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Angeblicher "D-Day" | Jetzt reden "Querdenker" von Autobahn-Blockaden


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Angeblicher "D-Day"
Jetzt reden "Querdenker" von Autobahn-Blockaden


Aktualisiert am 10.12.2020Lesedauer: 5 Min.
Stau auf der Autobahn: Eine Gruppe mit Querdenkern plant nach ihren Angaben, mit schweren Fahrzeugen Verkehrsknotenpunkte lahmzulegen. (Symbolfoto)Vergrößern des Bildes
Stau auf der Autobahn: Eine Gruppe mit Querdenkern plant nach ihren Angaben, mit schweren Fahrzeugen Verkehrsknotenpunkte lahmzulegen. (Symbolfoto) (Quelle: imago-images-bilder)

Den Lockdown machen "Querdenker" jetzt selbst? Zumindest wird dort vom Plan gesprochen, mit schweren Fahrzeugen

Der Verfassungsschutz in Baden-Württemberg beobachtet "Querdenken" jetzt, und er kann dann vielleicht auch dem Verkehrsfunk zuarbeiten: Aktivisten haben angekündigt, dass mit schweren Fahrzeugen neuralgische Punkte besetzt werden sollen. Eine Gruppe hat das Vorhaben einen zweiten "D-Day" genannt, eigentlich der Tag der alliierten Landung in der Normandie im Zweiten Weltkrieg. Stattfinden soll das zwischen 20. und 30. Dezember. Unklar ist aber nicht nur der genaue Termin, sondern auch, ob es wirklich zu den Störungen kommt.

Die Sicherheitsdienste nehmen das Thema zwar ernst, aber in der Vergangenheit hat sich die Bewegung schon mit vollmundigen Ankündigungen lächerlich gemacht: Die erste große Demo in Berlin am 1. August hieß "Das Ende der Pandemie – Tag der Freiheit", die aus dem Ruder gelaufene Demo am 7. November in Leipzig war angekündigt als die "zweite friedliche Revolution", mehrfach war von "historischen Demonstrationen" die Rede.

Ballweg nicht eingebunden

Inzwischen erlahmt auch unter dem Eindruck der Auflagen und des konsequenteren Vorgehens der Polizei das Interesse an Demos, wenn sie denn überhaupt stattfinden dürfen. Offenbar rund 50 dieser Kundgebungen deutschlandweit hatte Stefan Brackmann aus Dinslaken angemeldet, Kopf von "Querdenken Duisburg".

Brackmann steuert jetzt die Telegram-Kanäle für den "D-Day", wie er t-online bestätigte, und er rechnet mit Folgen: "Ich fürchte nicht, dass die Polizei zu mir kommt, ich erwarte es, das wird passieren". "Querdenken"-Gründer Michael Ballweg erklärte t-online, er sei nicht in die Planung eingebunden, aber er "unterstütze friedliche Demonstrationen für die Wiederherstellung unserer Grundrechte".

Brackmann hatte auch schon im November eine Demo auf der A40 angemeldet, das ist bei Essen eine der nach Staukilometern am meisten belasteten Autobahnen Deutschlands. Dort auf die Fahrbahn zu gehen, sei eigentlich gar nicht geplant gewesen, sagt er nun: "Die Anmeldung war over the top. Man hat Verhandlungsmasse gegenüber der Versammlungsbehörde, und es war auch ein Marketing-Gag, um in die Presse zu kommen, und das hat geklappt."

"Das ist kein Marketing-Gag"

Das ist ihm dann mit diesem Text wieder gelungen. Und der Plan, angeblich Chaos auf Hauptverkehrsachsen zu stiften, könnte wieder nur perfide PR sein. "Querdenker" wie Bodo Schiffmann lügen auch bewusst, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Ist das vielleicht auch beim "D-Day" so? Das Bundeskriminalamt kennt die Ankündigung, dort tut man sich aber mit einer Bewertung schwer: "Die Gefährdungsmöglichkeiten in diesem Zusammenhang hat das BKA mit seinen Sicherheitspartnern im Blick", so eine Sprecherin zu t-online.

Brackmann sagt, dass es nicht bei großen Ankündigungen bleiben werde: "Ich sage deutlich, das sollte ernst genommen werden." Es sei kein Marketing-Gag. "Aber wir werden auch keine Reifenstapel verbrennen, und wir wollen keine Gewalt."

Das betont auch Markus Lowien aus Neustadt in Holstein in einem Video zum D-Day. Lowien ist vorerst das Gesicht zum "D-Day", weil er sich in mehreren Videos zu den Plänen geäußert hat und vom Treffen der Planungsgruppe berichtet. Seine Info-Häppchen nennt er "D Day-Drop", äußert sich aber kaum konkreter zu dem Vorhaben. Er sagt aber, die Zeit laufe davon, "denn demnächst fängt das Impfen an". Weil die Politik nicht zuhöre, müsse man sich eben mit anderen Mitteln Gehör verschaffen.

Wie Demo-Anmelder Brackmann steht Lowien in engem Kontakt mit dem "Querdenken"-Anwalt Markus Haintz. Lowien erklärte sich schon für mitverantwortlich für Haintz' Sicherheit. Der provozierend auftretende Anwalt ist mehrfach bei Demos in Gewahrsam genommen worden und behauptet, wir lebten "offiziell in einer Diktatur".

Sein Mitstreiter Lowien hatte bereits Anfang September in einem Video erklärt, er befinde sich nun im Widerstand. Vor der Leipziger Demo am 7. November hatte er in einem Video erklärt: "Ich sehe nicht mehr ein, dass wir nach Genehmigung fragen, wir sind das Volk."

Autobahnblockade 2018 war Lachnummer

Am Mittwoch meldete Lowien sich im "D-Day"-Kanal allerdings auch mit einem Aufruf, der Zweifel an dem großen Plan aufkommen lässt: Es werde für die überregionale Koordination eine belastbare Person gesucht. Diese Aufgabe könnten die Leute aus dem Planungskreis nicht leisten. Es gibt zwar Übersetzungen des Aufrufs in diverse Sprachen, aber es wurde anscheinend niemand für eine Schlüsselfunktion gefunden.

Die Blockaden könnten tatsächlich das Ziel sein – und trotzdem ein Rohrkrepierer werden. So war es am 1. Dezember 2018. Da hatten von Reichsbürgern gesteuerte "Gelbwesten" ebenfalls auf Telegram geplant, Autobahnen zu blockieren. Am Kamener Kreuz von A1 und A2 kam die Polizei an die Treffpunkte und geleitete 45 Teilnehmer mit deren Autos dann zu einem Parkplatz in Unna, wo sie dann in Nebenstraßen demonstrierten. Manche der "Gelbwesten" haben sich nun auch dem Corona-Widerstand angeschlossen, manche haben sich auch in "Corona-Rebellen" umbenannt.

Verfassungsschutz: Große Reichweite für Aufrufe

Brackmann war unter den Teilnehmern eines Vernetzungsreffens von Querdenkern mit dem vorbestraften Reichsbürger Peter Fitzek, selbsternannter "König Peter I.". Brackmann hatte es aber vorzeitig verlassen und sich danach öffentlich distanziert. Mit der Pleite 2018 und dem Milieu will Brackmann nicht in Verbindung gebracht werden. Ihm seien keine Verbindungen bekannt.

Jetzt gehe es auch um ganz andere Zielgruppen: "Überlegen Sie mal, wie viele Fuhrunternehmer, Schausteller oder Imbissbetreiber vor der Pleite stehen." Er selbst ist auch vernetzt mit dem Reiseunternehmer Alexander Ehrlich, der mit "Honk for Hope" die Busse für Anreisen zu etlichen Demos bereitstellte. Auch Ehrlich verbreitete den Blockadeaufruf.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat registriert, dass Aufrufe auch über Querdenker-Kanäle geteilt werden, die "teilweise über eine große Reichweite verfügen". Inwieweit diese Mobilisierungsaufrufe erfolgreich sein werden und ob sich Extremisten an derartigen Aktionen beteiligen, könne derzeit jedoch nicht belastbar eingeschätzt werden, so das Amt zu t-online.

Suspendierter Polizist hofft auf Alliierte

Einer der "Querdenker"-Redner, der wegen diverser Reden suspendierte Polizeihauptkommissar Michael Fritsch, glaubt unterdessen offenbar an Hilfe von außen. Er sei kein Organisator, erklärte er in einem Interview mit "Querdenker" Lowien. Er sei in einem Kreis gewesen, in dem zwei Veranstaltungen stattgefunden hätten – die Planung des "D-Day und die Gründung eines Vereins, 'Polizisten für Aufklärung e.V.'".

Der Name "D-Day" treffe den Nagel auf den Kopf: Die alliierten Kräfte seien "ein ganz wichtiger Faktor", der in Deutschland "wieder zum Frieden beitragen" könne. Er sei sich nicht sicher, "ob die deutsche Bevölkerung das aus eigener Kraft bewerkstelligen könne." Damit reiht er sich bei QAnon-Anhängern und Reichsbürgern ein, die mit Attila Hildmann schon vor Monaten an Trump, Putin und die Botschaften appellierten, Deutschland zu "befreien".

In den "Querdenken"-Gruppen gibt es aber auch Stimmen, die gegen das Blockieren von Verkehrsachsen noch ganz andere Bedenken haben: "Dann schaden wir ja der Wirtschaft."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Telegram
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