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Anton Hofreiter bei "Anne Will": Im Zickzack-Kurs raus aus der Kohle


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"Anne Will" zum Klimaschutz
Im Zickzackkurs raus aus der Kohle

Eine TV-Kritik von David Heisig

Aktualisiert am 27.01.2020Lesedauer: 4 Min.
Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen, und Talkmasterin Anne Will: In der Sendung verliefen die Fronten klar zwischen Umwelt- und Arbeitgeber-Positionen.Vergrößern des Bildes
Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen, und Talkmasterin Anne Will: In der Sendung verliefen die Fronten klar zwischen Umwelt- und Arbeitgeberpositionen. (Quelle: Screenshot: ARD)

Ob Davos, Berlin oder bei "Fridays for Future": Die Klimakrise bleibt ganz oben auf der politischen Agenda. Deutschland will mit dem Kohleausstieg punkten. Doch bei "Anne Will" stößt der auf Kritik.

Die Gäste

  • Marie-Luise Wolf, Präsidentin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft
  • Antje Grothus, Umweltaktivistin
  • Reiner Haseloff (CDU), Ministerpräsident in Sachsen-Anhalt
  • Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen), Fraktionsvorsitzender im Bundestag
  • Sebastian Lachmann, Braunkohle-Befürworter

Die Positionen

Im Speziellen ging es um Kohle, beziehungsweise um den Ausstieg aus deren Nutzung. Passend zur geplanten Verabschiedung des Kohleausstiegsgesetzes im Bundeskabinett Mitte der Woche lief sich die Runde warm. Grothus war Mitglied der Kohlekommission, die den Weg zum Ausstieg geplant hat. Sie zeigte sich vom Gesetzesentwurf wenig begeistert. Schon das Verhandlungsergebnis der Kommission 2019 sei ein Minimalkompromiss gewesen – mit Eckpunkten wie einem schnellen Einstieg in den Ausstieg, einem stetigen Pfad zu Abschaltung und zehn Millionen Tonnen eingesparten CO2 bis 2025. Die "Kungelrunde im Bundeskanzleramt" habe für einen Gesetzesentwurf gesorgt, der diesen Kompromiss nicht widerspiegele und im Endeffekt zu 180 Millionen Tonnen Mehremissionen führe.

Haseloff konnte den Vorwurf der Klüngelei nicht auf sich sitzen lassen. Man sei nah dran am Kompromiss und dürfe Versorgungs- und Arbeitsplatzsicherheiten nicht aus dem Auge verlieren. Selbst "meine Grünen" in der Landesregierung trügen die Kompromisse mit, so der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. Hofreiter war nicht zu beneiden. Natürlich fiel er seinen Parteikollegen mit Regierungsverantwortung nicht in den Rücken. Andererseits musste er die grüne Flagge hochhalten: "Die Menschen wollen am Ende überleben", mahnte er Klimaschutz als ehernes Ziel an.

Der Aufreger des Abends

Wolf dagegen forderte, der Ausstieg müsse der Einstieg in die erneuerbaren Energien sein. Will mutmaßte leicht süffisant, vor allem die Entschädigungen für die Kraftwerksbetreiber müssten bei diesen doch die Champagnerkorken knallen lassen. Wolf betonte natürlich, dass nur für Leistung entschädigt werde. Immerhin forderten langjährige Planungsverpflichtungen der Kraftwerke und damit verbundene Verbindlichkeiten der Betreiber wirtschaftliche Absicherung. Hofreiter musste da ermahnen, dass das Bundesverfassungsgericht Entschädigungen für abgeschriebene Kraftwerke unterbunden habe. Zudem solle das Geld in Fonds laufen, um die Verwendung der Milliarden für den Steuerzahler transparent zu machen.

Haseloff indes forderte, man dürfe den Konsens zum Kohleausstieg nicht mehr aufweichen. Mit Blick auf die Kumpel in seinem Bundesland rechnete er vor, dass der Energiesektor schon jetzt seinen Teil zur Einsparung der CO2-Emissionen leiste. Die Branche im Osten habe seit 1990 70 Prozent der CO2-Menge eingespart. Dagegen werde über die Sektoren Wärmeversorgung und Verkehr gar nicht gesprochen. Hier könnten 82 Millionen Bundesdeutsche etwas tun. Diese Diskrepanz gefährde den sozialen Frieden. Grothus konterte, Haseloff schüre Existenzängste und betreibe Blockadepolitik. Der Unionsmann dagegen machte klar, dass zum Themenkomplex Klimaschutz auch Versorgungssicherheit, technische Entwicklung von Energiealternativen, politische Stabilität und neue Arbeitsplätze gehörten.

Das Zitat des Abends

Will brachte ein Zitat von Grothus ins Spiel. Trotz beschlossenen Ausstiegs würden im rheinischen Braunkohlerevier immer noch Dörfer und Landschaften für den Abbau von Braunkohle zerstört. Das sei ein "Akt der Unmenschlichkeit". Lachmann betonte in diesem Zuge, eigentlich seien er und Grothus "nicht so weit weg voneinander". In der Lausitz, wo viele Arbeitsplätze vom Tagebau abhingen, sähe "man das eben anders". Grothus konnte mit dem Angebot emotionaler Einigkeit nichts anfangen. Sozialverträglichkeit heiße eben auch, dass die Identität der Menschen nicht zerstört werde, die nicht von der Energiewirtschaft lebten. Diesen gegenüber würden "Braunkohlekumpel vom Sozialstaat auf Rosen gebettet".

Hofreiter, Haseloff und Wolf versuchten die Situation mit Sachlichkeit zu retten, indem sie betonten, der Kohleausstieg sei als notwendiger Strukturwandel gesetzt. Allerdings müsse mehr in erneuerbare Energien investiert werden. Der Grüne monierte, die Bundesregierung habe mit einem Zickzackkurs die Windenergiebranche in die Knie gezwungen. Der CDU-Mann wünschte sich mehr Kooperationsbereitschaft in Bundesländern, wo sich Politik und Gesellschaft gegen Windkraft stellten. Wolf indes mahnte an: Man plane, in etwa 15 Jahren 40 Prozent der Energieversorgung – nämlich 120 Kraftwerke – abzuschalten. E-Mobilität und Digitalisierung erforderten aber mehr Strom. Der müsse irgendwo herkommen.

Der Faktencheck

Der Kohleausstieg ist das eine. Doch was plant die Bundesregierung noch, um Klimaziele zu erreichen? Bis 2030 will sie die Emissionen von Treibhausgasen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren. Ein Element hierbei ist die Bepreisung von CO2 im Verkehr und bei Gebäuden. Eine Tonne soll ab 2021 25 Euro kosten und dann stetig teurer werden. Aktuell liegt der Preis im Zertifikatehandel an der Börse allerdings schon bei 26 Euro. Über Steuerbegünstigungen für die energieeffiziente Häusersanierung sollen Eigenheimbesitzer unterstützt werden. Zudem legt das Klimaschutzpaket fest, wie viel CO2 Bereiche wie die Energiewirtschaft, Industrie oder Landwirtschaft in den kommenden Jahren ausstoßen dürfen. Manchen reichen die Maßnahmen nicht weit genug.

Klimaaktivsten – von Fridays for Future, BUND, Deutsche Umwelthilfe – haben den Rechtsweg eingeschlagen und Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Das Argument der Antragsteller? Der Klimawandel zerstöre die Lebensgrundlage für die junge Generation. Die Politik müsse hier stärker gegensteuern. Ein Bekenntnis hierzu hat Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos immerhin abgegeben: Bis 2050 Klimaneutralität in Europa zu erreichen, sei eine "historische Transformation" und eine "Frage des Überlebens".

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