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TV-Duell Angela Merkel vs. Martin Schulz: Die Themen


Standpunkte im TV-Duell
Ein Thema macht Merkel "stocksauer"

dpa, reuters, Patrick Diekmann

Aktualisiert am 03.09.2017Lesedauer: 6 Min.
TV-Duell zwischen der Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzenden Angela Merkel und dem SPD-Kanzlerkandidaten und SPD-Vorsitzenden Martin Schulz.Vergrößern des Bildes
TV-Duell zwischen der Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzenden Angela Merkel und dem SPD-Kanzlerkandidaten und SPD-Vorsitzenden Martin Schulz. (Quelle: dpa-bilder)

Große Überraschungen sind beim TV-Duell zwischen Angela Merkel und Martin Schulz ausgeblieben. In den vier Themenblöcken Migration, Außenpolitik, soziale Gerechtigkeit und Innere Sicherheit versuchten die Kanzlerin und ihr SPD-Herausforderer Unterschiede herauszuarbeiten. Das waren die Standpunkte der Kandidaten.

Flüchtlingspolitik

Schulz hat Merkel Fehler in der Flüchtlingspolitik vorgeworfen. Der SPD-Vorsitzende kritisierte, dass Merkel sich zu Beginn der Flüchtlingskrise im Herbst 2015 nicht mit den europäischen Partnern abgestimmt habe. Wenn sie sage, sie würde alles wieder so machen wie 2015, könne er nur sagen: "Dazu würde ich nicht raten." Eine europäische Lösung wäre weniger zulasten Deutschlands gegangen.

Merkel verteidigte ihre Entscheidung von vor zwei Jahren, in Ungarn festsitzenden Migranten und Flüchtlingen den Weg nach Deutschland zu ebnen. Sie habe damals nicht anders handeln können. "Es musste entschieden werden." Es sei klar gewesen, dass Ungarns Regierungschef Viktor Orban sich nicht solidarisch zeigen würde. Sie habe im übrigen ihren Kurs mit dem damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (beide SPD) abgestimmt.

Merkel räumt Versäumnisse im Vorfeld der großen Flüchtlingswelle 2015 ein. Das Abkommen mit der Türkei sei dann aber die richtige Antwort gewesen: Merkel widersprach der These, dass sie etwa mit ihrer Migrationspolitik rechts von der politischen Mitte zu viel Platz gelassen habe. Auf die Frage, ob sie die Wanderungsbewegungen aus Afrika und Asien nach Europa als Bedrohung für Deutschland empfinde, sagte Merkel: "Nein, ich empfinde es nicht als Bedrohung. Aber ich empfinde es als eine sehr, sehr große Aufgabe."

Nach den Worten des SPD-Vorsitzenden Schulz wird die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt länger dauern. Eine Million Menschen seien nicht in wenigen Jahren zu integrieren. Es sei eine schwierige Aufgabe. Auch Merkel sagte, dass die Integration trotz erheblicher Anstrengungen länger dauern werde. Inzwischen gingen aber auch wieder Flüchtlinge, etwa Iraker, zurück in ihre Heimat. Merkel und Schulz wollen beide das Tempo bei Abschiebungen erhöhen und konsequenter werden.

Islam und Deutschland

Merkel bekräftigte, dass der Islam für sie zu Deutschland gehöre, "aber einer der verfassungskonform ist". Schulz sagte zu der Frage: "Der Islam ist eine Religionsgemeinschaft wie jede andere auch, die integrierbar ist in unser Land." Beide betonten, dass radikale Predigten in deutschen Moscheen nicht akzeptabel seien.

Merkel äußerte aber auch Verständnis für Menschen, die dem Satz, der Islam gehört zu Deutschland, nicht zustimmen wollen. "Ich verstehe die Menschen, die da sehr skeptisch sind." Der Terror im Namen des Islam löse dies aus. "Die Geistlichkeit muss hier noch sehr viel stärker sagen, dass das mit dem Islam nichts zu tun hat", sagte sie mit Blick auf islamische Geistliche in Deutschland.

Umgang mit der Türkei

Schulz macht sich dafür stark, die EU-Beziehungen zu Ankara weitgehend einzufrieren. "Wenn ich Kanzler werde, werde ich (...) die Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der Europäischen Union abbrechen", sagte er. "Es ist ein Punkt erreicht, in dem wir die wirtschaftlichen Beziehungen, die Finanzbeziehungen, die Zollunion und die Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union beenden müssen." Eine Aufkündigung des umstrittenen EU-Flüchtlingsabkommens halte er allerdings nicht für sinnvoll.

Merkel reagierte zurückhaltend. Sie verwies darauf, dass für einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen ein einstimmiger Beschluss der EU nötig sei. Sie werde aber mit ihren "Kollegen (in der EU) noch einmal reden, ob wir zu einer gemeinsamen Position kommen können und diese Beitrittsverhandlungen auch beenden können." Merkel betonte, dass sie am Freitag mit Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) noch einig gewesen sei, keinen Abbruch zu fordern.

"Die Beitrittsverhandlungen sind im Moment sowieso nicht existent", sagte Merkel. Sie plädierte allerdings für ein Einfrieren der finanziellen Beitrittshilfen für die Türkei in Milliardenhöhe. Nach einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags ist das komplette Einfrieren dieser Hilfen aber ohne einen Stopp der Beitrittsverhandlungen nicht möglich. Auch Schulz verlangte, die Gelder nicht mehr auszuzahlen.

Verhältnis zu den USA

Deutliche Kritik übten Merkel und Schulz an Donald Trump. "Wir haben schwerwiegende Differenzen mit dem amerikanischen Präsidenten", sagte Merkel. Als Beispiel für Konflikte mit der Regierung in Washington nannte die Kanzlerin die Klimafrage, aber auch die Äußerungen Trumps zu den rassistischen Ausschreitungen von Charlottesville: "Da stockt einem der Atem." Differenzen müssten daher deutlich angesprochen werden.

Schulz hält den US-Präsidenten nicht für fähig, den Konflikt mit Nordkorea zu entschärfen. Er glaube nicht, dass Trump eine Lösung finden könne. "Das Problem, das wir mit Trump haben, ist seine Unberechenbarkeit." Stattdessen solle man mit Kanada, Mexiko oder auch mit Kräften in den USA wie US-Außenminister Rex Tillerson zusammenarbeiten. Merkel betonte, es müsse unter allen Umständen eine friedliche Lösung in der Korea-Krise geben. Daran werde sie arbeiten und versuchen, die US-Regierung davon zu überzeugen.

Soziale Gerechtigkeit und Rente

Schulz mahnte trotz der positiven Wirtschaftslage mehr soziale Gerechtigkeit an. "Ja klar ist Deutschland ein wohlhabendes Land, aber nicht alle Menschen in unserem Land sind wohlhabend." Er nannte als Beispiele kostenlose Kitas und Reformen, um sinkende Renten zu verhindern.

Merkel sicherte zu, dass es mit ihr keine Rente mit 70 geben werde. Unter anderem hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ein längeres Renteneintrittsalter ins Gespräch gebracht. Merkel sagte nun, für manche Berufsgruppen sei es schon jetzt schwer, bis 67 zu arbeiten, etwa für Pflegekräfte. Es gebe aber inzwischen auch die Flexirente für einen moderateren Übergang in den Ruhestand. Schulz zweifelte an, dass diese Zusage von Merkel Bestand haben werde.

Der SPD-Vorsitzende will als Kanzler eine vierköpfige Familie mit einem durchschnittlichen Bruttoeinkommen von 3500 Euro um etwa 200 bis 250 Euro im Monat entlasten. Unter anderem werde dazu der Spitzensteuersatz später greifen. Zudem werde die Parität von Arbeitnehmern und Arbeitgebern bei den Beiträgen zur Krankenversicherung wieder eingeführt. Auch gäbe es mit der SPD einen Kinderbonus von 150 Euro für jedes Kind. Im übrigen müssten Familien im SPD-geführten Rheinland-Pfalz keine Kita-Gebühren zahlen, im CDU-geführten Hessen aber schon, sagte Schulz.

Merkel bekräftigte, dass die Union in der kommenden Legislaturperiode die Bürger um 15 Milliarden Euro entlasten wolle. Sie könne allerdings nicht genau sagen, was dies im Schnitt für eine vierköpfige Familie ausmache.

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Abgas-Skandal und Maut

Merkel wirft der Autoindustrie wegen der Diesel-Abgase Vertrauensbruch vor, die Umweltprobleme in Städten hätten damit aber nur indirekt zu tun. Selbst wenn die Autos genau wie angegeben Abgase ausstoßen würden, bliebe hier noch einiges zu tun. Klar sei aber: "Die Autoindustrie muss das, was sie angerichtet hat, auch wieder gutmachen", sagt sie. "Ich bin stocksauer." Allerdings werde der Verbrennungsmotor noch Jahrzehnte gebraucht. "Es gibt zudem 800.000 Menschen, die haben kein Vertrauen gebrochen, die dürfen jetzt nicht die Dummen sein", sagt sie mit Blick auf die Arbeitnehmer in dem Bereich.

Schulz bekräftigte, die auf Drängen der CSU beschlossene Maut nicht einführen zu wollen, da Kosten und Einnahmen in keinem Verhältnis zueinander stünden. "Sie wird nicht kommen mit mir." Merkel unterstrich dagegen, dass kein deutscher Autofahrer mehr belastet werde. Dass Fahrer aus dem Ausland für das Benutzen deutscher Straßen bezahlen sollten, sei gut.

Innere Sicherheit

Schulz sagte beim Thema Innere Sicherheit, er wolle als Kanzler alles tun, um die Sicherheitsbehörden so fit zu machen, dass es einen Fall wie den des Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri nicht mehr geben werde. Amri war den Behörden als Gefährder bekannt, konnte aber dennoch vor Weihnachten 2016 mit einem Lkw einen Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt mit zahlreichen Toten verüben. Gefährder müssten in Schach gehalten werden, forderte Schulz: Dazu müssten auch präventive Maßnahmen ergriffen werden.

Auf die Frage, ob künftig niemand ohne Papier ins Land gelassen werde, sagte Merkel: "Das ist nicht generell möglich." In Deutschland könne jemand, der um Asyl bitte, nicht einfach nicht reingelassen werden. Es müsse aber alles getan werden, um aus Fehlern wie bei Amri zu lernen.

Die Kanzlerin sprach sich für ein Musterpolizeigesetz für Bund und Länder aus. Im übrigen habe der Bund die Bundespolizei aufgestockt. Allerdings brauche die Polizei auch die nötigen Instrumente, etwa mehr Möglichkeiten in den sozialen Medien oder bei der Videoüberwachung. Schulz sprach sich für zusätzlich 15.000 Stellen bei der Polizei aus. Zudem sollten Polizeibeamte weniger mit bürokratischen Vorgängen belastet werden. Schulz wies darauf hin, dass das Flächenland mit der höchsten Kriminalitätsrate das CDU-geführte Sachsen-Anhalt sei.

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