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Bundeswehr-Talk bei "Lanz": "Unwürdig, wie Soldaten empfangen wurden"


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Afghanistan-Diskussion bei "Markus Lanz"
"Unwürdig, wie die Soldaten hier empfangen wurden"

Eine TV-Kritik von Peter Luley

Aktualisiert am 23.07.2021Lesedauer: 4 Min.
Lars Klingbeil (Archivbild): Der SPD-Generalsekretär hat sich in der jüngsten Lanz-Sendung "grillen" lassen.Vergrößern des Bildes
Lars Klingbeil (Archivbild): Der SPD-Generalsekretär hat sich in der jüngsten Lanz-Sendung "grillen" lassen. (Quelle: H. Hartmann/ Future Image)

Bei "Markus Lanz" ging es vor allem um das "seltsam verdruckste" Ende des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan. Zuvor aber wollte der Moderator partout noch SPD-Generalsekretär Klingbeil "grillen" – eine unausgegorene Mischung.

"Seltsam verdruckst" – gleich mehrfach verwendete Markus Lanz zu Beginn diese Attribute, um die Art und Weise des Abzugs der deutschen Bundeswehr nach 20 Jahren Einsatz in Afghanistan zu beschreiben. Explizit zu diesem Thema waren auch drei seiner vier Gäste ins Studio gekommen: die Ex-Soldatin Dunja Neukam, die ZDF-Reporterin Katrin Eigendorf und Nadia Nashir-Karim, Vorsitzende des Afghanischen Frauenvereins.

Weil aber auch SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil zugesagt hatte, schien der Moderator zu glauben, zunächst die Grillzange auspacken zu müssen. Also ging es die ersten 25 Minuten um die Flut und den Wahlkampf, um Armin Laschets Lachen und Olaf Scholz’ Kanzler-Ambitionen. Doch obwohl Lanz dem Politiker bescheinigte, üblicherweise "keine Gefangenen zu machen", prallten seine Provokationen an Klingbeil ab.

Die Gäste

  • Lars Klingbeil, SPD-Generalsekretär
  • Katrin Eigendorf, ZDF-Reporterin
  • Dunja Neukam, Ex-Soldatin
  • Nadia Nashir-Karim, Vorsitzende des Afghanischen Frauenvereins

Ob man mit der Flutkatastrophe Wahlkampf machen dürfe, wollte er von Klingbeil wissen. Das Lachen Laschets habe ihn geschockt, erwiderte der, "aber es ist kein Wahlkampfthema". Warum sich dann so viele Spitzenpolitiker vor Ort gezeigt hätten? Das sei "ein wichtiges Signal, dass wir die Menschen nicht alleine lassen". Aber was der Finanzminister da gemacht habe? "Olaf Scholz war als Vizekanzler da", stellte Klingbeil klar, die Kanzlerin habe ja in den USA geweilt. Im Übrigen habe er eine "wichtige Botschaft mitgebracht: unbürokratische Soforthilfe". Warum Scholz immer allein reise? "Er ist der Kanzlerkandidat", erklärte Klingbeil. Außerdem sei er mit Malu Dreyer unterwegs gewesen. Ob die Idee eines SPD-Kompetenzteams verworfen worden sei, weil Scholz das nicht wollte? Das könne er nicht bestätigen, so Klingbeil.

Aber das reichte Lanz noch nicht. Als Klingbeil die globale Mindeststeuer als Scholz-Erfolg lobte und in Anspielung auf die unionsinterne Steuersenkungsdebatte anmerkte, Laschet kenne dagegen ja nicht mal sein eigenes Steuerkonzept, hakte Lanz ein: "Leben Sie nur von Fehlern von Laschet?" Nein, sagte Klingbeil, er habe ja gerade einen Scholz-Erfolg erwähnt. Also ging der Moderator noch einmal in die Detailanalyse: Bundespräsident Steinmeier habe bei dem fraglichen Termin doch auch gelächelt. Ja, konzedierte Klingbeil, aber bei Laschet sei es "ein Gegackere über einen langen Zeitraum" gewesen, das gehöre sich nicht. Laschets Entschuldigung rechne er ihm an, die Szene werde sich "ganz ohne SPD-Zutun" dennoch "festbrennen". Als der SPD-General sich dann lieber "inhaltlich" zum Unionskanzlerkandidaten äußern wollte und als mögliches Beispiel dessen Schweigen zum "Vertragsbruch" der CDU in Thüringen aufbrachte, fiel Lanz sein Hauptthema wieder ein, und er warf "Afghanistan" in die Runde. "Harter Bruch", kommentierte Klingbeil und hatte damit einen Punkt.

"Frieden wird so nicht kommen"

Immerhin wich nun der gewollt krawallige Ton aus der Diskussion, denn bei der Bewertung des Umstands, dass es nach der Rückkehr der deutschen Soldaten keinen nennenswerten Empfang für sie gab, bestand Einigkeit: "Zumindest einer hätte da sein können", fand Ex-Soldatin Dunja Neukam, es hätte auch nur wenige Worte gebraucht: "Danke für euren Dienst und eure Opferbereitschaft." Journalistin Katrin Eigendorf vermisste ebenfalls eine "Würdigung nach so langem Einsatz", und Klingbeil, Sohn eines Berufssoldaten, pflichtete bei: "Das war total unwürdig, wie die Soldaten hier empfangen wurden, da hätte jemand stehen müssen." Deswegen sei es auch richtig, dass es nun doch noch einen Großen Zapfenstreich geben werde.

"Enttäuscht" vom Ende des Einsatzes zeigte sich auch Nadia Nashir-Karim, Vorsitzende des Afghanischen Frauenvereins, allerdings aus anderen Gründen: "Dieser schnelle Abzug ohne Konzept und Übergabe hat ein Vakuum hinterlassen", analysierte sie, "Frieden wird so nicht kommen." Stattdessen werde "eine neue Generation von Taliban" einen "strikteren Staat nach ihren Vorstellungen" errichten. Ähnlich pessimistisch schätzte Katrin Eigendorf die Lage ein: "Verhängnisvoll" sei die Verbindung mit den USA gewesen, die "mit dramatischer Unkenntnis ins Land" gegangen seien und in erster Linie Rache für 9/11 wollten, aber nicht das Land aufbauen. Nun stießen die Taliban wieder in die Lücke, bedienten den Wunsch nach Ordnung in einem der ärmsten Länder der Welt und bauten ihren Scharia-Staat auf.

Das bestätigte Dunja Neukam: "Die deutschen Soldaten haben versucht, etwas aufzubauen, die Amerikaner wollten das nicht." Es sei nur punktuell gedacht worden, nicht nachhaltig. Anfangs habe man viel für die Zivilbevölkerung getan, sei gut aufgenommen worden. Nach dem Sprengstoffanschlag auf einen Bus im Jahr 2003, bei dem vier Bundeswehrsoldaten getötet wurden, sei aber plötzlich jeder Zivilist zum Feind geworden. Die Veteranin, die als Psychologie-Feldwebel in der Krisenintervention tätig war, wusste eindrücklich von der Bandbreite der Belastungen zu berichten, denen die Soldaten am Hindukusch ausgesetzt waren.

Ein potenzielles Streitthema hätte in diesem Zusammenhang womöglich noch die in der SPD umstrittene Bewaffnung von Drohnen sein können, aber da räumte Generalsekretär Klingbeil einfach ein, anderer Meinung zu sein als Teile seiner Partei: "Wir haben das Privileg einer Parlamentsarmee, aber wir stehen auch in der Verantwortung." Er finde, Drohnen gehörten dazu, weil sie Soldaten schützen könnten.

Verwendete Quellen
  • Markus Lanz vom 22. Juli 2021
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