"Das ist keine Katastrophe" Papst Franziskus äußert sich zu möglichem Rücktritt
Wegen gesundheitlicher Probleme will der Papst in Zukunft weniger verreisen. Aber denkt er auch über einen Rücktritt nach?
Papst Franziskus hat auf seinem Rückflug von Kanada nach Rom weiterhin einen Rücktritt als Oberhaupt der katholischen Kirche nicht ausgeschlossen und sich zur Genozid-Frage der kanadischen Ureinwohner geäußert. "Die Tür steht offen. Das ist eine ganz normale Option", sagte der 85-Jährige vor Journalisten in der Nacht zum Samstag zu einem möglichen Amtsverzicht. Gerade denke er zwar nicht daran, sein Amt niederzulegen. Doch das heiße nicht, dass er damit nicht übermorgen anfangen könne, erklärte der Argentinier. "Ganz ehrlich, das ist keine Katastrophe. Man kann den Papst wechseln."
Jorge Mario Bergoglio, wie Franziskus bürgerlich heißt, sprach auch seinen Gesundheitszustand an. In den zurückliegenden sechs Tagen konnte er kaum eine Handvoll Schritte machen und saß die meiste Zeit im Rollstuhl. Den Papst plagt seit Längerem eine Knieverletzung. "Ich denke, ich kann nicht in demselben Reiserhythmus wie zuvor weitermachen. Wenn ich an mein Alter denke und an meine Einschränkung, muss ich mich etwas schonen", sagte er.
Sein Knieproblem könnte mit einer Operation gelöst werden. Franziskus will sich nach dem vergangenen Eingriff vor etwas mehr als einem Jahr an seinem Dickdarm jedoch nicht noch einmal unters Messer legen. "Das ganze Problem ist die Anästhesie." Diese habe beim letzten Mal bis heute Spuren hinterlassen, so der Pontifex. "Mit einer Anästhesie spielt man nicht." Reisen will Franziskus nach eigenen Worten trotzdem weiter unternehmen. Man müsse diese nur vielleicht etwas kleiner planen, erklärte er.
Papst entschuldigt sich für Taten an Indigenen
In Kanada besuchte er seit Sonntag die Ureinwohner des Landes, um bei ihnen um Vergebung dafür zu bitten, dass jahrzehntelang Bedienstete an von der Kirche geführten Internaten Kinder von Ureinwohnern erniedrigten, von ihrer Kultur entfremdeten und missbrauchten. Vor knapp über einem Jahr machte der Fund von mehr als 200 anonymen Kindergräbern in der Nähe eines ehemaligen Internats weltweit auf das Schicksal der Ureinwohner aufmerksam. Hunderte, manchen Schätzungen zufolge sogar bis zu 6.000 Kinder starben unter den Bedingungen in den Schulen, in denen Krankheiten und Hunger herrschten.
1876 erließ die kanadische Regierung den Indian Act, mit dem die Kinder indigener Völker in Internaten an die westliche Kultur angepasst werden sollten. Ungefähr 150.000 Kinder von Ureinwohnern waren Schätzungen zufolge in den landesweit verteilten Einrichtungen untergebracht. Die Kirche trug das Programm mit, übernahm für einen Großteil der Internate die Leitung, bis der Staat ihr diese Ende der 1960er-Jahre entzog. Die letzte Einrichtung schloss 1996.
"Das ist ein Genozid"
Papst Franziskus sieht im Umgang mit den Ureinwohnern Kanadas einen Völkermord. "Es ist wahr. Das ist ein Genozid", sagte er auf dem Rückflug von Kanada nach Rom. Der Papst reagierte damit auf Kritik von kanadischen Indigenen, die verärgert waren, weil er die Taten der Kirche nicht als kulturellen Genozid bezeichnet hatte. Dieses Urteil fällte der Abschlussbericht der staatlich eingerichteten Kommission für Wahrheit und Versöhnung, die sich mit dem Missbrauch und der Gewalt an den Internaten beschäftigte. Mittlerweile wird nur noch von Genozid gesprochen.
"Es stimmt, das Wort wurde nicht gebraucht, aber ich habe den Genozid beschrieben, und ich habe um Entschuldigung und Vergebung gebeten", rechtfertigte sich Franziskus. Genozid sei ein Fachbegriff, er habe ihn jedoch nicht gebraucht, weil ihm das nicht in den Sinn gekommen sei. Franziskus bat bereits um Vergebung, als Vertreter der Métis, First Nations und Inuit Ende März bei ihm im Vatikan waren. Sie wollten aber, dass der Papst sich auf ihrem Grund und Boden in Kanada erneut entschuldigt. Auf der Reise machte er Halt im westkanadischen Edmonton, in Québec im französischsprachigen Osten des Landes und in Iqaluit im hohen Norden, wenige Hundert Kilometer vom Polarkreis entfernt.
- Nachrichtenagentur dpa