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Ampel-Beschluss | SPD, Grüne, FDP: Warum dieser Dreier nicht scheitern darf


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Entscheidung für die Ampel
Schluss mit Krawall

MeinungVon Christoph Cöln

Aktualisiert am 15.10.2021Lesedauer: 3 Min.
Ernsthaftigkeit statt Krawall: So könnte die neue Harmonie in der Bundespolitik aussehen.Vergrößern des Bildes
Ernsthaftigkeit statt Krawall: So könnte die neue Harmonie in der Bundespolitik aussehen. (Quelle: Kay Nietfeld/dpa)
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Fast geräuschlos beschließen SPD, Grüne und FDP Koalitionsverhandlungen. Das Projekt bietet eine einmalige Chance auf einen Neustart für das ganze Land. Es gibt nur noch ein Problem.

Als die Chefverhandler von SPD, Grünen und FDP am Freitagmittag in Berlin vor die Presse traten und die Ergebnisse ihrer Sondierungsgespräche verkündeten, lag ein Hauch von Verlobung in der Luft. Freudige Gesichter und blütenweiße Hemden. Klare, zugewandte Sätze und eine entscheidende Botschaft: Wir wollen den Dreier!

Flankiert wurde der Antrag von einem zwölfseitigen Grundlagenpapier, mit dem die Partner in die weiteren Verhandlungen gehen. Was das ungewöhnliche Bündnis aus Bürgerlich-Liberalen und Linken da der versammelten Hauptstadtpresse mitteilte, hat das Zeug zu einem echten Blockbuster. Nicht nur in politischer, auch in gesellschaftlicher Hinsicht. Schaffen es die Ampelkoalitionäre bis Weihnachten ein Regierungsbündnis zu schmieden, verheddern sie sich nicht in den Fallstricken politischer Details, könnte von dieser Regierung ein starkes Signal des Aufbruchs ausgehen. Vor allem in Sachen Klimaschutz, sozialer Sicherung und staatlicher Erneuerung. Aber auch sonst.

Vor nicht einmal drei Wochen, die Wahl war gerade gelaufen, erschien diese Dreiecksbeziehung aus Grünen, Roten und Gelben noch wie eine unmögliche Utopie. Aber manchmal ziehen sich Gegensätze halt an, und die neue Lust an der Contenance, die Scholz, Habeck, Baerbock und Lindner am Freitag ausstrahlten, verleiht diesem Ampel-Projekt eine erstaunliche Dynamik.

Schluss mit dem Krawall

Vier Jahre zuvor, als die Jamaika-Verhandlungen krachend scheiterten, war man noch nicht so weit. Wo damals Eitelkeit und Inszenierung herrschten, dominiert jetzt staatstragende Zurückhaltung. Damit beweist ein beachtlicher Teil des politischen Personals, dass er den Ernst der Lage, in dem sich das Land befindet, verstanden hat.

Das ist umso bemerkenswerter, da ein polarisierender Lagerwahlkampf in den Monaten zuvor alte Wunden im Parteienspektrum wieder aufgerissen hatte und beim Wähler eine tiefe Ermüdung auslöste. Rote Socken hier, Sozialstaatsverächter da. Visionen waren weitgehend Fehlanzeige.

Nun scheint es so, als gäbe es ein gemeinsames politisches Projekt über Lagergrenzen hinweg. Schluss mit dem Krawall, her mit der Harmonie. FDP-Chef Christian Lindner sprach am Freitag sogar von einer "Zäsur für die politische Kultur in Deutschland".

In der Tat wirkte die politische Klasse lange nicht mehr so handlungsfähig und reformfreudig. Vergessen scheinen die Jahre bräsiger Auseinandersetzungen im Parlament, großkoalitionärer Kleinmütigkeit und lähmender Phrasendrescherei in den Talkshows. Plötzlich geht es wieder um Inhalte. Es liegt ein neuer Ton in der Luft, der des Fortschritts. Es ist ein Dreiklang.

Eine historische Chance

Zwar enthält das vorläufige Koalitionspapier von SPD, Grünen und FDP vorerst nur Versprechen. Wohlklingende Reformen in Sachen Mindestlohn, Digitalisierung, Kohleausstieg, Infrastruktur, Bürokratieabbau und was sonst noch überfällig ist. Sollten die politischen Großprojekte aber tatsächlich umgesetzt werden, steht ein enormer Innovationsschub bevor. Und das ist bitter nötig in einem Land, in dem immer noch Faxgeräte in Behörden rattern, vor Flutwellen nicht gewarnt wird und demokratische Wahlen im Chaos versinken.

Es war den Gesichtern und den Worten der Chefsondierer am Freitag anzumerken, dass sie diese Gelegenheit zum Neustart nutzen wollen. Dafür haben alle drei Parteien zentrale politische Forderungen aufgegeben und heilige Kühe weggesperrt. Insbesondere ein Teil der Grünen- und SPD-Anhänger wird bei Ansicht des Koalitionspapiers erst mal schwer schlucken müssen.

Bleibt zu hoffen, dass die Parteigremien und die Basis dieses ungewöhnliche Projekt nicht doch noch auf den letzten Metern scheitern lassen und damit eine historische Chance verspielen. Es ist vielleicht die letzte dieser Art.

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