Neuwahlen Anfang des Jahres Was bedeutet das Ampel-Aus?
Kanzler Scholz hat Finanzminister Lindner entlassen, die Ampelkoalition ist am Ende. Wie geht es nun weiter, wann kommt es zu Neuwahlen?
Die zerstrittene Ampel ist am Ende. Nach einem dramatischen Treffen der Koalitionsspitzen entlässt Kanzler Olaf Scholz (SPD) Finanzminister Christian Lindner (FDP). Hintergrund ist ein erbitterter Streit um die Wirtschafts- und Haushaltspolitik. Am späten Mittwochabend haben sich Lindners Parteifreunde Marco Buschmann, Bettina Stark-Watzinger und Volker Wissing aus der Regierung zurückgezogen. Damit sitzen nur noch Grüne und SPD am Kabinettstisch.
Nach der Geschäftsverteilung der Bundesregierung übernimmt nun Robert Habeck (Grüne) das Finanzressort, Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) kümmert sich um den Verkehr. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) wird zunächst auch für das Justizministerium zuständig sein, Lisa Paus (Grüne) für das Ministerium Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Im März könnte es vorgezogene Neuwahlen geben. Das wäre auch der Wunsch der Bevölkerung. 54 Prozent der Deutschen wollten laut des "Deutschlandtrends" der ARD bereits Ende Oktober eine vorgezogene Bundestagswahl. Auch Scholz sagte am Mittwochabend, der Bundestag könne den Weg für vorgezogene Neuwahlen freimachen. Diese könnten spätestens Ende März stattfinden. Ein Überblick, wie es nun zu Neuwahlen kommen kann.
Wie geht es nun weiter?
Scholz will wichtige Gesetze, die keinen Aufschub dulden, noch bis Jahresende zur Abstimmung im Bundestag stellen. Er nannte etwa den Abbau der sogenannten kalten Progression, damit die Bürger mehr Netto vom Brutto hätten, die Stabilisierung der Rente sowie Sofortmaßnahmen für die Industrie. Er werde das Gespräch mit CDU-Chef Friedrich Merz suchen. Scholz hofft offenbar, dass die Union ihn bei einigen seiner Gesetzesvorhaben unterstützt, sollte die FDP nicht mehr mit der Ampel stimmen.
Am 15. Januar will Scholz dann im Bundestag die Vertrauensfrage stellen. Nach einem solchen Antrag hätte er 48 Stunden Zeit, um darüber abstimmen zu lassen. Da er nun keine Regierungsmehrheit hinter sich haben könnte, ist es wahrscheinlich, dass ihm eine Mehrheit der Abgeordneten das Vertrauen entzieht. Zudem wird Scholz mit hoher Wahrscheinlichkeit auch seine SPD-Kollegen und die Grünen bitten, ihm das Vertrauen offiziell zu entziehen, um Neuwahlen zu ermöglichen.
Ursprünglich war die Regelung dafür gedacht, dass sich der Kanzler des Rückhalts im Parlament vergewissern kann. Gleichzeitig handelt es sich aber auch um die einzige verfassungsmäßige Möglichkeit, unter einem amtierenden Kanzler Neuwahlen einzuleiten.
- Ampel-Aus im Newsblog: Alle wichtigen Informationen und Entwicklungen
Verliert Scholz die Abstimmung, kann er Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier innerhalb von 21 Tagen um die Auflösung des Parlaments bitten. Dieser muss zwar im Anschluss schauen, ob es einen alternativen Bundeskanzler gäbe, der eine Mehrheit der Abgeordneten hinter sich vereint. Eine solche Lösung ist bei der aktuellen Zusammensetzung des Bundestags aber nahezu ausgeschlossen. Damit wäre der Weg frei für Neuwahlen.
Der mögliche Termin für eine Neuwahl
Wenn der Bundestag aufgelöst wird, muss innerhalb von 60 Tagen eine Neuwahl stattfinden. Die Bundestagswahl müsste demnach spätestens Anfang April angesetzt werden. Spätestens 30 Tage danach tritt der neue Bundestag zusammen. Die Fristen können allerdings auch verkürzt werden. Allerdings müsste diese auch erst vorbereitet werden. Eine vorgezogene Neuwahl wird entsprechend den Vorgaben des Bundeswahlgesetzes und der Bundeswahlordnung wie eine "reguläre" Bundestagswahl vorbereitet und umgesetzt. Trotz der verkürzten Fristen benötigen die Parteien Zeit, um einen verknappten Wahlkampf auszuführen.
Ein mögliches Datum ist der 9. März 2025. Dieser Termin wird im politischen Berlin aktuell immer wieder genannt. Auch der 2. März wäre möglich. Dann fände die Bundestagswahl parallel zur Hamburger Bürgerschaftswahl statt, der einzigen Wahl für ein Landesparlament im kommenden Jahr. Allerdings wird an diesem Sonntag in anderen Regionen Karneval, Fastnacht beziehungsweise Fasching gefeiert. Zudem liegen von Ende Januar bis Anfang März fast durchgehend verschiedene Schulferien in mehreren Bundesländern. In solchen Zeiträumen werden Wahlen traditionell vermieden. Turnusmäßiger Wahltermin wäre der 28. September 2025 gewesen.
Was bedeutet das Aus für die Wirtschaft?
Für 2024 wird das zweite Rezessionsjahr in Folge erwartet. Deutschland hinkt anderen großen Wirtschaftsnationen hinterher. Bei Unternehmen und auch privaten Haushalten herrscht Unsicherheit. Firmen halten sich mit Investitionen zurück, Bürgerinnen und Bürger legen ihr Geld auf die hohe Kante.
Das dürfte sich nun erst einmal nicht ändern.
Wirtschaftsverbände hatten die Ampel zu umfassenden Reformen aufgefordert – und zwar schnell. Die wichtigsten Punkte: die im internationalen Vergleich hohen Energiepreise müssten sinken, Bürokratie abgebaut und die teils marode Infrastruktur auf Vordermann gebracht werden.
Nach dem Scheitern der Ampel droht eine weitere Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage. Auch im kommenden Jahr könnte die Konjunktur nicht in Fahrt kommen.
- Eigene Recherche
- tagesschau.de: "Knappe Mehrheit für Neuwahlen"
- deutschlandfunk.de: "Hält die Ampelkoalition oder kommt es zu Neuwahlen?"
- welt.de: "Neue Eskalationsstufe im Ampel-Clinch und das Raunen über einen Neuwahl-Termin" (kostenpflichtig)
- Mit Material der Nachrichtenagenturen Reuters und dpa