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Virologin bei Markus Lanz: "Was wir hier machen, ist ein Durchseuchungskurs"


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Virologin Brinkmann bei "Markus Lanz"
"Im Sommer sind wir mit Corona noch lange nicht durch"

Eine TV-Kritik von Nina Jerzy

Aktualisiert am 02.04.2021Lesedauer: 3 Min.
Die Virologin Melanie Brinkmann bei Markus Lanz (Archivbild). Sie wirft dem Bund Planlosigkeit vor.Vergrößern des Bildes
Die Virologin Melanie Brinkmann bei Markus Lanz (Archivbild). Sie wirft dem Bund Planlosigkeit vor. (Quelle: teutopress/imago-images-bilder)

Die Virologin Brinkmann wirft Bund und Ländern eine gefährliche Planlosigkeit vor. Die Folge seien ein "Durchseuchungskurs" und ein harter Sommer 2021. Unterdessen verrät Kretschmer: Er wollte Söders Brandbrief nicht unterzeichnen.

Die Gäste:

  • Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident Sachsens
  • Melanie Brinkmann, Virologin, Leiterin des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung
  • Wolfgang Kubicki, stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP
  • Anja Maier, Journalistin vom "Weser-Kurier"

Es dauerte keine zehn Minuten, da liegen bei "Markus Lanz" die Nerven blank. "Das ist an den Haaren herbeigezogen", wies Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer die Kritik des Moderators an der Impfstoffbeschaffung der Europäischen Union zurück. Der war von der ungewohnt harschen Retourkutsche gleich zu Beginn der Sendung derart angefressen, dass er Lippen-beißend auf dem Sitz wippte. "Sie schieben der Bevölkerung den Schwarzen Peter zu", beschwerte sich Lanz umgehend, als Kretschmer die Bilder feiernder Menschen in Parks kritisierte und erklärte dieses Verhalten seinerseits mit dem Kommunikationschaos der vergangenen Zeit. "Ich würde es nicht so platt formulieren", tadelte da selbst Wolfgang Kubicki. Das will schon was heißen, wie der Moderator einsah: "Entschuldigung, ich bin etwas erregt." "Ich werde wahnsinnig", sagte auch Virologin Melanie Brinkmann, hatte dafür aber einen besseren Grund.

Sie warf den Verantwortlichen in Bund und Ländern nach über einem Jahr Corona-Pandemie völlige Planlosigkeit vor. "Wir haben noch nie ein einheitliches Ziel formuliert. Was ist das Ziel? Die Intensivstationen nicht zu überlasten? Das ist ein ziemliches bescheuertes und absolutes falsches Ziel", kritisierte die Leiterin des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung. Außerdem habe das zu nichts geführt. Hohe Todeszahlen und Dauer-Lockdown würden beweisen: "Wir haben den schlechtesten Weg gewählt." Dabei hätten Experten frühzeitig vor den gefährlichen Corona-Varianten gewarnt. Ihr hartes Urteil über die Lockerungen in Zeiten steigender Fallzahlen: "Was wir jetzt hier machen, ist ein Durchseuchungskurs."

Virologin: Corona auch 2022 ein Thema

Wer hofft, der Sommer werde die Probleme schon irgendwie wegheizen, muss sich laut der Virologin auf ein böses Erwachen einstellen. Denn diese Prognose fällt für sie in dieselbe Kategorie wie das geplatzte Testversprechen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). "Es ist eine fatale Kommunikation, weil es einfach nicht eintreffen wird. Es ist immer schlecht, etwas zu versprechen, wenn man schon weiß, das kann man gar nicht erreichen. Dann enttäusche ich natürlich die Bevölkerung", warnte Brinkmann. "Die Wahrheit ist, dass wir im Sommer mit dieser Pandemie nicht durch sind." Ihre Prognose: "Diese Pandemie wird uns nächstes Jahr auch noch beschäftigen." Dabei seien Ärzte und Pflegekräfte bereits am Ende ihrer Kräfte: "Die können nicht mehr."

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Die Professorin von der Technischen Universität Braunschweig forderte einen wieder strengeren Lockdown sowie flächendeckende Tests in Betrieben und Schulen, damit die Zeit bis zu einer breitangelegten Impfkampagne überbrückt werden kann: "Es bringt doch nichts, die Zahlen hochgehen zu lassen. Ich möchte aus diesem Dauer-Lockdown herauskommen."

Kretschmer verlangt Kraftanstrengung

Ministerpräsident Kretschmer appellierte an die Bevölkerung, sich wie schon im vergangenen Jahr den Ernst der Lage bewusst zu machen. "Wir brauchen eine Bewusstseinsbildung", forderte der CDU-Politiker. Viele Menschen seien erschöpft und hätten die Pandemie weitgehend ausgeblendet.

"Es gibt überhaupt kein Halten, wenn wir nicht aktiv eingreifen", warnte Kretschmer aber angesichts der sich auftürmenden dritten Corona-Welle. "Es braucht eine große, gemeinsame Kraftanstrengung." Dann könne die Zeit bis Ende Mai überbrückt werden, wenn Millionen von Impfdosen pro Woche zur Verfügung stünden. Als Lanz wissen wollte, warum Deutschland eigentlich im Gegensatz zu den USA keine Produktionsstätten für hierzulande entwickelte Impfstoffe aufgebaut habe, verwies der Ministerpräsident darauf, dass im Hochlohnland Deutschland eher auf die Forschung gesetzt wird und "wir uns darauf konzentriert haben, dass der Impfstoff in anderen Ländern produziert wird".

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Zweimal wich Kretschmer der Frage des Moderators aus, ob er eigentlich vorab vom Brandbrief seiner Kollegen Markus Söder (CSU) und Winfried Kretschmann (Grüne) gewusst hatte und womöglich sogar gefragt worden war, ob er ihn unterzeichnen will. Die Beiden hatten ihre 14 Länderkollegen öffentlich zu mehr Solidarität und einem konsequenteren Kampf gegen die Pandemie aufgefordert. Kretschmer sagte zunächst nur, er selbst hätte einen solchen Brief nicht verfasst. Spalten und Vorwürfe würden derzeit nichts bringen. Lanz fragte aber ein drittes Mal nach: Haben Söder und Kretschmann bei ihm angeklopft? Da gab der ansonsten durchaus auf Gegenwehr gebürstete Gast nach: "Ich wurde gefragt, aber ich habe ihn nicht mitunterschrieben."

Verwendete Quellen
  • Bericht zum offenen Brief von Söder und Kretschmann
  • "Markus Lanz" vom 1. April 2021
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