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Räumung im Hambacher Forst: Polizei an "Grenze ihrer Belastbarkeit"


Polizei an "Grenze ihrer Belastbarkeit"
Trotz Widerstand – Räumung des Hambacher Forsts geht voran

Von dpa
Aktualisiert am 18.09.2018Lesedauer: 3 Min.
Ein Bagger gräbt im Hambacher Forst: Zahlreiche Einsatzkräfte der Polizei setzten den vierten Tag in Folge die Räumung der Baumhäuser der Aktivisten fort.Vergrößern des Bildes
Ein Bagger gräbt im Hambacher Forst: Zahlreiche Einsatzkräfte der Polizei setzten den vierten Tag in Folge die Räumung der Baumhäuser der Aktivisten fort. (Quelle: Marcel Kusch/dpa-bilder)

Der Widerstand gegen die Räumung kommt von oben, aus den Baumwipfeln und von tief unter der Erde – die Braunkohlegegner geben nicht kampflos auf. Dennoch schreitet die Räumung voran.

Im Hambacher Forst startete die Polizei am Montag gegen 7.00 Uhr die Räumung der Baumhäuser von Braunkohlegegnern erneut. "Wir haben noch Arbeit vor uns", sagte eine Polizeisprecherin am frühen Morgen. Nach den Auseinandersetzungen am Sonntag sei es in der Nacht ruhig geblieben.

Mehrere tausend Braunkohlegegner hatten am Sonntag am Hambacher Forst gegen die Räumung und geplante Rodung des uralten Waldes demonstriert. Die Lage spitzte sich am Nachmittag zu, als rund 200 Demonstranten in den von der Polizei abgesperrten Wald vordrangen. Einsatzkräfte setzten den vierten Tag in Folge die Räumung der Baumhäuser der Aktivisten fort.

Die Einsatzkräfte haben seit Beginn der Maßnahmen 28 Baumhäuser (von rund 50) geräumt und 19 davon abgebaut, wie die Polizei Aachen in der Nacht zu Montag mitteilte. Den Angaben zufolge wurden allein am Sonntag 14 Demonstranten festgenommen. Außerdem seien acht Menschen verletzt worden, davon drei Polizisten.

RWE will trotz Protesten weite Teile des Waldes abholzen

Rund 100 Demonstranten zogen nach Angaben von dpa-Reportern zu der inzwischen vollständig geräumten Baumhaus-Siedlung "Oaktown". In einer weiteren Siedlung namens "Gallien" verstärkten die Demonstranten die Barrikaden der Waldbesetzer. Die Polizei berichtete am Abend, es sei "immer wieder zu Konfrontationen mit Polizeibeamten" gekommen. "Um die Störer von den teilweise bereits demontierten Baumhäusern fern zu halten und vor herabfallenden Bauteilen und Ästen zu schützen, setzten die Beamten auch hier körperliche Gewalt und Reizgas ein."

Tausende Umweltschützer forderten bei der Demonstration an der Grenze zum Hambacher Forst den Erhalt des Waldes westlich von Köln und einen schnellen Ausstieg aus der Kohleverstromung. Die Polizei sprach von mehr als 4.000 Demonstranten, die verschiedenen Aktivistengruppen von 5.000 bis zu 9.000 Teilnehmern. Einige trugen junge Bäume mit sich, die sie in bereits gerodetem Gebiet anpflanzen wollten.

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Der Energiekonzern RWE will im Herbst weite Teile des Hambacher Forstes abholzen, um weiter Braunkohle abbauen zu können. Der Wald gilt als Symbol des Widerstands gegen die Kohle und die damit verbundene Klimabelastung.

Überraschender Fund eines selbstgebauten Schachts

Nach einem stundenlangen Einsatz drang die Grubenwehr Herne am frühen Sonntagmorgen zu zwei in einem selbstgebauten Schacht verschanzten Aktivisten vor. Die beiden Männer hätten den instabilen und einsturzgefährdeten Schacht schließlich nach einem Appell des Notarztes freiwillig verlassen, sagte ein Sprecher der Feuerwehr Kerpen.

In dem elf Meter tiefen Schacht mit zwei Kammern sei eine lebensbedrohlich hohe Kohlenstoffdioxid-Konzentration gemessen worden. Rettungskräfte hatten seit Samstag Luft in den Schacht gepumpt. Beide Aktivisten wurden medizinisch versorgt. Sie hatten laut Feuerwehr drei Tage in den unterirdischen Kammern ausgeharrt und Vorräte bei sich gehabt.

Die Polizei beendete am Samstag nach mehreren Stunden die Blockade von Baggern und zwei Förderbändern im Braunkohlekraftwerk Niederaußem in der Nähe des Hambacher Forstes. Der Betrieb des Kraftwerks wurde durch die Aktion der Braunkohlegegner zeitweise behindert.

Polizei an der "Grenze ihrer Belastbarkeit"

Der Einsatz im Hambacher Forst bringe die Polizei insgesamt "an die Grenzen ihrer Belastbarkeit", erklärte die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG). "Dabei schieben wir bereits Millionen Überstunden vor uns her", sagte der Landesvorsitzende Erich Rettinghaus. Andere polizeiliche Aufgaben müssen derzeit in allen Bereichen zwangsläufig vernachlässigt werden. Die Gewerkschaft warf den Umweltaktivisten vor, ihr eigenes Leben und das der Einsatzkräfte aufs Spiel zu setzen. Die Polizei kritisierte auch das "entwürdigende Verrichten der Notdurft" über den einschreitenden Polizisten.

Unterdessen richteten sich die Hoffnungen der Hambach-Aktivisten auf die Kohlekommission in Berlin. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace forderte den sofortigen Stopp der Räumungsaktion. Die Landesregierung solle zunächst die Ergebnisse der Kohlekommission abwarten, die bis Ende des Jahres einen Pfad für den Ausstieg aus der Kohleverstromung festlegen soll, sagte Martin Kaiser, Greenpeace-Geschäftsführer und Mitglied der Kohlekommission, in Kerpen der Deutschen Presse-Agentur. "Vielleicht muss der Hambacher Forst dann gar nicht mehr gerodet werden." Offiziell hat die Kommission nach eigenen Angaben kein Mandat für den Wald.

Verwendete Quellen
  • dpa
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