"Aggressivität, Bedrohungen und Hassrede" Armeniens Botschafter warnt vor Angriffskrieg durch Aserbaidschan
Der armenische Botschafter in Deutschland, Viktor Yengibaryan, hat Aserbaidschan "Kriegsverbrechen" vorgeworfen. Er fürchtet einen Angriff auf sein Land.
Der armenische Botschafter in Deutschland, Viktor Yengibaryan, befürchtet nach der Eroberung von Bergkarabach durch Aserbaidschan auch einen Angriff des Nachbarlandes auf Armenien selbst. "Wir hören aus Baku sehr viel Aggressivität, Bedrohungen und Hassrede, nicht nur gegen Bergkarabach, sondern auch gegen die Republik Armenien", sagte Yengibaryan dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Diesbezügliche Warnungen kamen zuvor auch aus dem Auswärtigen Amt in Berlin.
"Es gibt bei uns Befürchtungen, dass Aserbaidschan letztendlich zu weit geht und auch einen Angriff auf Armenien veranlasst", sagte Yengibaryan. Er betonte, Armenien sei nach wie vor daran interessiert, mit Aserbaidschan eine regionale Kommunikation zu eröffnen, die es bislang nicht gebe. Als Voraussetzung nannte der Botschafter aber die Anerkennung international gültiger Prinzipien wie internationales Recht, Souveränität und Gegenseitigkeit.
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Das Vorgehen Aserbaidschans im bislang vorwiegend von ethnischen Armeniern bewohnten Bergkarabach bezeichnete Yengibaryan als "Kriegsverbrechen" und rief deswegen zu einer Einflussnahme der internationalen Gemeinschaft auf. "Wir hoffen, dass die internationale Gemeinschaft ganz konkrete Schritte unternimmt und aktiv wird, sonst wird sich die Aggressivität Aserbaidschans steigern", warnte der Botschafter. Um welche Region des Aserbaidschan genau gehen könnte, lesen Sie hier.
EU berät sich zu Sanktionen gegen Aserbaidschan
Mittlerweile hat das autoritär geführte Aserbaidschan auch mehrere ranghohe Politiker Bergkarabachs festgenommen. So wurde am Freitag der frühere Verteidigungsminister Lewon Mnazkanjan festgenommen, als er die Region in Richtung Armenien habe verlassen wollen, teilte der Grenzschutz der ehemaligen Sowjetrepublik am Freitag mit. Zuvor hatte Aserbaidschan nach eigenen Angaben den stellvertretenden Befehlshaber der pro-armenischen Kämpfer in Bergkarabach, Davit Manukjan, festgenommen. Auch der frühere Anführer der pro-armenischen Kräfte in Bergkarabach, Ruben Wardanjan, wurde gefangen genommen. Aserbaidschan erhebt gegen die Festgenommenen Terrorvorwürfe, Belege dafür gibt es nicht.
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Hoffnungen setzte Yengibaryan nun auf ein Spitzentreffen auf europäischer Ebene am 5. Oktober. Im spanischen Granada nehmen dabei auch Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan und Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amts hatte zuvor auf Beratungen über Sanktionen gegen Aserbaidschan in der EU hingewiesen. Für Deutschland sei dabei wichtig, dass Aserbaidschan "seiner Verantwortung für die noch in Bergkarabach verbliebene Zivilbevölkerung nachkommt und diese umfassend schützt" und "dass die Souveränität und territoriale Integrität Armeniens gewahrt bleibt", sagte er. Bislang scheiterten EU-Sanktionen gegen Aserbaidschan allerdings vor allem am Widerstand Ungarns.
120.000 Menschen nach Armenien geflüchtet
Das Auswärtige Amt rief Aserbaidschan zudem dazu auf, unabhängige UN-Beobachter in die Region zu lassen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schrieb am Freitag auf dem Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter, man setze sich für eine Beobachtung in Bergkarabach ein. Ein unabhängiges Bild von der Lage vor Ort sei wichtiger denn je, so Baerbock.
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Am 19. September hatte Aserbaidschan einen Angriff auf die Region gestartet. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) schließt in der Folge nicht aus, dass alle bisherigen Bewohner der Kaukasus-Region nach Armenien flüchten werden. "Wir sind bereit, mit bis zu 120.000 Menschen zurechtzukommen", sagte die für Armenien zuständige UNHCR-Vertreterin Kavita Belani am Freitag in einer Video-Pressekonferenz.
Bislang seien mehr als 88.000 Geflüchtete aus Bergkarabach dort eingetroffen. Für die örtlichen Behörden sei das sehr herausfordernd. An den Registrierungszentren drängelten sich ganze Massen erschöpfter und verängstigter Vertriebene.
- Nachrichtenagenturen afp, dpa und Reuters