Vorbereitung auf Kriegsfall Guttenberg: "Bei Putin muss man mit allem rechnen"
Der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg warnt davor, Putin entgegenzukommen. Gleichzeitig sei es gut, dass Deutschland sich auf eventuelle Angriffe vorbereitet.
Deutschland stellt erstmals seit dem Kalten Krieg einen neuen Verteidigungsplan auf und bereitet sich damit auf eventuelle künftige Angriffe vor. Damit macht es die Bundesrepublik anderen europäischen Ländern gleich. Mehr zu dem Verteidigungsplan lesen Sie hier. Der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sprach nun mit "Bild" über eine mögliche Gefahr russischer Angriffe und wie gut Deutschland darauf vorbereitet ist.
Guttenberg warnt davor, Wladimir Putin ukrainische Gebiete zu überlassen und ihm damit entgegenzukommen. Gebe man ihm das Gefühl, er könne "einfach durch pure Aggression letztlich Siege nach Hause bringen" und die "ach so verletzte russische Seele wieder in irgendeiner Form pampern", könne es sein, dass sein "Geschmack des Blutes nach mehr ruft", sagte Guttenberg.
Putin schrecke nicht vor "grauenvollen Mitteln" zurück
Auch getroffene Absprachen mit dem Kreml-Chef hätten wenig Halt: "Bei Putin muss man mit allem rechnen." Er gebe am Ende des Tages oftmals nichts auf getroffene Abmachungen. Zugleich schrecke Putin "nicht davor zurück, dann auch zu den undenkbar grauenvollen Mitteln zu greifen". Das einzige Mittel dagegen sei es, ihm die Grenzen und Konsequenzen dessen aufzuzeigen.
Guttenberg selbst traue Putin nicht, sagte er "Bild". Selbst, wenn die Wahrscheinlichkeit eines russischen Angriffes seiner Einschätzung nach bei fünf bis zehn Prozent liege, sei es "unsere verdammte Pflicht, uns darauf inhaltlich, aber über die Inhalte hinaus auch tatsächlich vorzubereiten."
Das sei nicht immer der Fall gewesen, auch in Guttenbergs Amtszeit als Verteidigungsminister nicht. Die Welt sei nun aber eine "wo sich innerhalb einer Nanosekunde Gewichte dramatisch verschieben können und das, was wir gewohnt sind (...) plötzlich infrage gestellt sein kann."
Deutschland müsse sich mit abwegigen Szenarien befassen
Der frühere Verteidigungsminister warnt jedoch: "Es könnte ein Szenario eintreten, dass ein Putin so von Unzulänglichkeiten zu Hause ablenken muss, dass er den nächsten Schritt Revisionismus betreiben muss. Das ist ja etwas, was er über die letzten Jahre oder Jahrzehnte hinweg auf seine Agenda geschrieben hat."
Sollten sich Nato-Truppen auf ukrainischem Gebiet befinden und gegen russische Truppen kämpfen, könnte Putin sagen, die Nato sei in "in einen ursprünglich regionalen Krieg" involviert, meint Guttenberg. Im Umkehrschluss könne das dazuführen, dass Putin seine "Raketen auf mitteleuropäische Städte" richte und sie auch zünde. "Also das ist jetzt einfach mal in den absoluten Wind hinein gesprochen", schwächt der ehemalige CSU-Minister seine Aussagen wieder ab.
Ein solches Szenario halte er für wenig wahrscheinlich. Er sei "froh, dass sich auch mit sehr abwegigen Szenarien befasst wird, als sich gar nicht damit zu beschäftigen". Aktuell arbeitet Deutschland an einem Verteidigungsplan. Dem ersten, seit dem Kalten Krieg.
Karl-Theodor zu Guttenberg war von 2009 bis 2011 Bundesverteidigungsminister. Nachdem die Universität Bayreuth seine Doktorarbeit aberkannt hatte, musste er sein Amt niederlegen. Seitdem arbeitet er als Lobbyist, Berater und Moderator.