Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Wahlkampfauftakt von SPD und Union Da macht sich die SPD etwas vor
Friedrich Merz und Markus Söder sind plötzlich die besten Freunde. Und die SPD verspricht Wohligkeit für fast alle in einem Parteipapier. Der Wahlkampf ist an diesem Wochenende eröffnet worden. Von nun an hat die Wahrheit einen schweren Stand.
Die sozialdemokratische Ursuppe kochen sie im Willy-Brandt-Haus auch nachts um drei im Halbschlaf, wenn es sein muss: Viel Klassenkampf muss da rein, Umverteilung natürlich, eine gehörige Portion Staatsknete für den Kamellenwagen, das Ganze abgeschmeckt mit einer guten Prise Robin Hood.
Ungefähr so liest sich dann auch das Papier, mit dem der SPD-Parteivorstand an diesem Wochenende den Wahlkampf eröffnet hat. Inhaltlich lässt sich das im Satz des sozialdemokratischen Bundeskanzlers zusammenfassen, der zwar vor Jahresfrist eine Zeitenwende ausrief, seither aber stets beteuert, dass sich für niemanden etwas ändert, und wenn, dann nur zum Besseren, wie etwa nun im Wahlkampfpapier für 95 Prozent der steuerzahlenden Beschäftigten, die mehr Netto vom Brutto haben sollen. Das nötige Geld (Robin Hood!) holen sich die Genossen von dem einen Prozent der Superreichen, wie einst in Sherwood Forest. Wenn dann noch etwas fehlt, besorgt man sich das aus einem Deutschlandfonds, der frisch aufgelegt werden soll. Und/oder über eine geschleifte, oder mindestens klein gehobelte Schuldenbremse.
Damit das klar ist: Der Deutschlandfonds ist oder wäre abermals ein Schattenhaushalt, wie er zuletzt der Ampel vom Bundesverfassungsgericht aus der Hand geschlagen wurde. Aber man kann es ja noch mal versuchen. Außerdem ist Wahlkampfpapier geduldig, wenn es dann um eine Koalition geht, kann man immer noch sagen: Die anderen wollen das nicht, können wir leider doch nicht machen. Wahlkampf und Wahrhaftigkeit, das sind seit jeher zwei parallele Welten. Wir müssen von diesem Wochenende an alle damit leben, dass die Kulissen einer Scheinwelt der nahenden Bundestagswahl allmählich wieder errichtet werden.
Die Kulissen einer Scheinwelt
Zu dieser Scheinwelt gehört beim großen Konkurrenten der SPD eine neue Männerfreundschaft, gegründet und zelebriert ebenfalls an diesem Wochenende. Friedrich Merz und Markus Söder, also, zwischen die kein Blatt mehr passt. Die Bayern, die seien eine Bank, wenn sie wollten, versprach der Bayer Söder dem Sauerländer und Kanzlerkandidaten Merz. Und diesmal wollen sie sogar. Jedenfalls hat sich die Nummer eins der CSU nicht nur einen lässigen Bart wachsen lassen, es staubt auch immer etwas kreidig, wenn er Richtung Merz redet. Wie lange das hält, weiß niemand, die Zeiteinheit "ein Söder" ist keine starre Messgröße. Das kann zwischen einer Stunde und einem Jahr alles sein.
Dennoch erstaunt ein wenig, was die SPD als ihr zentrales Wahlkampfthema markiert hat, als ihr Gewinnerthema gewissermaßen. Es heißt Merz. Der Kanzlerkandidat der Union wird als das Böse an sich aufgebockt. Freiheit statt Sozialismus einmal genau andersherum. Gerechtigkeit und Wohlgefühl gegen den eisigen Hauch des kalten Kapitalismus. Fest überzeugt zeigen sich die Genossen davon, dass bei diesem Feindbild automatisch die eigenen Kassen klingeln.
Es gibt da auch einen tatsächlichen Kern. Friedrich Merz fliegen die Herzen nicht von selbst zu. Er ist kein Kennedy und kein Obama. Sondern eben der, der immer mit so einem brettharten Mund spricht und dabei Sätze ausstößt wie ein Maschinengewehr seine Salven. (Außer natürlich, Caren Miosga lädt ihn ihre Talkshow ein.) Gleichwohl sollten die Sozialdemokraten doch zur Kenntnis nehmen, dass die "Merz-CDU", wie sie jetzt immer sagen, im Moment bei stabilen 30 Prozent steht, Tendenz steigend, die SPD aber gerade mal bei etwas mehr als der Hälfte. Womöglich finden sich eine ganze Menge Menschen unter dem Dach der Union deshalb wieder, weil sie jene CDU wiedererkennen, die sie über lange Jahre unter Angela Merkel schmerzlich vermisst haben. Und weil sie vom amtierenden Kanzler Führung versprochen bekommen haben, die der dann aber schuldig geblieben ist.
Vielleicht würde der SPD statt Gegner-Bashing ein unverklärter Blick auf den eigenen Spitzenmann auch ganz guttun: Denn ein unwiderstehlicher Herzensbrecher ist Olaf Scholz ganz bestimmt auch nicht.
- Eigene Überlegungen