Medienbericht Darum verschwand Chinas Außenminister wirklich
Er galt als einer der wichtigsten Männer in der KP Chinas. Nun könnte das Rätsel um das plötzliche Verschwinden Qin Gangs gelöst sein. Der Grund ist pikant.
Qin Gang galt als einflussreich und äußerst machtbewusst. Der Diplomat war eine der wichtigsten Figuren innerhalb der Kommunistischen Partei Chinas und einer der Vertrauten des autokratisch regierenden Parteiführers Xi Jinping. Dann verschwand Gang im Juni plötzlich. Rund vier Wochen später wurde er durch einen Nachfolger ersetzt, ohne dass es dazu einen Kommentar durch den Machtapparat in Peking gab. Nach nur sieben Monaten im Amt.
Nun will das "Wall Street Journal" den Grund für Gangs überraschende Demission erfahren haben. Demnach soll der Spitzenpolitiker eine außereheliche Affäre gehabt haben – und zwar in den USA. Dies wäre gleich doppelt pikant. Zum einen könnte Gang durch die Verbindung die nationale Sicherheit Chinas gefährdet haben, zum anderen gelten die Vereinigten Staaten als schärfster Konkurrent Chinas im Ringen um geopolitischen, wirtschaftlichen und kulturellen Einfluss auf der Welt.
Die Affäre soll im Zuge einer Untersuchung ans Licht gekommen sein, die durch die Parteiführung in Peking initiiert worden war, wie das "Wall Street Journal" unter Berufung auf chinesische Spitzenbeamte erfahren haben will. Demnach habe Gang während seiner Zeit als Botschafter in Washington die Affäre mit der Amerikanerin unterhalten, die beiden sollen sogar ein Kind haben. Der 57-jährige Politiker war von Juli 2021 bis Anfang 2023 als Botschafter in Washington stationiert.
Intern wird der Grund für Gangs Abberufung mit "Problemen der Lebensführung" angegeben, eine im kommunistischen Machtapparat gängige Umschreibung für außereheliche Affären. Zunächst war Gangs wochenlanges Fernbleiben von offizieller Seite mit einer "Erkrankung" begründet worden, diese Version zogen die chinesischen Behörden jedoch bald darauf wieder zurück. Wo Gang sich derzeit aufhält, ist nicht bekannt. Er soll jedoch mit den Ermittlern kooperieren, heißt es.
Jinping will seine Überlegenheit demonstrieren
Ein offizielles Statement zu den Vorwürfen gab es bislang aus China nicht. Eine Anfrage des US-Senders CNN blieb unbeantwortet.
Außereheliche Affären hochrangiger Politiker sind in der chinesischen Politik keine Seltenheit. In der Vergangenheit kam es deshalb bereits häufiger zu internen Untersuchungen und Entlassungen von Mandatsträgern. Nicht selten geht es dabei auch um Machtmissbrauch und Einschüchterung. Für Chinas Staatsführer Jinping sind die Fälle wohl ziemlich unangenehm, ist er doch sehr darauf bedacht, das autoritäre chinesische Gesellschaftsmodell den liberalen westlichen Demokratien als überlegen darzustellen.
Der prominenteste Fall einer mutmaßlichen Politikeraffäre wurde vor zwei Jahren publik, damals verschwand die Tennisspielerin Peng Shuai plötzlich aus der Öffentlichkeit. Wie später herauskam, soll sie eine Affäre mit dem früheren chinesischen Vizepremier Zhang Gaoli gehabt haben. Diesem warf Shuai einen sexuellen Übergriff vor. Seitdem ist die Athletin weitgehend von der Bildfläche verschwunden (Lesen Sie hier mehr zu dem Fall Peng Shuai).
- wsj.com: "China’s Former Foreign Minister Ousted After Alleged Affair, Senior Officials Told" (englisch, kostenpflichtig)
- telegraph.co.uk: "Sacked Chinese foreign minister 'had affair and fathered child' while US ambassador" (englisch)
- cnn.com: "China declines to address WSJ report foreign minister was removed over extramarital affair" (englisch)
- theatlantic.com: "What the Peng Shuai Scandal Is Really About" (englisch, kostenpflichtig)