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Corona-Gipfel: Lockerungen? "Wir müssen eine Perspektive geben"


Lockerungen beim Corona-Gipfel?
"Wir müssen den Menschen eine Perspektive geben"

Von dpa
Aktualisiert am 09.02.2021Lesedauer: 4 Min.
Kanzlerin Angela Merkel und Berlins Bürgermeister Michael Müller: "Wir sind in einer kritischen Phase."Vergrößern des Bildes
Kanzlerin Angela Merkel und Berlins Bürgermeister Michael Müller: "Wir sind in einer kritischen Phase." (Quelle: Steffen Kugler/Bundesregierung/imago-images-bilder)

Ein Langfristplan zur Öffnung aus dem Lockdown stößt in der Regierung auf keine große Gegenliebe. Doch die Forderungen zumindest nach einer groben Perspektive für Lockerungen werden lauter.

Trotz aller Unsicherheiten im Kampf gegen die Corona-Pandemie plädiert Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller dafür, der Bevölkerung Perspektiven für mögliche Lockerungsschritte aufzuzeigen. "Wir sind in einer kritischen Phase. Die zurückgehenden Infektionszahlen geben Grund zur Hoffnung, aber die diffusen Informationen und Erkenntnisse zu den Mutanten bereiten uns große Sorgen", sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) am Montagabend der Nachrichtenagentur dpa. "Wir wollen und müssen den Menschen aber eine Perspektive für mögliche Lockerungsschritte geben, wenn dies die Infektionszahlen hergeben."

"Ich erwarte daher von der Bund-Länder-Schalte am Mittwoch, dass wir uns trotz der Unsicherheiten mindestens auf einen gemeinsamen Rahmenplan einigen können, möglichst gekoppelt an Inzidenzen und der Auslastung unserer Intensivmedizin", sagte der SPD-Politiker. Am Mittwoch wollen der Bund und die Bundesländer bei einer Schalte mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beraten, wie es weitergeht. Der Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie ist bislang bis zum 14. Februar befristet.

Forderungen nach einem festgelegten Stufenplan für die Öffnung aus dem Lockdown hatte die Wirtschaft immer wieder formuliert. "Es wäre aus Sicht der Arbeitgeber nicht nachvollziehbar, die einschränkenden Maßnahmen weiter fortzuführen, ohne endlich ein klares und regelbasiertes Öffnungsszenario zu erkennen, das auch eine breite Mehrheit mitträgt", sagte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Rainer Dulger, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

"Darüber werden Bund und Länder gemeinsam sprechen"

Thüringens rot-rot-grüne Landesregierung hat bereits einen entsprechenden Fahrplan für eine stufenweise Lockerung entwickelt. Er soll nach Angaben von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) am Dienstag abschließend beraten werden. Anschließend soll er der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Die FDP-Bundestagsfraktion will am Dienstag ebenfalls einen Stufenplan zur Öffnung vorstellen.

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans kündigte an, dass es am Mittwoch um einen gemeinsamen Perspektivplan für die kommenden Monate gehen werde. "Darüber werden Bund und Länder gemeinsam sprechen", kündigte der CDU-Politiker gegenüber der "Rheinischen Post" an. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatten zumindest detaillierten Öffnungsplänen zuvor eine Absage erteilt. Das Virus agiere dafür zu dynamisch, argumentierten sie.

Feststehen dürfte, dass der Lockdown grundsätzlich verlängert wird. Dafür plädierten neben der Bundesregierung zuletzt auch mehrere Länderchefs. "Momentan sind die Zahlen für große Lockerungen nach wie vor zu hoch. Wir müssen dringend noch weiter runter mit den Neuinfektionen, um auch gegen die gefährlichen Virus-Mutanten gewappnet zu sein", sagte zum Beispiel Tobias Hans der "Rheinischen Post".

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Öffnungsschritte darf es erst geben, wenn der Einfluss der Mutationen auf das Infektionsgeschehen beurteilt werden kann. Das ist derzeit noch nicht der Fall." Viele Bürgerinnen und Bürger erwarteten ein zwischen Bund und Ländern abgestimmtes und konsequentes Vorgehen, "um nach dem aktuellen Rückgang der Infektionszahlen einen erneuten Rückfall im Sinne einer dritten Welle zu verhindern".

Das Thema Schule sorgt weiter für Debatten

Unter Druck stehen die Entscheider am Mittwoch beim künftigen Umgang mit den Schulen. Die Schließungen könnten für viele Schüler nach Ansicht von Experten weitreichende negative Folgen haben. Sie führten nicht nur zu Leistungsverlusten, sondern gerade für Kinder "aus bildungsfernen Schichten" sei Schule oft einer der wichtigsten sozialen und emotionalen Bezugspunkte, sagte OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher der dpa. Für diese Schüler und kleinen Kinder, für die digitales Lernen keine Alternative sei, wüchsen die Risiken "überproportional zur Länge des Lockdowns".

Auch die Bundesschülerkonferenz warnte vor zu langen Schulschließungen. Ständig allein zuhause zu sitzen, sei psychisch zermürbend, sagte Generalsekretär Dario Schramm dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag). "Viele wollen dringend mal wieder andere in der Schule sehen - gern mit großem Abstand und peniblen Hygienevorkehrungen, aber persönlich. Schule ist ein Ort der Gemeinschaft, nicht nur des Lernens."

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, sprach von einer Schülergruppe, die bereits im letzten Schuljahr schlecht per Distanzlernen erreicht worden sei und jetzt wieder neue Defizite anhäufe. "Die können praktisch den Anschluss im nächsten Schuljahr nicht mehr schaffen." Bei den betroffenen Schülern wachse die Gefahr, keinen Schulabschluss oder zumindest den angestrebten Abschluss nicht mehr zu erreichen. "Das bedeutet massiv verschlechterte Zukunftschancen."

Lauterbach: Lehrer sollten vorrangig geimpft werden

Auch SPD-Politiker Karl Lauterbach sagte, er könne sich Öffnungen von Grundschulen und Kitas unter bestimmten Bedingungen vorstellen, um Kinder vor schlimmen Folgeschäden zu bewahren. Mehr dazu lesen Sie hier.

Kanzlerin Merkel erwartet bei den Schulen und Kitas am Mittwoch eine Perspektive, wie sie nach Informationen der dpa bei Onlineberatungen des CDU-Präsidiums sagte.

Der Städte- und Gemeindebund warnte bei den Beratungen vor einem immer lauter werdenden "Wunschkonzert". "Es vergeht derzeit kein Tag, an dem nicht bestimmte Gruppen und Organisationen neue Forderungen stellen, die aus ihrer jeweiligen Sicht ganz besonders wichtig sind", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Alle Gruppen, die im Lockdown Nachteile erleiden, fordern immer mehr und bessere Leistungen, ohne dass die Leistungsfähigkeit des Staates und der spätere Ausgleich auch nur erwähnt werden."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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