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Hans-Christian Ströbele: Lasst die Kinder für Klimaschutz demonstrieren - auch in der Schulzeit!


Meinung
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Klima-Proteste von Schülern
Lasst die Kinder demonstrieren – auch in der Schulzeit!

MeinungEin Gastbeitrag von Hans-Christian Ströbele

Aktualisiert am 25.01.2019Lesedauer: 3 Min.
Schülerprotest: In Hannover forderten Mitte Januar 2019 tausende Schulkinder einen sofortigen Kohleausstieg.Vergrößern des Bildes
Schülerprotest: In Hannover forderten Mitte Januar 2019 tausende Schulkinder einen sofortigen Kohleausstieg. (Quelle: Michael Trammer)

Kinder gehen für den Klimaschutz auf die Straße, während der Unterrichtszeit. Warum er das für richtig hält, erklärt Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele im Gastbeitrag.

Das Demonstrationsrecht genießt in Deutschland Verfassungsrang, auch Kinder dürfen für ihre Meinung auf die Straße gehen. Allerdings während der Unterrichtszeit? Die Protestaktionen Tausender Schüler für Klimaschutz und Kohleausstieg werden sehr unterschiedlich bewertet.

"Schulschwänzen" müsse "geahndet" werden, heißt es so aus Kreisen von Junger Union und Schüler Union aus Baden-Württemberg. Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele hält das für falsch. Gerade mit dem Verweis auf das Grundgesetz.

"Kinder an die Macht", heißt es im Lied von Herbert Grönemeyer schon seit 1986. Das hat noch nicht geklappt. An der Macht sind Kinder in Deutschland nicht. Aber am heutigen Freitag wollen Kinder wieder massenhaft auf die Straße gehen und international für Klimaschutz und schnellen Kohleausstieg demonstrieren – und das während der Schulzeit!

So wie die 16-jährige Schwedin Greta Thunberg es in Stockholm vorgemacht und über die sozialen Medien verbreitet hat. Und das ist gut so. Diejenigen, die meinen, Kinder sollten sich aus der Politik raushalten und in die Schule lernen gehen, sind nicht mehr zeitgemäß. Schließlich wird ja auch schon über das "Wahlrecht für Kinder von Anfang an" und "Kinderrechte ins Grundgesetz" diskutiert.

Schulpflicht bleibt bestehen

Die Grundrechte der Freiheit der Meinungsäußerung gelten schon heute für alle Menschen und das der Versammlungsfreiheit für alle Deutschen. Die Verfassung sieht da nun mal keine Altersbegrenzung vor.

Die Schulpflicht der demonstrierenden Kinder wird damit nicht aufgehoben: Sie besteht ja grundsätzlich fort. Im Übrigen ist das Erlernen politischer Meinungsbildung Teil des Unterrichtsstoffes. Demonstrieren auf der Straße für politische Inhalte und Forderungen ist das klassische und vom Grundgesetz anerkannte Mittel demokratischer Meinungs- und Willensbildung.

Hans-Christian Ströbele, geboren 1939, ist Politiker der Grünen. Ströbele ist Rechtsanwalt und war bis 2017 Mitglied des Deutschen Bundestags. Dort gehörte er viele Jahre dem Parlamentarischen Kontrollgremium zur Überwachung der Geheimdienste an. Die in Gastbeiträgen geäußerte Meinung ist die des Autors und entspricht nicht unbedingt derjenigen der t-online.de-Redaktion.

Demonstrieren lernt man – wie vieles andere auch – am besten, indem man es tut: Also wenn ein Kind sich an Planung, Anmeldung und Durchführung von Demos selbst beteiligt. Demonstrieren in der Zeit des Unterrichts mag eine Regelverletzung sein. Aber es ist eine eher begrenzte. Und begrenzte Regelverletzungen gehören heute nach geläuterter Rechtsauffassung zum Repertoire der Demonstrationsmittel nach dem Motto: Sonst nimmt uns keiner wahr.

Gebrochene Versprechen

Sie sind also zuweilen nötig, um gesteigerte Aufmerksamkeit der Bevölkerung und der Medien zu erreichen. Und ein bisschen Widerstandsgeist muss dabei sein.

Angesichts des Missstandes der Klimapolitik und der gebrochenen Versprechen von Politikern im Kampf gegen die Klimakatastrophe und Kohleverstromung ist das "Schulschwänzen" der Schüler, wenn sie demonstrieren, statt den Unterricht zu besuchen, eine vergleichsweise geringe Rechtsverletzung.

Regierung und Kanzlerin hatten konkrete Versprechungen gemacht, die sie nicht einhielten. Viel Zeit wurde verschenkt und droht weiter zu vergehen, ohne dass das Notwendige getan wird. Unterrichtsausfall gibt es sonst aus weniger gewichtigen Gründen etwa wegen Schnee, Hitze oder Streik von Personal.

Kinder von heute werden die Wähler von morgen

Das Engagement aller, gerade auch der Kinder, ist von großer Bedeutung. Schließlich werden es die Kinder sein, die heute jungen Menschen, die die Folgen des Klimawandels länger und intensiver erleiden müssen, als wir Alten. Es ist richtig, dass Kinder am Freitag nicht nur in Deutschland, sondern weltweit für eine andere Klimapolitik demonstrieren.


Es wäre toll, wenn es immer mehr werden. Dann können sie politischen Druck ausüben. Sie sind dann auch an der Macht – ein bisschen jedenfalls. Denn die Politiker wissen, die heutigen älteren Kinder werden bei nächsten oder übernächsten Wahlen selbst wählen können.

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