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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Seehofers Moskau-Reise Kommentar: Zwei Egomanen werten sich auf
"Kann Reden ein Fehler sein?" fragen die Unterstützer von Horst Seehofers Moskau-Reise scheinheilig? Ja, es kann. Nämlich dann, wenn zwei Egomanen vorgeben, die Verständigung aller zu suchen, in Wahrheit aber ihr eigenes Süppchen kochen – vorbei an der deutschen Bundeskanzlerin und ihrem Außenminister.
Mit Seehofer und Putin treffen sich heute zwei, die rücksichtslos daran arbeiten, die deutsche Bundeskanzlerin scheitern zu lassen. Seehofer tut das mit Querschüssen und Drohungen, er werde vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.
Putin tut es mit einer Hetzkampagne über das angeblich kaputte Deutschland, inklusive gezielten Fehlinformationen, der Unterstützung rechter Parteien und dem Aufhetzen von Minderheiten. Militärstrategen nennen dieses altbekannte Moskauer Spielchen "hybride Kriegsführung". Das Wort "Krieg" ist dabei ganz bewusst gewählt.
Ohne Moskau könne keines der globalen Probleme gelöst werden, behauptet die große deutsche Russland-Lobby, zu der Wirtschaftsunternehmen, Rechtspopulisten von Pegida, AfD und NPD, aber auch Politiker von SPD, Union und Linken gehören.
Nicht gerade überlebenswichtig
Mit Russland lassen sich die Probleme leider auch nicht lösen: In Deutschland und dem Rest von Europa versucht die Kreml-Führung mit ihrer Medienmaschine einen Keil zwischen Bevölkerung und Regierungen zu treiben – wie im Fall der 13-jährigen "Elena". In Syrien verhindert Moskau jeden Lösungsansatz mit seinen Bombardements und seinem Festhalten an Baschar al-Assad, dem blutigsten Diktator des Nahen Ostens – und treibt damit in Wahrheit immer mehr Flüchtlinge nach Europa.
Ausgerechnet in dieser Situation zieht Seehofer mal wieder sein eigenes Ding durch, werten sich zwei destruktive Quertreiber gegenseitig auf.
Angeblich geht es vor allem um die Wirtschaft, vor allem die bayerische. Bei diesem Argument stehen ja in Deutschland sowieso alle stramm. Dabei lag Russland 2014 auf Platz 13 der deutschen Export-Ziele (siehe die Grafik weiter unten). Mit 29 Milliarden Euro bei einem Gesamt-Export von über 1,1 Billionen ist das Land nicht gerade so überlebenswichtig, dass man ihm alles durchgehen lassen müsste.
Wie man stattdessen mit Moskau und seinen verdeckten Angriffen umgehen muss, ist eine wichtige, bislang ungelöste Frage. Die muss jedoch von der Bundesregierung entschieden werden und nicht im Alleingang vom bayerischen Ministerpräsidenten. Der vertieft heute in Wahrheit nur die Spaltung unseres Landes. Vielen Dank für noch mehr Chaos!
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