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Kla.tv zur Corona-Krise: Sekte steckt hinter vermeintlich seriösen Nachrichten


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Die Krisenprofiteure
Wie eine Sekte das Coronavirus für ihre Propaganda nutzt


Aktualisiert am 14.05.2020Lesedauer: 3 Min.
Ausschnitt aus dem Video von kla.tv: Hinter der angeblichen Aufklärung steckt eine Sektenagenda.Vergrößern des Bildes
Ausschnitt aus dem Video von kla.tv: Hinter der angeblichen Aufklärung steckt eine Sektenagenda. (Quelle: Screenshot: kla.tv/t-online.de)

Die Videos sehen wie Nachrichten zum Coronavirus aus. In sozialen Medien werden sie tausendfach verbreitet. Doch Unbedarfte sitzen einer Strategie der Angst auf.

Ernst schaut die Moderatorin in die Kamera: das Coronavirus – tatsächlich eine im Labor hergestellte Biowaffe? Wurde sie absichtlich freigesetzt? Hängt vielleicht sogar der US-Milliardär George Soros mit drin? Das seien ernsthafte Fragen, heißt es in dem zehnminütigen Video, das auf YouTube bereits fast 500.000 Mal angeschaut wurde. Der produzierende Kanal "klagemauerTV" hat seit Beginn der Corona-Krise Tausende neue Abonnenten hinzugewonnen. Die Videos vergrößern die Reichweite einer Sekte beträchtlich.

Aussteiger schildern Gehirnwäsche und Misshandlungen

Denn das Format ist keineswegs Produkt eines seriösen Nachrichtensenders: Selbst kurzen Faktenchecks – wie hier bei der Plattform "Mimikama" – halten die Behauptungen nicht stand. Es wird verdreht und verzerrt, mit Halbwahrheiten gearbeitet. Hergestellt werden die Videos von Anhängern der Organischen Christus-Generation (OCG) mit Sitz in der Schweiz. Die Sekte des Predigers Ivo Sasek wähnt sich im Krieg gegen Satan und fordert eine vollkommene Unterordnung des Individuums unter "die Autorität Gottes" in einem kollektivistischen "Organismus" – Aussteiger schildern Gehirnwäsche und Zwang, Abschottung und Misshandlungen. Davon ist im Video nichts zu sehen.

Aber das Spiel mit der Angst, der Glaube an dunkle Mächte hinter dem Weltgeschehen lockt in der Krise Unbedarfte an. Nie zuvor wurde eines der Videos von "kla.tv" so oft aufgerufen. Ein Überraschungserfolg, den die Macher offenbar zu wiederholen versuchen. Seit dem Klickhit erschienen auf dem Kanal Dutzende weitere Beiträge, die das Coronavirus oder das Impfen zum Thema haben. Die Krise passt bestens ins ideologische Konzept der Sekte, das laut Aussteigern darauf abzielt, staatliche Ordnung möglichst zu zersetzen. Die Außenwelt gilt als ein zu bezwingender Gegner, um das Reich Gottes auf Erden zu verwirklichen.

Aussteiger: "Das ist ein Überwachungskonstrukt"

"Grundsätzlich geht es darum, das System zu destabilisieren – die wollen selbst das Sagen haben", sagt der Aussteiger Dieter, dessen richtiger Name t-online.de bekannt ist, der aber anonym bleiben will, da er sich vor der Rache der Sekte fürchtet. Denn erst vor Kurzem berichtete der Bayerische Rundfunk über Feindeslisten und Datensammlungen, die Mitglieder der Gemeinschaft über vermeintliche Gegner und Kritiker anlegen. "Das machen sie, um Leute erpressbar zu machen, um einzuschüchtern", sagt Dieter. So gehe es auch in der Gruppe selbst zu. Jedes Wort werde überprüft, private Korrespondenz gelesen, Kinder spionierten Eltern aus. "Das ist ein Überwachungskonstrukt."

Schon oft wurden derlei Vorwürfe gegen die Gruppe erhoben. Gründer Ivo Sasek will davon nichts wissen. Es gebe keinen psychischen Druck und keine Abschottung der Mitglieder von der Außenwelt in der OCG, schrieb er beispielsweise auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. Die Menschen hätten sich freiwillig "von selbst in dieses Generationsereignis" gefügt. Er sei auch stets von den Behörden für die Erziehung seiner eigenen Kinder "hoch gelobt" und "wiederholt von jeder strafbaren Handlung freigesprochen" worden.

Sasek: "Schone deine Rute nicht"

Denn auch das ist ein wiederkehrender Vorwurf gegen die Sekte: die mutmaßliche Misshandlung von Kindern. Sasek selbst empfiehlt in einer seiner zahlreichen Glaubensanleitungen: "Das Brechen des Willens des Kindes ist daher die fundamentalste Grundlage und zugleich wichtigste Aufgabe einer gottgemäßen Kindererziehung und Bewältigung der Sündenmacht." Ein Mittel dazu ist seiner Ansicht nach die körperliche Züchtigung: "Sind sie aber widerspenstig und böse oder entgegen der Ermahnung wild, unbändig und übermütig, so schone deine Rute nicht." Unter Rute verstehe er "ein etwa 50 cm langes und 5 mm dickes Bambusrütchen".

Auch Aussteiger Dieter berichtet von regelmäßigen Schlägen in Kindheit und Jugend. Seine Schilderungen scheinen angesichts der Schriften Saseks durchaus glaubhaft. Demnach spielt die Unterwerfung des Einzelnen unter die Autoritätsstruktur der Gruppe eine zentrale Rolle. Kinder sollen den Eltern dienen, Frauen dem Ehemann. "Bitte lasst es euch doch sagen, liebe Ehefrauen: Nur solange ihr hundertprozentig unter der Autorität eurer Ehemänner lebt, lebt Ihr auch tatsächlich unter der Autorität Gottes. Eure Männer, und wären sie auch ebenso gottlos und despotisch wie der leibhaftige Nero, sind euer Haupt – an Gottes statt!"

Weite Bevölkerungsgruppen erreicht die "Organische Christus-Generation" mit derlei Botschaften nicht. Beobachter schätzen die Anzahl der Anhänger auf etwa 2.000. Das YouTube-Format aber eröffnet völlig neue Zielgruppen.

Die OCG suche gezielt nach ohnehin in Medien präsenten Themen, um sie für ihre Agenda zu nutzen, berichtet Dieter. "Es geht dabei nicht um Wahrheit." Es gehe darum, Angst zu schüren.

Verwendete Quellen
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