufnahme bei einer Demo in Ulm kommt, liegen hinter dem Rechercheteam bereits wochenlange Nachforschungen. Die Reporter wissen zu diesem Zeitpunkt aus Tausenden Beiträgen in Dutzenden Telegram-Gruppen und Kanälen schon viel über Frank. Kaum jemand kennt ihn noch unter seinem Namen Schreibmüller. "A. d. F. (aus der Familie) Schreibmüller", wie er selbst mal schrieb. Eine solche Namensgebung ist Reichsbürger-typisch.

Seit er keinen festen Wohnsitz mehr hat, mal hier, mal dort lebt, nennt er sich "Frank der Reisende". Er hält sich da auf, wo seine Hilfe gerade benötigt wird. So sieht er das. Denn Frank wird nicht nur gerne gefragt, er hilft auch gern. Gerade in Österreich, bei einer wichtigen Figur der "Querdenker"-Szene.

Frank ist im Team von Alexander Ehrlich, dem Mann, der "Honk for Hope" ("Hupen für Hoffnung") gegründet hat und der zuerst Busreisen zu Demos organisierte und längst Demos selbst organisiert. Nach Ulm ist Ehrlich aber ohne Frank gekommen und rät zu einer Mail an seinen Assistenten.

Gut eine Woche später gibt es Kontakt zu Frank: "Ich verstecke mich nicht", schreibt er. Er könne etwas erzählen, wie er Menschen mit dem Ziel unterstützt, "dass wir eines Tages wieder in einer besseren, freundlicheren, lebensbejahenden, liebenswerten Welt aufwachen können". Er schlägt einen Treffpunkt in der Natur vor, "da im Freien keine Maskenpflicht herrscht".

Ohne Maske hat ihn die Bundespolizei in Erfurt im vergangenen Jahr aus dem Zug geholt. Von ihm war dann zu lesen: "Die haben nicht mal annähernd eine Ahnung, wer da bei ihnen in der Dienststelle saß. Ich bin in der BRD nicht existent." Er hatte nur ein Attest eines Kasseler Arztes dabei, der sie blanko angeboten und in Videos vor einem "Q" in den Farben des Deutschen Reichs beworben hatte. Mit dem Arzt hat Frank auch auf Telegram kooperiert, schrieb er. Natürlich.

Das Treffen mit Frank soll am Neufelder See stattfinden, 50 Kilometer südlich von Wien. Frank fühlt sich sehr verbunden mit der Natur. Manchmal schläft der Thüringer im Freien, im Zelt oder auch ohne, hat er geschrieben. Im naturbelassenen Zeitzgrund in Thüringen hatte er eine Hunderte Jahre alte Mühle mit Biergarten geführt.

Bis er von dort verschwand. Warum er 2018 dem Fleisch und seiner alten Welt Lebewohl sagte, ist nur eine von vielen Fragen.

Die Reporter von t-online und Kontraste warten auf einem Parkplatz im nahen Dorf. Um 12 Uhr soll das Treffen beginnen, aber Nachricht von Frank lässt auf sich warten. War das Ganze doch nur ein Scherz, um die Reporter der aus seiner Sicht "Mainstream-Medien" zu versetzen? Was dagegen spricht: Frank ist in den Chats immer ausnehmend höflich, das würde er wohl nicht tun. Und es würde auch nicht in seine Strategie passen: Jede Nennung von Telegram ist für ihn Werbung.

Um kurz vor halb eins ruft er an: Treffen ist am Eingang zum Seebad. Er wartet scheinbar allein. Er schlägt vor, eine Bank zu nutzen und geht zum Gebäude: Nachfragen, ob er sie versetzen darf. Niemanden verärgern, sogar bei so einer Selbstverständlichkeit fragt er: Das ist wohl die Botschaft. Frank sonnt sich in den warmen Strahlen, in Harmlosigkeit und Friedfertigkeit. Er will Auskunft geben, "so lichtvoll, wie ich nur kann".

Wie Frank zum Aussteiger und Aktivisten wurde

Als er in München 2019 in eine Asylbewerberunterkunft eingedrungen ist, hat er nicht nachgefragt. Ermittlungen deshalb laufen noch. Er war in gelber Weste unterwegs, andere Eindringlinge trugen Jacken der "Wodans Erben Germanien". Ihr Führer in Bayern, Frank H., steht seit Dienstag in Stuttgart mit elf anderen Mitgliedern der Gruppe S. vor Gericht. Laut Ermittlungsakten gingen Pläne in der Gruppe sogar so weit, auf einen Schlag alle Politiker im Reichstag auszuschalten. Frank und Frank H. trafen sich mehrfach.

Schreibmüller, der nicht so genannt werden will, ist doch nicht allein zum See gekommen. Der "Honk for Hope"-Gründer Alexander Ehrlich kommt angeschlendert, mit ihm eine Frau mit Sonnenbrille und Maske aus einem schwarzen Netz. Sie filmt, wie gefilmt wird, will aber selbst nicht auf Bildern sein. Die Frau war unter den "alternativen" Journalisten, die AfD-Abgeordnete im vergangenen Jahr in den Bundestag eingeschleust und damit einen Eklat ausgelöst hatten.

Frank erklärt seinen Ausstieg ausschweifend, er spricht von einer "Befreiung vom Angstmodus". Wer die Welt nicht verändern könne, der müsse dann einen anderen, eigenen Umgang damit wählen. Die Kurzfassung ist wohl: Für einen Geschäftsmann war er im EDV-Geschäft zu nachgiebig, als Gastronom kam er auf keinen grünen Zweig, und das lag aus seiner Sicht auch am System. Man solle "in Abhängigkeit gehalten werden".

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Frank war zuvor schon seit Jahren in einem Reichsbürger-"Netzwerk der Staatsangehörigen" aktiv. Auf Facebook warb er 2016: "Hier findet ihr jede Menge Gleichgesinnter, wacht auf, vernetzt euch." Nur nicht auf Facebook: "zu gefährlich". Gegen Facebook hat er etwas, und gegen WhatsApp inzwischen auch.

Dabei hat er dort das größte deutschsprachige Netzwerk aufgebaut, erzählt er im Interview. "Was wir heute auf Telegram haben, ist aber 20-fach größer." Das ist durchaus bescheiden, denn auf Telegram schrieb er: tausendfach größer.

Im Februar 2019 forcierte der Netzwerker eine Kampagne "WhatsApp zu Telegram". "Wir haben das auch schon selber zu 100en in WhatsApp gepostet", erklärte er. Im Kanal zu der Aktion stehen damals rund 50 verschiedene Grafikvorlagen bereit, die Argumente liefern sollten. Eines davon: "In WhatsApp wird die nächste Revolution an dir komplett vorbeigehen." Keine Revolution ohne Telegram – das ist die Botschaft.

Und auf Telegram mit Franks Hilfe auch ohne Gegenrede: Wenn er einen Nutzer sperrt, handelt der sich "eine Art Telegram-Aus" ein, erklärte er im August: Eine Sperre galt dann gleich für 263 Gruppen. Vernetzung und Bots machen es möglich, und Frank hat einen eigenen Bot programmieren lassen, den er auch zur Nutzung und als Arbeitserleichterung anbietet.

Wie Franks riesiges Netzwerk funktioniert

Es ist kühler geworden am See. Frank antwortet weiter geduldig, aber eine Frage behagt ihm erkennbar nicht. Es geht darum, dass er, wenn es um seine Telegram-Aktivitäten geht, mal von "Ich" und mal von "Wir" spricht. Aber das ist durchaus konsequent. Denn Frank arbeitet nicht alleine.

"Heiko Müller kennen Sie auch?", sagt er irritiert. Heiko Müller aus Baden-Württemberg ist nach den Recherchen von Anfang an dabei. Das ist ein Mann, der Unterstützer war bei einem zeitweiligen Plan, ein West-Pegida aufzubauen. "Zu Heiko kann ich nichts sagen", erklärt Frank nur knapp.

Dabei spielt er für seinen heutigen Erfolg offenbar eine wichtige Rolle: "Wenn es Heiko und mich nicht gegeben hätte", sagte Frank Anfang 2020 auf einer Sprachnachricht, "dann gäbe es den größten Teil der Telegram-Netzwerke nicht, die haben wir gebaut." Etliche Gruppen und Kanäle hat Müller angelegt, dann Frank dazu geholt, Frank antwortete mehrfach Nutzern auf Fragen, er müsse "erst Heiko fragen". Müller will auf telefonische Anfrage von t-online zu seinen Telegram-Aktivitäten nichts sagen.

Fürs riesige Telegram-Netzwerk braucht es aber auch noch weitere Administratoren und Helfer. Technisch können mit einem Account nur zehn öffentliche Projekte gegründet werden, dann ist ein neuer Account mit anderer SIM-Karte nötig. Für Franks Netzwerk sind also Hunderte Accounts notwendig. Von 200, 300 SIM-Karten war mal die Rede. Er habe die nicht, "das macht jemand anderes". Telefonkarten ohne Registrierung sind auch auf Telegram zu bekommen.

Frank spricht lieber darüber, wovon er lebt. Angestellt sein und Dinge gegen seinen Willen tun, das werde er nie. Aber er könne mit seinen technischen Fähigkeiten Menschen etwas geben, die Hilfe bräuchten. Fast philosophisch formuliert er: "Wer von Herzen gibt, darf auch in voller Liebe empfangen. Damit kann man durchaus leben."

Die Vergütung kann unterschiedlich ausfallen. Für die "Organische Christus-Generation", eine Sekte des Schweizer Laienpredigers Ivo Sasek, hatte er Kanäle angelegt, auch für den sekteneigenen Sender klagemauer.tv, der Verschwörungsprogramm und Sendungen nach dem Geschmack von "Querdenkern" produziert. Heute sei er nicht mehr Inhaber dieser Projekte, "sondern nur noch manchmal in der Moderation tätig".

Die Sekte dankte ihm 2019 mit einer Einladung zur "Anti-Zensur-Koalition", einem jährlichen Stelldichein für rechte Esoterik, Verschwörungstheorien, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Geschichtsrevisionismus. Und er traf mit Heiko Müller die ganze Familie Sasek und wurde zur Doppelhochzeit von zwei der zehn Kinder des Sektenchefs eingeladen. "Es war ein Geschenk, eingeladen und familiär aufgenommen worden zu sein." Frank und Heiko Müller saßen weit vorne, wie ein Video zeigt.

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Im Frühling 2020 nahm Müller auch viele gemeinsame Filmchen mit Frank auf. "Corona-Fantasien über dem tiefen Loch ..." heißt eines, es wurde in einem Steinbruch aufgenommen. "Hier könnte man den ein oder anderen Politiker hinschicken. Oder Banker", erklärt Müller in dem Video – und Frank nickt. "Das ist eure Zukunft, wenn es zu einem Wechsel kommt." Also Zwangsarbeit für Politiker und Banker? Müller relativiert am Telefon, das sei "Satire".

Am See sagte Frank, dass er sich daran nicht erinnern kann. Aber er würde "dieser Redewendung nicht zustimmen". Der bisher so ruhige Mann wird jedoch emotionaler, als er im Interview gefragt wird, wie denn nach seiner Vorstellung eine Regierung aussehen sollte. "Regierung, da steckt 'Gier' schon drin!"

Und wie soll es ohne Regierung gehen, was stellt er sich vor? Er ist auf der Hut: Wenn er von Wechsel rede, dann sei das etwas, wo sich die Menschen gemeinsam auf ein besseres, friedlicheres Miteinander verständigten. Wie? Es bleibt nebulös.

Vielleicht, weil es Strategie ist, nicht klar über Ziele zu sprechen. In einer Gruppe berichtete "der Reisende" aus Gesprächen, die brisant sind. "Querdenken"-Gründer Michael Ballweg habe öffentlich nur von Neuwahlen gesprochen, um den Mainstream zu täuschen. Über Ziele könne man nicht reden, schrieb Frank vor der zweiten großen Demo in Berlin im August. "Sonst kommt keiner mehr, und die Mainstreammedien zerreißen dich in der Luft."

Bei Ballweg sei er gewesen, um ihm Telegram zu erklären, sagt Frank im Interview. Ballweg teilte am Donnerstag mit, "Frank der Reisende“ adminstriere Telegram-Gruppen, allerdings nicht die von Querdenken-711. Die Aussagen könne er nicht beurteilen, da sie ihm nicht bekannt seien. Es sei nicht seine Aufgabe, Telegram-Posts von Nutzern zu kommentieren.*

Im Messengerdienst berichtete Frank auch von einem Treffen mit Bodo Schiffmann, dem Schwindel-Arzt, der mit weinend vorgetragenen Lügen zu toten Kindern aufgefallen ist. Schiffmann, zu der Zeit Parteigründer, lehne Parteien ab, "sonst hätten wir ihn gar nicht unterstützt. Es wird in den nächsten Jahren sowieso nicht mehr gewählt", schrieb Frank da. Schiffmanns damalige Partei "Widerstand 2020" durfte bereits bestehende Frank-Gruppen verwenden.

Wie Frank seine Rolle relativiert

Es ist zu kalt im eisigen Wind. Die Bank muss an einen anderen Platz, nicht mehr direkt am Wasser, sondern windgeschützt neben einer Hütte. Frank trägt jetzt seine Lederjacke. Es könnte jeden Moment anfangen zu regnen.

Eine Frage erwischt ihn wie ein kalter Schauer: Er hat in Telegram-Gruppen geschrieben, dass er bei "Querdenken"-Veranstaltungen hinter den Bühnen "Koffer mit Scheinen gesehen [hat], davon träumt jeder Unternehmer." Es seien vor allem Scheine von 20 Euro aufwärts gewesen, "und die Koffer in Reisekoffer-Größe gingen kaum noch zu."

Frank will nun darüber nicht reden. "Ich glaube, damit tue ich weder Ihnen noch mir einen Gefallen", sagt er.

Der "Honk for Hope"-Gründer Ehrlich schaltet sich ein. Vorhin hat ihm eine Windböe sein auf den Boden gelegtes Face-Shield davongeweht. Für "inhaltlich fundiertere Angaben zur Finanzierung der Friedensbewegung" sei Frank der falsche Ansprechpartner, sagt er jetzt. Frank sei schließlich Techniker.

Und auch für die Fragen zur Politik sei Frank der falsche. Er regt sich auf über die Frage an Frank, ob von ihm betriebene Projekte vielleicht missbraucht werden könnten. "Alexander Graham Bell, den Erfinder des Telefons, hat auch niemand gefragt, wie er es findet, wenn damit Menschen bedroht werden. Frank stellt eine Struktur bereit."

Politikwissenschaftler Josef Holnburger, Geschäftsführer des Centers für Monitoring, Analyse und Strategie (Cemas), widerspricht der Relativierung: "Nach meiner Einschätzung hat er 'Querdenken' durch seine Infrastruktur durchaus beeinflusst. Durch seine Werkzeuge waren Mobilisierungen wie in Berlin und zuletzt auch Kassel oft möglich."

Holnburger meint Gruppen und Kanäle von und mit Frank: Sie tragen Demo-Termine zusammen, sie dienen zum Austausch über Unterkünfte und Mitfahrgelegenheiten für Demos. Derartige Gruppen gehörten früh zu seinen Projekten. "Frank der Reisende" erklärt: "Wenn ich ein Thema sehe, mache ich ein Projekt."

Xavier Naidoo war auch eines. Er ist zum Fan geworden, "ein toller Mensch", für den hatte er schon Kanal und Gruppe angelegt, als der Mannheimer zu Telegram stieß. Vor einem Jahr hatten Naidoos Videos und Aussagen zu von Eliten gefangen gehaltenen Kindern den Dienst Telegram erstmals in Deutschland zu einem großen Thema in der Öffentlichkeit gemacht, mit einem flüchtlingsfeindlichen Lied hatte Naidoo nachgelegt. Naidoo hatte das die Kündigung von RTL eingebracht. Naidoo und Frank schreiben im Naidoo-Kanal und Gruppen, aber laut Frank nicht direkt miteinander.

Frank hat zuletzt auch einen Kanal für Nena vorbereitet, sagt er. Und die Sängerin über ihren Webmaster davon informiert. Nena sei schon bei Telegram. In der Szene ist die Hoffnung groß, dass sie wie Naidoo oder der Wendler zum nächsten Verstärker von Verschwörungsideologien wird.

Frank hilft mit, dass Grenzen verschwimmen: Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan J. Kramer weiß von Frank. Er sagt: "Hier zeigt sich sehr deutlich, dass wir Überschneidungen haben zwischen der Reichsbürger-Szene, und der Hardcore-Rechtsextremismus-Szene und jetzt, wie wir eben auch feststellen, mit der 'Querdenken'-Szene und der insgesamt aufgeheizten Anti-Corona-Lage."

Wie ist Frank wirklich?

Holnburger ist der Ansicht, dass Frank die Vernetzung mit rechtsextremen Akteuren und sein verschwörungsideologisches Weltbild mit seiner Infrastruktur auch in die Gruppen und Kanäle transportiert hat. "Er hat vermutlich durchaus zur Radikalisierung der Szene beigetragen."

Was die Sache so kompliziert macht: Es gibt auch den Frank, der nicht in dieses Bild passt. In seiner Gruppe "Islamisierung – Pegida gegen Moscheebau, Kopftuch, ..." schreibt er sogar: Jeder solle glauben, was er möchte. Seine Erklärung im Interview: "Nur weil wir alle Themen aufgebaut haben, heißt das nicht, dass ich mich mit allen identifiziere."

Er begegne jedem Menschen, so wie er jetzt den Journalisten begegne", sagt er im Interview. "Menschlich, respektvoll, höflich, miteinander freundlich." Er sei gegen jeden Extremismus und gegen jede Gewalt.

Dazu passt nicht, wie er öffentlich einen Artikel über Deutschlands ersten Maskenautomaten kommentiert hat: "Sprengen." Das habe er im Affekt geschrieben, erklärt er. "Es ist nicht meine Absicht, fremdes Eigentum zu zerstören. Ich möchte mich entschuldigen."

So geht es weiter: Das Eindringen in die bewohnte Asylbewerberunterkunft? Er sei eingeladen worden, als "friedlicher Aktivist der Gelbwesten" gekommen und habe nicht gewusst, was dort geschehen werde. "Ich wollte keine Differenzen anrichten."

Für die NPD hat er deren "Schutzzonen"-Bürgerwehr-Idee bewerben wollen, "bitte eröffnet dafür eine Telegramgruppe und oder einen Kanal, dann kann ich es bewerben", schrieb er.

Einen Fackelmarsch der Neonazi-Partei "III. Weg" in Plauen hat er per Telegram beworben und ist auch selbst mitgelaufen. Seine Erklärung wirkt lahm. "Ich wusste gar nicht, dass das eine Partei ist. Für mich war das Spazierengehen mit Licht, eine sehr angenehme Form des Spaziergangs."

Dazu muss sich Ehrlich wieder melden. Es sei schlimm, wie Menschen nichtsahnend auf den "III. Weg" hereinfallen, sagt er, Abgrenzung von Nazis und Neonazis sei wichtig.

Frank ging weit vorne neben dem großen Banner. Darauf stand: "Multikulti tötet".

Das ARD-Politikmagazin Kontraste berichtet am 15. April in der Sendung um 21.45 Uhr über das Thema.

*Der Text wurde nach der Antwort von Michael Ballweg aktualisiert.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Telegram
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