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Tempolimit: Svenja Schulze fordert Andreas Scheuer heraus


Streit um Tempolimit auf Autobahnen
"Guter Menschenverstand": Schulze provoziert Scheuer

Von dpa, afp, mja

Aktualisiert am 28.12.2019Lesedauer: 3 Min.
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Tempolimit: Wie die Debatte in Deutschland verläuft und wie es auf ausländischen Autobahnen aussieht. (Quelle: t-online)
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Die neuen SPD-Chefs wünschen sich ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen. Jetzt hat auch Umweltministerin Svenja Schulze den Druck auf Verkehrsminister Andreas Scheuer erhöht. Der will seinerseits den Blick auf den Radverkehr lenken.

Im Streit um ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen geht Bundesumweltministerin Svenja Schulze auf Konfrontationskurs zu Verkehrsminister Andreas Scheuer. "Ich bin für ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen", sagte die SPD-Politikerin der Nachrichtenagentur dpa. Es verringere die Unfälle mit Todesfolge und spare jährlich ein bis zwei Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2). "Insofern spricht der gute Menschenverstand für die Einführung eines generellen Tempolimits, das es in fast allen EU-Ländern längst gibt", sagte Schulze.

Sehen Sie im Video oben, worum es bei der Tempolimit-Debatte geht

Die Gewerkschaft der Polizei hat ein unabhängiges Gutachten zu dem Thema angeregt. "Die Bundesregierung sollte ein wissenschaftliches Gutachten in Auftrag geben, um valide Zahlen über den Nutzen eines Tempolimits zu bekommen", sagte ihr Vize-Vorsitzender, Michael Mertens, dem "Handelsblatt" (Samstagsausgabe). "Mit einer solchen Grundlage kann man die aktuell sehr emotionsgeladene Diskussion sicher auf eine sachliche Ebene bringen." Die GdP befürwortet vor allem aus Gründen der Verkehrssicherheit ein Tempolimit. Mit einer Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf 130 Stundenkilometer verringere sich "das Risiko schwerer Unfälle mit Schwerstverletzten", sagte Mertens. Schätzungen gingen davon aus, dass sich bundesweit etwa 80 Verkehrstote pro Jahr vermeiden ließen, fügte er hinzu.

Scheuer will "Fahrradland"

Die SPD hat eine generelles Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde als eines der Themen für zusätzliche Vorhaben benannt, über das sie mit der Union sprechen will. Scheuer lehnt das allerdings ab. "Wir haben weit herausragendere Aufgaben, als dieses hoch emotionale Thema wieder und immer wieder ins Schaufenster zu stellen – für das es gar keine Mehrheiten gibt", sagte der CSU-Politiker der dpa.

Scheuer unterstrich die Bedeutung des Radverkehrs für die Erreichung der Klimaziele. Das gehe nur, "wenn Deutschland ein Fahrradland wird". Es gebe so viel Geld wie noch nie für den Radverkehr, 1,45 Milliarden bis 2023. Zwar sei der Bund nicht zuständig für den Bau von Radwegen in Städten und Gemeinden, sagte Scheuer. "Aber ich bin guten Mutes, mit meinem neuen Bündnis für moderne Mobilität, dass die Kommunen und die Bundesländer uns Projekte melden, wo wir auch kräftig fördern können und das Radwegenetz in Deutschland sich verbessert und sicherer wird."

Kritik: SPD-Politiker "völlig von der Rolle"

Scharfer Widerspruch gegen den neuen Vorstoß für ein Tempolimit kam von CSU-Verkehrspolitiker Ulrich Lange: "Die neuen SPD-Vorsitzenden sind offensichtlich völlig von der Rolle", sagte der stellvertretende Fraktionschef der Unionsfraktion im Bundestag. "Wer glaubt, ein generelles Tempolimit sei die dringendste Maßnahme, um die Abwanderung von SPD-Wählern zu stoppen, dem ist offensichtlich der politische Kompass verloren gegangen." Deutschland habe "mit die sichersten Autobahnen der Welt".

Scheuer hatte darauf verwiesen, dass der Bundestag erst vor kurzem das generelle Tempolimit abgelehnt habe. Tatsächlich war erst im Oktober ein Vorstoß der Grünen für Tempo 130 im Parlament gescheitert. Auch die meisten SPD-Abgeordneten stimmten dagegen, das ist in Koalitionen bei Oppositionsanträgen allerdings üblich. SPD-Politiker hatten damals schon deutlich gemacht, dass das Thema im neuen Jahr wieder auf die Agenda soll.

Linke: Diskussion mit Scheuer "grundsätzlich sinnlos"

Gelegenheit dazu wollen ihnen nun auch die Linken im Bundestag geben. Ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Jan Korte sagte: "Das mittlerweile lächerliche Schauspiel um ein Tempolimit sollte beendet werden." Er schlage daher der SPD einen interfraktionellen Antrag mit allen Fraktionen vor, die ein Tempolimit von 130 befürworteten. "In der ersten Sitzungswoche im Januar könnte er ausgearbeitet werden und darauf die Woche im Plenum debattiert werden. Das wäre glaubwürdig." Mit Scheuer darüber ernsthaft zu diskutieren sei "grundsätzlich sinnlos".

SPD, Linke und Grüne hätten zusammen allerdings keine Mehrheit. Das Thema ist nicht Teil des Koalitionsvertrags von Union und SPD. Im November hatte Umweltministerin Schulze gesagt, es könne dennoch wieder auf den Tisch kommen – wenn nämlich der Verkehr beim Klimaschutz nicht ausreichend vorankomme. In den kommenden Jahren werde jedes Jahr überprüft, ob der CO2-Ausstoß im Verkehr sinke. Das neue Klimaschutzgesetz sieht Sofortprogramme vor, wenn ein Bereich hinterher hinkt.

70 Prozent des Autobahnnetzes ohne verbindliches Tempolimit

Auf dem Großteil der Autobahnen in Deutschland gilt nach wie vor freie Fahrt. Schaut man sich eine EU-Karte an, ist das Land damit ein "weißer Fleck" – denn überall sonst gibt es nach einer Übersicht des Autofahrerclubs ADAC Tempo-Beschränkungen. Allerdings gilt in Deutschland seit mehr als 40 Jahren eine empfohlene Richtgeschwindigkeit von 130.

Ohne verbindliches Tempolimit sind 70 Prozent des Autobahn-Netzes. Dauerhaft oder zeitweise geltende Beschränkungen mit Schildern gibt es auf 20,8 Prozent des Netzes, wie aktuelle Daten der Bundesanstalt für Straßenwesen für 2015 zeigen – am häufigsten sind Tempo 120 (7,8 Prozent) und Tempo 100 (5,6 Prozent). Dazu kommen sogenannte variable Verkehrslenkungsanzeigen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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