Engere Zusammenarbeit Maas bietet USA "New Deal" – doch einen Streitpunkt lässt er aus
"Amerika ist zurück", rief der neue US-Präsident Biden den Europäern zu. Jetzt antwortet Außenminister Maas: "Deutschland ist an Ihrer Seite." Es bleiben aber Fragen offen.
Bundesaußenminister Heiko Maas will die Beziehungen zu den USA nach dem Tiefpunkt in der Ära des früheren US-Präsidenten Donald Trump auf eine neue Grundlage stellen. In seiner ersten größeren Rede zu den transatlantischen Beziehungen seit dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Joe Biden bot Maas den Vereinigten Staaten am Dienstag einen "New Deal" an. Dazu sollen ein gemeinsamer Kampf für Demokratie, mehr deutsche Verantwortung bei der Lösung von Konflikten in der europäischen Nachbarschaft und eine gemeinsame Strategie gegenüber China und Russland gehören.
Biden hatte den Europäern bei der Münchner Sicherheitskonferenz vor drei Wochen als zentrale Botschaft übermittelt: "Amerika ist zurück." Maas sagte nun, die Antwort laute: "Deutschland ist an Ihrer Seite." Konkret bekannte sich der SPD-Politiker zu einer weiteren Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben, sprach sich für Verhandlungen über branchenspezifische Handelsabkommen und die Wiederbelebung der transatlantischen Zusammenarbeit beim Klimaschutz aus.
Anlass war eine Online-Veranstaltung des US-Forschungsinstituts Brookings zur Einrichtung eines Lehrstuhls für transatlantische Beziehungen.
Maas' Kernaussagen im Überblick:
► Kampf für Demokratie: Maas unterstützte die Idee Bidens, sehr bald die großen Demokratien der Welt zu einem Gipfel einzuladen. Er plädierte für internationale Maßnahmen gegen Falschinformationen und Verschwörungstheorien. "Hassrede, Manipulation und Desinformation untergraben das Vertrauen, das wir ineinander haben. Wir brauchen daher bessere Regulierung, auch auf internationaler Ebene."
► Mehr Verantwortung bei der Konfliktbewältigung: "Unser Ziel ist ein Europa, das seiner Nachbarschaft Stabilität bringen kann", sagte Maas. Er verwies auf die diplomatischen Bemühungen Deutschlands zur Lösung des Libyenkonflikts und das Engagement der Bundeswehr in Afghanistan. Er betonte aber auch, dass sich Europa in der Sicherheitspolitik nicht von den USA abkoppeln wolle: "In europäische Souveränität zu investieren bedeutet, in die transatlantische Partnerschaft zu investieren." Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte mit Forderungen nach europäischer Eigenständigkeit in Sicherheitsfragen für Aufsehen gesorgt.
► Verteidigungsausgaben: Sie waren Trumps Hauptangriffsziel bei seinen Attacken gegen Deutschland, aber auch seine Vorgänger hatten bereits mangelnde Investitionsbereitschaft im militärischen Bereich moniert. Maas verwies darauf, dass die deutschen Verteidigungsausgaben seit 2014 um 50 Prozent gestiegen seien. "Auf diesem von uns eingeschlagenen Weg werden wir weiter voranschreiten." Anders als Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (beide CDU) bekannte er sich aber nicht ausdrücklich zu dem Nato-Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben.
► Handel: Der deutsche Handelsüberschuss war Trump ebenfalls ein Dorn im Auge. Maas sagte in seiner Rede: "Wir sollten auch den Kreislauf von Strafzöllen und Strafmaßnahmen durchbrechen. So gehen Partner nicht miteinander um!" Er schlug Verhandlungen über faire branchenspezifische Handelsabkommen vor. "Durch sie könnten soziale und ökologische Standards angehoben werden – und damit auch unser weltweiter Einfluss wachsen."
► China und Russland: Mit Blick auf die beiden großen Systemrivalen des Westens forderte Maas ein gemeinsames Vorgehen – auch bei Sanktionen. "Ich hoffe, dass wir zu einer gemeinsamen transatlantischen Haltung bei gezielten Sanktionen zurückkehren können, nachdem diese in den letzten vier Jahren verloren ging."
Den derzeitigen Hauptstreitpunkt in den deutsch-amerikanischen Beziehungen erwähnte Maas aber mit keinem Wort: die Ostseepipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland. Hier hat sich die US-Haltung auch nach dem Abtritt Trumps nicht geändert. Die Vereinigten Staaten wollen das Milliardenprojekt stoppen, weil sie eine zu starke Abhängigkeit Europas von russischem Gas befürchten. Befürworter der Pipeline werfen ihnen allerdings vor, nur ihr Flüssiggas besser in Europa verkaufen zu wollen. Die Bundesregierung hofft nun, auf dem Verhandlungsweg zu einer Einigung zu kommen. Gespräche darüber haben aber noch nicht einmal begonnen.
- Nachrichtenagentur dpa