"Freibrief und Ermutigung" Zentralrat der Juden kritisiert Staatsanwaltschaft Dortmund scharf
Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat eine Anzeige gegen antisemitische Wahlplakate der "Rechten" abgewiesen. Der Präsident des Zentralrats der Juden spricht von einer "völlig danebenliegenden Begründung".
Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat eine Anzeige wegen Volksverhetzung gegen die rechtsextreme Partei "Die Rechte" abgewiesen und damit Kritik der jüdischen Gemeinde auf sich gezogen. "Bei der Begründung sträuben sich mir die Haare", sagte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Bei der Anzeige ging es um zwei Wahlplakate zur Europawahl. Auf einem stand der Text "Zionismus stoppen: Israel ist unser Unglück – Schluss damit!" Schuster sagte, die Staatsanwaltschaft sei nicht einmal bereit gewesen, Anklage zu erheben. "Für mich mit einer völlig danebenliegenden Begründung."
"Freibrief und Ermutigung"
Zwar werde in der Begründung beschrieben, dass sich die Formulierung an den bekannten Satz "Die Juden sind unser Unglück" aus der Nazi-Zeit anlehne. Laut Staatsanwaltschaft könne man dies aber auch anders interpretieren. Es gebe weitere denkbare Auslegungen des Satzes.
"Wenn ich nicht bereit bin, die rechtlichen Spielräume gegen Rechtsextreme auszunutzen, wird dies in der rechtsextremen Szene als Freibrief und Ermutigung aufgefasst", sagte Zentralratspräsident Schuster. "An einer solchen Entscheidung wird man sich künftig orientieren – wenn sie Bestand hat." Bei künftigen Wahlen könnten rechte Parteien problemlos leicht veränderte Formulierungen aus der Zeit des Nationalsozialismus verwenden, ohne rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen.
Die Erklärung des Gerichts
Das Plakat war im vergangenen Europawahlkampf vom Oberverwaltungsgericht Münster untersagt worden, weil es den "Eindruck einer Bedrohung der insbesondere in Deutschland lebenden Bevölkerung" erwecken könne. Für die Aufnahme strafrechtlicher Ermittlungen gelten jedoch höhere Hürden als für die Verwaltungsrichter, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft: Wenn ein Slogan verschiedene Deutungen zulasse, müsse im Strafrecht nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die für den möglichen Täter günstigste Auslegung gewählt werden.
Der Landesverband der jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe will laut der "Neuen Osnabrücker Zeitung" nun mit juristischen Mitteln Ermittlungen und ein Verfahren erzwingen.
- Nachrichtenagenturen AFP und dpa