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Brandanschlag: Verdacht gegen Ex-AfD-Mitarbeiter Ochsenreiter erhärtet sich


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Brandschlag in Ukraine
Prozessakten erhärten Verdacht gegen Ex-AfD-Mitarbeiter Ochsenreiter

  • Lars Wienand
  • Jonas Mueller-Töwe
Von L. Wienand, J. Mueller-Töwe und M. Dercz

Aktualisiert am 04.01.2023Lesedauer: 5 Min.
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Spur nach Deutschland: Am 4. Februar 2018 nach 4 Uhr in der Nacht wurde in der Ukraine ein Brandanschlag auf ein ungarisches Kulturinstitut verübt. Der Hauptverdächtige hat gestanden und beschuldigt Manuel Ochsenreiter, die Tat angestoßen und bezahlt zu haben. (Quelle: Screenshot Video/t-online) (Quelle: t-online)
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Recherchen von t-online.de und dem ARD-Politikmagazin "Kontraste" erhärten den Verdacht, dass der ehemalige AfD-Mitarbeiter Manuel Ochsenreiter hinter einem Terroranschlag in der Ukraine steckt. Vor allem ein Chat liefert Belege.

Der Staatsanwalt im zentralen Gerichtsgebäude in Krakau hatte nur gelächelt. Nein, er wolle nicht sagen, ob es weiteres belastendes Material gibt zu Terrorvorwürfen gegen Manuel Ochsenreiter – der war zu diesem Zeitpunkt noch beschäftigt im Bundestagsbüro des AfD-Abgeordneten Markus Frohnmaier. Ochsenreiter wird beschuldigt, einen Anschlag auf ein ungarisches Kulturinstitut in der Ukraine in Auftrag gegeben zu haben.

Bis dato gab es nur die Aussagen des Hauptangeklagten Michal P., der im Prozess erklärt hat, dass Idee, Auftrag und 1.500 Euro Lohn für die Tat von Ochsenreiter gekommen seien. t-online.de und das ARD-Politikmagazin "Kontraste" haben nun Prozessakten einsehen können: Dort stecken mutmaßliche Belege für die Vorwürfe, die Ochsenreiter rundheraus abgestritten hat.

Knoten im Netzwerk gegen westliche Staaten

Weitere Recherchen von t-online.de und "Kontraste" zeigen auch, dass Ochsenreiter ein wichtiger Mitstreiter des faschistischen Ideologen Alexander Dugin ist. Dessen Netzwerk will westliche Staaten unter russische Führung bringen und destabilisieren. Der Brandanschlag in der Ukraine würde in diese Strategie passen.

Die Attacke führte zunächst zu einer Verschärfung der Spannungen zwischen Ungarn und der Ukraine. Nach Darstellung der Angeklagten hatte es aussehen sollen, als hätten ukrainische Nationalisten das Kulturinstitut der ungarischen Minderheit angegriffen. Sie schmierten auch ein Hakenkreuz an das Gebäude.

Gouverneur hält Ochsenreiter für verantwortlich

Der örtliche Gouverneur Gennady Moskal, früherer Vize-Präsident des ukrainischen Geheimdienstes SBU, sagte t-online.de und "Kontraste": "Ich kann nicht sagen, ob Ochsenreiter ein Agent des russischen Geheimdienstes ist oder ob er nur von ihm finanziert wird. Fest steht aber: Er hat den Brandanschlag finanziert." Ochsenreiter ist allerdings bislang nicht einmal angeklagt oder gar schuldig gesprochen worden.

Schwer belastet hat ihn allerdings der Hauptangeklagte Michal P. Er ist ein früherer Führungskader der rechtsextremistischen polnischen Gruppe "Falanga" und der prorussischen Kleinstpartei "Zmiana" – und er hat ausgepackt: Er erzählte, woher er Ochsenreiter kannte – ein Foto belegt ein Treffen der beiden. Er nannte Details, wie Ochsenreiter ihn bezahlt habe: 500 Euro als Anzahlung per Post in einem Buch. In den Prozessakten fanden t-online.de und "Kontraste" einen Beleg der Post über ein Paket aus Deutschland.

Michal P. erzählte im Prozess auch, dass er nach Deutschland geflogen sei und sich am 7. Februar 2018 am Flughafen Tegel mit Ochsenreiter getroffen habe, um den Lohn fürs vollendete Werk in Empfang zu nehmen. In den Akten belegt eine Passagierliste der polnischen Fluggesellschaft LOT: Er war am 7. Februar 2018 wirklich an Bord von Flug LO 387 von Warschau nach Berlin-Tegel.

Die belastenden Chat-Protokolle

Der Verlauf eines Chats mit seiner Frau von dem Tag untermauert seine Anschuldigung: Er ist in den Akten nachzulesen. Nach der Landung um kurz nach 10 Uhr meldet sich P. demnach: "Hallo Schatz, bin endlich im traurigen Berlin gelandet." Hinter einem Zwinkersmiley schrieb der Rechtsextremist weiter: "Noch habe ich hier keine Flüchtlinge gesehen, wenn ich sie sehe, mache ich Aufnahmen :-P"

Sie antwortete: "Und um wie viel Uhr triffst Du dich mit Manuel? Zwinkersmiley."

Das Treffen sei um 11.30 Uhr. Um 19.30 Uhr gehe sein Flieger zurück – mit Umsteigen in Warschau. Die weitere Antwort enthält einen klaren Hinweis darauf, dass er aus Berlin mit einem größeren Geldbetrag zurückfliegen wird. "Ich werde dann aber ein Taxi nehmen. Ich möchte nicht mit so vielen Tausenden Bargeld mit dem Nachtverkehr fahren." Im Prozess gab er an, in Berlin von Ochsenreiter 1.000 Euro in Zweihundert-Euro-Scheinen erhalten zu haben. Das sind rund 4.300 Zloty.

Der Verlauf des Gesprächs mit seiner Frau ist in den Akten in einem Foto dokumentiert. Fotos oder schriftliche Protokolle der Kommunikation mit Ochsenreiter sind dagegen nicht in den Papierakten. Allerdings gehören zu den Ermittlungsunterlagen digitale Speichermedien, die t-online.de und "Kontraste" nicht auswerten konnten.

In den Gerichtsunterlagen heißt es, der polnische Inlandsgeheimdienst ABW habe gelöschte Telegram-Kommunikation wiederherstellen können. Den Ermittlungen zufolge benutzte der Hauptangeklagte zwei Handys. Er hat ausgesagt, nach einer ersten Kontaktaufnahme durch Ochsenreiter per Facebook dann über den besonders verschlüsselten Messengerdienst Telegram mit ihm geschrieben zu haben. In den Akten findet sich ein Bild, das als Ochsenreiters Profilbild bei Telegram ausgewiesen wird.

Kulturzentrum brannte bei zweitem Anschlag aus

Die beiden Mitangeklagten werden bei der Aufklärung der möglichen Rolle Ochsenreiters wohl keine Hilfe sein: Sie erhielten nach übereinstimmenden Angaben wenige Informationen von Mittelsmann P. – und jeweils 1.000 Zloty, umgerechnet etwas mehr als 200 Euro.

P. hatte im Prozess gesagt, es habe nur Schäden außen am Gebäude geben sollen. Drei Wochen später brannte das Kulturzentrum bei einem weiteren Brandanschlag völlig aus. Gouverneur Gennady Moskal zufolge stehen zwei Ukrainer und ein Moldawier unter Verdacht, die er "dem russischen Geheimdienst Transnistriens" zurechnet.

Gegen Manuel Ochsenreiter ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft Berlin wegen des Verdachts der Anstiftung zur schweren Brandstiftung. Erste Folge der Vorwürfe aus Polen war, dass sich der AfD-Abgeordnete Markus Frohnmaier von Ochsenreiter als Mitarbeiter, "einvernehmlich" getrennt hat, wie Frohnmaier "Zeit online" sagte. Sein Mitarbeiter habe Schaden von ihm abwenden wollen.

Ochsenreiter ist bereits das zweite mit schweren strafrechtlichen Vorwürfen konfrontierte Vorstandsmitglied des "Deutschen Zentrums für Eurasische Studien" in Berlin, das sogenannte Wahlbeobachtungen in prorussische Separatistengebiete organisierte. Markus Frohnmaier gründete es 2016 gemeinsam mit Ochsenreiter und Mateusz Piskorski. Letzterem wird Spionage für Russland und China vorgeworfen. Er ist in Polen angeklagt und auch er kennt den Hauptbeschuldigten des Terrorprozesses.

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Das Verfahren in Deutschland gegen Ochsenreiter geht auf eine private Strafanzeige zurück. Derzeit bemüht sich die Behörde um Informationen aus Polen. Manuel Ochsenreiter reagierte auf eine Anfrage von t-online.de und "Kontraste" nicht. Markus Frohnmaier wollte weitere Fragen zu seinem ehemaligen Mitarbeiter und Vereinsfreund nicht beantworten. Ochsenreiters Aufenthaltsort ist der Staatsanwaltschaft derzeit nicht bekannt.

Das zeigt am heutigen Donnerstag, 31.1.2018, um 21.45 Uhr einen Beitrag über die Affäre Ochsenreiter.

Update, 23. Mai 2019: Nachdem zwischenzeitlich seine Verbindungen nach Russland Gegenstand zahlreicher kritischer Medienberichte waren, hat Frohnmaier über seinen Anwalt eine Erklärung abgegeben. Frohnmaier war bei der Vereinsgründung mit Mateusz Piskorski im April 2016 anwesend und hat selbst ein wenig später aufgenommenes Foto von ihm mit Piskorski auf der Krim veröffentlicht. In der Erklärung heißt es dennoch, Piskorski sei ihm weder bei der Gründung des Vereins noch im Nachhinein persönlich bekannt gewesen.

Frohnmaier erklärt weiter, er habe nichts mehr mit dem Verein zu tun haben wollen und auf die Liquidierung gedrängt, nachdem die Vorwürfe bekannt wurden. Erste Berichte über die Vorwürfe gab es am 16. August 2017. In einem Interview mit dem russischen Nachrichtenportal “Sputnik” am 18. August 2017 verteidigte Frohnmaier allerdings den Verein und erklärte, das Zentrum werde in Sippenhaft genommen. Das Portal zitierte ihn wie folgt: „Wir prüfen derzeit, ob wir als Zentrum rechtliche Schritte gegen die Medienberichte einleiten.“ Im Mai 2018 teilte er t-online.de mit, der Verein sei privat. Die mutmaßlichen Aktivitäten Dritter lasse er sich nicht zurechnen. Der Verein besteht, Stand 23. Mai 2019, laut Vereinsregister weiterhin.

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