Kanzler gerät ins Schwärmen Scholz versucht sich in Schweden als Elektro-Trucker
Kanzler Olaf Scholz hat seine Skandinavien-Reise mit seinem Besuch in Stockholm beendet. Sein "größter Moment" war nicht politischer Art.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat bei seinem Antrittsbesuch in Schweden einen Elektro-Lastwagen getestet und sich anschließend begeistert vom Fahrgefühl gezeigt. Bei der Firma Scania in der Nähe der Hauptstadt Stockholm setzten er und die schwedische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson sich ans Steuer von zwei Trucks und fuhren hintereinander über eine etwa drei Kilometer lange Teststrecke. "Für mich war das jetzt der größte Moment, einmal mit diesem Lkw hier durch die Gegend zu fahren und wieder anzukommen", sagte Scholz nach der Spritztour. "Ich habe mir schon überlegt, wir beide werden jetzt Trucker und dann ist unsere Zukunft auch gesichert."
Andersson erzählte, dass Scholz schon am Vortag beim Gipfeltreffen der nordischen Staaten in Stockholm über die Truck-Fahrt gesprochen habe. Der SPD-Politiker kam nach der Tour aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. "Das funktionierte ganz leicht, wir hatten das Gefühl, wir können das jetzt auch", sagte er. "Es ist für mich wahrscheinlich der beste Moment in dieser Woche, dass ich hier mit meiner schwedischen Kollegin zusammen Truck fahren konnte."
Energie: Scholz rechnet mit EU-Solidarität
Der Termin bei der VW-Tochter Scania bildete den Abschluss des Antrittsbesuchs des Kanzlers in Schweden. Zuvor hatte sich Scholz auch zu einer drohenden Energieknappheit geäußert: Er rechne damit, dass sich die EU-Staaten im Falle von Energie-Versorgungsengpässen gegenseitig unterstützen werden. "Es ist absolut notwendig, dass wir zusammenarbeiten", sagte er am Dienstag nach dem Gespräch mit der schwedischen Ministerpräsidentin Magdalena Andersson. Deutschland produziere derzeit etwa dringend benötigten Strom für EU-Nachbarländer durch Gasverstromung. Sowohl in Deutschland als auch in Schweden wird derzeit debattiert, ob die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängert werden sollen.
Scholz verwies in einem Interview mit der schwedischen Zeitung "Dagens Nyheter" darauf, dass dies nicht nur eine nationale Angelegenheit sei, auch wenn jedes Land selbst über den Energiemix entscheiden könne. In Deutschland werde derzeit ein Stresstest durchgeführt, bei dem festgestellt werden soll, ob der Betrieb der verbliebenen drei Atomkraftwerke "etwas gestreckt" werden kann. "Wichtig ist: Wir haben nicht nur eine Verantwortung für die Stromversorgung in Deutschland, sondern auch für die unserer europäischen Nachbarn." Wenn die Ergebnisse des Stresstests "in den nächsten Wochen" vorlägen, werde die Ampelregierung entscheiden, was zu tun sei.
Andersson sagte, dass die schwedische Regierung Atomkraft auch langfristig nutzen, aber keine neuen Kraftwerke bauen wolle. Kurz vor den schwedischen Parlamentswahlen bot sie der Opposition an, über die Nutzung der Atomkraft zu sprechen. Auch in Schweden wird über eine verlängerte Nutzung der Meiler gesprochen.
Deutschland und Schweden sichern Ukraine weitere Hilfe zu
Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine haben Scholz und Andersson dem Land zugesichert, es weiter mit Waffen zu versorgen. Scholz antwortete beim Besuch in Stockholm nur indirekt auf die Frage, ob deutsche Waffen auch für die Rückeroberung der von Russland annektierten Krim verwendet werden können. Der SPD-Politiker sagte, man unterstütze die Ukraine mit Waffen, damit sie ihre territoriale Souveränität verteidigen könne.
"Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen, das ist wichtig für die Ukraine und Europa", sagte Andersson ihrerseits nach einem Treffen der beiden. "Solange der Krieg andauert, müssen wir standhaft bleiben."
Schneller Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands erwartet
Scholz setzte zudem darauf, dass die Nato-Erweiterung um Schweden und Finnland bald abgeschlossen werden kann. "Meine Zuversicht ist groß, dass es jetzt sehr schnell gehen wird", sagte Scholz. Auf Daten wolle er sich nicht festlegen. Aber er sei zuversichtlich, dass die sieben der insgesamt 30 Nato-Staaten, die den Beitritt noch nicht ratifiziert haben, dies bald tun würden. Ausdrücklich erwähnte er dabei die Türkei, die den Beitritt lange Zeit blockiert hatte.
Kurz vor dem Nato-Gipfel im Juni hatten sich Schweden und Finnland aber mit Ankara geeinigt. Die drei Länder unterschrieben ein Memorandum, in dem die Nordeuropäer der Türkei unter anderem Unterstützung gegen Bedrohungen ihrer nationalen Sicherheit aussprachen. Auch Abschiebungen sollen erleichtert werden. Nach der Einigung forderte die Türkei jedoch erneut die Auslieferung von Terrorverdächtigen.
Dank für deutsche Unterstützung
Andersson betonte in Stockholm, Schweden werde sich an das Abkommen halten, das ihr Land mit der Türkei geschlossen habe. Die Sozialdemokratin bedankte sich bei Scholz für die Unterstützung des schwedischen Nato-Antrags: "Deutschland ist in diesem ganzen Prozess an unserer Seite gewesen und war eins der ersten Länder, die unsere Bewerbung ratifiziert haben."
Scholz hatte am Montag bereits in der norwegischen Hauptstadt Oslo an einem Gipfeltreffen der fünf nordeuropäischen Staaten Norwegen, Schweden, Finnland, Dänemark und Island teilgenommen. Mit dem norwegischen Ministerpräsidenten Jonas Gahr Støre vereinbarte er dort eine noch engere Zusammenarbeit im Energiesektor.
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters