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Groko-Halbzeitbilanz – Anne Will: "Koalieren führt selten zu guter Regierungsarbeit"


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TV-Kritik "Anne Will"
Kramp-Karrenbauer: Union hat "kein gutes Bild abgeben"

Von David Heisig

Aktualisiert am 11.11.2019Lesedauer: 4 Min.
Talkrunde bei "Anne Will": In der Sendung wurde die Halbzeitbilanz der Groko diskutierVergrößern des Bildes
Talkrunde bei "Anne Will": In der Sendung wurde die Halbzeitbilanz der Groko diskutiert. (Quelle: NDR/Wolfgang Borrs)

Grundrente, Bundeswehreinsätze, Richtungsstreit bei den Koalitionspartnern: Die Halbzeitbilanz der Groko ist geprägt von Durchhalteparolen. Darüber diskutierte Anne Will mit ihren Gästen.

Die Gäste

Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Bundesverteidigungsministerin
Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz
• Dagmar Rosenfeld, Journalistin
• Herfried Münkler, Politikwissenschaftler
• Nico Fried, Journalist

Die Positionen

Sektkorken knallten nicht im Studio. Dabei gab es – überspitzt gesagt – etwas zu feiern bei "Anne Will". Die Groko hatte sich auf die Grundrente verständigt: ohne die von der Union geforderte Bedürftigkeitsprüfung, dafür mit Einkommensklärung. Das wird dazu führen, dass perspektivisch 1,5 Millionen Menschen von der Grundrente profitieren können, statt 3 Millionen. Was Wunsch der SPD gewesen wäre. Für Annegret Kramp-Karrenbauer war klar: Die aktuelle Lösung ist ein Durchbruch für die Sozialpolitik. Einen "großen sozialpolitischen Meilenstein" nannte es Malu Dreyer. Unisono war der Runde klar, dass es sich hier um einen Kompromiss handelt. Hierin lag für Rosenfeld auch die Crux. Dadurch dass SPD und Union "erst einmal auf Maximalforderungen" beharrten und Sollbruchstellen der Koalition in Kauf nähmen, seien sie "so oben auf den Bäumen", "dass das Runterkommen immer wieder wie eine Niederlage aussähe". Fried brachte ins Spiel, dass die Groko den Kompromiss erst einmal durch die jeweiligen Parteigremien bekommen müsse. Das gehe nicht ohne "Bonbons": etwa indem man sich bei einem ganz anderem Thema – der Krankenversicherung – bei der sogenannten Doppelverbeitragung geeinigt habe.

Das Zitat des Abends

Kramp-Karrenbauer nahm das auf. Diese Groko sei belastet gestartet. Dreyer pflichtete ihr bei: Das Scheitern von Jamaika habe Union und SPD in etwas Ungewolltes hineingedrängt. Die Bürde müsse man tragen. Dabei habe man zum Beispiel 166 Milliarden Euro in die Forschung gesteckt, entwickele bis 2031 viele Forschungspartnerschaften, so Kramp-Karrenbauer. "Wir haben es fertig gebracht, so damit umzugehen, dass es möglichst kein Mensch gemerkt hat", sagt die CDU-Chefin. Dass habe am Hang der SPD gelegen, Opposition in der Regierung zu betreiben, so die Saarländerin. Nur um nachzuschießen, die Union habe auch "kein gutes Bild" abgegeben. So viel Selbstkritik kam beim Publikum an.

Der Aufreger des Abends

Aufreger im Sinne von pulstreibenden Argumentationslinien waren in der Sendung Fehlanzeige. Man diskutierte sachlich. Zum Beispiel Herfried Münkler, der sagte die Groko habe ihre Erfolge schlecht kommuniziert, die Richtungsstreitigkeiten in den Parteien belasteten das Vertrauen der Wähler. Die erste Groko 2005 sei mit der "unerwarteten Möglichkeit" angetreten, "gemeinsam" Dinge "besser zu machen", so Dagmar Rosenfeld. Heute sei die SPD keine Volkspartei mehr, die CDU "bröckele". Zudem habe man keine gemeinsamen Ziele und die Koalitionäre wüssten nicht, ob sie koalieren oder sich profilieren sollen.

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Die Journalistin betonte, die Grundrente sei nur eine kleine Stellschraube im Rentensystem. Für eine Einigung habe die Groko neun Monate gebraucht. Sie fragte daher, was mit Antworten auf die großen Rentenfragen und einem System sei, in das jährlich 100 Milliarden aus dem Bundeshaushalt als Zuschuss flössen. Nico Fried ergänzte: Die Groko definiere nicht die nächsten Aufgaben in Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung. Dreyer und Kramp-Karrenbauer betonten, dass es auf die Profilschärfung ihrer Parteien ankäme.

Hier hakte die Diskussion: Kramp-Karrenbauer musste sich anhören, warum sie den kommenden Parteitag der Union für Diskussionen über Führungsfragen eröffnet habe, um die es erst im nächsten Jahr gehen sollte. Dreyer sah sich mit der Frage konfrontiert, was passiere, wenn mit Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans im Dezember von den Mitgliedern der SPD zwei bekennende GroKo-Gegner zum Führungsduo der Sozialdemokraten gewählt würden. Dreyers Antwort: "Wir agieren vernünftiger, als manche denken."

Der Faktencheck

Hier ein paar Beispiele aus der Halbzeitbilanz: Für die SPD ist sicher: nur ein positives Fazit kann – zumindest emotional – Grundlage für eine Fortführung der Koalition bis zur nächsten Bundestagswahl sein. Daher bestanden die Sozialen darauf, den Positiv-Passus in die Bilanz aufzunehmen. Tatsache ist, dass Union und SPD einiges bewegt haben, aber auch noch einiges offen ist: 140 Versprechen stehen im Koalitionsvertrag. Davon sind 39 umgesetzt. Hierzu gehört zum Beispiel das Baukindergeld, mit dem die Koalition Familien bei der Bildung von Wohneigentum unterstützt. Zudem hat die Groko eine Wohnraumoffensive zur Schaffung von 1,5 Millionen neuer Wohnungen gestartet.

Geschafft hat die Koalition auch den ersten Schritt zum Kohleausstieg. Die Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung", die den schrittweisen Ausstieg planen soll, hat einen Abschlussbericht vorgelegt. Darin steht etwa, dass bis 2022 sieben weitere Blöcke vom Netz gehen sollen. 2038 soll das letzte Kohlekraftwerk abgeschaltet sein. Rund lief es hier allerdings nicht, was der Streit um die Erhaltung des Hambacher Forsts beweist. So sind im Bereich Klimapaket noch viele Punkte offen, etwa wie es mit CO2-Einsparungen und dem Emissionshandel weitergeht.

58 Projekte aus dem Koalitionsvertrag sind in Arbeit, 26 noch nicht begonnen. Unter dem Strich also ein gutes (Selbst-)Zeugnis. Wie ist das Bild bei den Bürgerinnen und Bürger? Nach einer Studie meine nur jeder zehnte befragte Deutsche, die Bundesregierung habe einen Großteil ihrer Vorhaben umgesetzt. Unzufrieden ist ein Großteil der Wählerschaft aber scheinbar nicht. Die Forschungsgruppe Wahlen hat repräsentativ herausgefunden: 73 Prozent der Befragten meinen, die Groko hält bis zum Ende durch. 68 Prozent fänden das auch gut.

Verwendete Quellen
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